Seit Jahren werden verschiedene Prozesse um Rückbuchungen für Glücksspieleinsätze geführt. Erste Erfolge der Spieler bei den Rückbuchungen haben spezialisierte Kanzleien auf den Plan gerufen, die damit werben, Verluste aus Online-Glücksspielen zurückzuholen. Das Landgericht Ulm hat jetzt für einen Spieler entschieden, das Landgericht Wuppertal für den Zahlungsanbieter – die Rechtsprechung beim Chargeback bleibt uneinheitlich.

PayPal LogoRückbuchungen von Glücksspieleinsätzen über PayPal werden immer wieder im Forum diskutiert. Da Online-Glücksspiel seit 2012 rechtlich eine Grauzone in Deutschland darstellt, versuchen Spieler immer wieder, ihre Verluste von Kreditkartenunternehmen oder PayPal zurückzubuchen.

In den Anklagen berufen sich die Anwälte auf § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV. Das Gesetz stellt die Transaktionen für illegales Glücksspiel unter Strafe. Die Rechtsprechung ist bei dem Thema deutschlandweit nicht einheitlich. Zwei neue Fälle zeigen einmal mehr: In Ulm wurde für den Spieler und die Rückbuchung der Glücksspieleinsätze entschieden, in Wuppertal für den Zahlungsdienstleister.

Die Entscheidung des Landgerichts Ulm zum Thema PayPal-Chargeback

Die Anwaltskanzlei Lenné hat am Landgericht Ulm ein Verfahren gegen den Zahlungsanbieter PayPal geführt (LG Ulm, 4 O 202/18 vom 16.12.2019). Im konkreten Fall hatte der Mandant der Kanzlei bei den Glücksspielanbietern „bet-at-home“ und „888poker“ circa 10.000 Euro verloren. Das Geld wurde über PayPal eingezahlt und lediglich bei Casinospielen verloren.

PayPal wurde vom Landgericht Ulm zur Rückzahlung der verlorenen Beträge verurteilt. Die Richter bestätigten, dass PayPal gegen das Mitwirkungsverbot des § 4 Abs. 1 S. 2 GlüStV verstoßen hat. Durch den Verstoß gegen das Gesetz ist dem Kläger ein Schaden entstanden, der zurückgezahlt werden muss. In der Urteilsbegründung heißt es:

Der Zahlungsdienstleister hat eine Pflicht, nach seinen Möglichkeiten zu überprüfen, ob die Zahlung abgewickelt werden darf oder gegen ein gesetzliches Verbot verstößt.

Der Fall vor dem Landgericht Wuppertal zum Thema Rückbuchungen von PayPal

Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal hatte am 09.10.2019 mit einem Urteil (Az. 3 O 384/18) über die Rückbuchungen von PayPal-Glücksspieleinsätzen gegen den Spieler entschieden. In dem Fall wurde die Klage abgewiesen und der Kläger musste die Kosten tragen.

Ein Spieler, der über PayPal Zahlungen für Einsätze bei Online-Glücksspielen in Auftrag gegeben hatte, hat geklagt. Die Einzahlungen wurden angeblich an bwin.com geleistet. Die Höhe und der Anlass der Einzahlungen sind zwischen den Parteien aber streitig.

Der Kläger hatte zu einem nicht bekannten Zeitpunkt erfahren, dass das Online-Glücksspiel illegal sei. Er machte dann von seinem Recht Gebrauch, Lastschriften zu widerrufen. Der Kläger buchte Lastschriften im Wert von 13.900 Euro zurück.

Es folgte ein Anwaltsschreiben vom 08.02.2018. Der Kläger forderte PayPal weiterhin auf, 36.450 Euro zu erstatten. Es wurde behauptet, dass zwischen dem 08.01.2015 bis zum 17.10.2017 über PayPal Zahlungen in einer Gesamthöhe von 43.133 Euro bei Online-Glücksspielportalen geleistet wurden.

Es hat sich um Einsätze für verbotenes Online-Glücksspiel gehandelt. Der Kläger sei von der Legalität ausgegangen. Dem Zahlungsanbieter sei aber bewusst gewesen, dass es sich um verbotenes Glücksspiel handelt.

Man beruft sich auf § 4 Abs. 4 GlüStV. Das Veranstalten und Vermitteln von öffentlichem Glücksspiel im Internet sei verboten. Durch § 4 Abs. 1 GlüStV ergibt sich, dass die Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel verboten sei. PayPal habe laut Anklage die Pflicht, die Legalität der Zahlung vor deren Durchführung zu prüfen.

Der Schaden für den Spieler ergebe sich aus den Zahlungen für das Glücksspiel abzüglich der erhaltenen Auszahlungen in Höhe von 11.595 Euro. In der mündlichen Verhandlung hatte er beantragt, dass PayPal auf die Zahlung von 43.133 Euro verurteilt werden soll. Später wurde auf 33.854 Euro inklusive 5 % Zinsen seit dem 28.02.2018 bestanden.

Der Zahlungsanbieter bestreitet die Pflichtverletzung und den Schaden. Man ist der Ansicht, dass Online-Glücksspiel in Deutschland nicht automatisch verboten ist. Außerdem sollte man von rechtstreuen Handlungen bei Vertragspartnern ausgehen können. Selbst wenn ein Glücksspielanbieter in Deutschland keine Erlaubnis hat, sei es mangels der Offenkundigkeit nicht der Beklagten anzulasten. Ferner sei der Schaden nicht schlüssig dargelegt worden.

Man berief sich auf die Auslegung, dass eine Mitwirkung an Zahlungen erst nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote durch die Glücksspielaufsicht untersagt werden kann.

Die Begründung des Urteils vom Landgericht Wuppertal

Das Gericht in Wuppertal hat sich relativ offen für den Zahlungsdienstleister ausgesprochen. In der Begründung kann man folglich nachlesen:

Dass der Kläger ggf. gegenüber den Glücksspielanbietern mangels Vorliegens einer Erlaubnis zum Veranstalten von Casinospielen nach § 134 BGB nicht verpflichtet ist, seine Einsätze zu bezahlen, wirkt sich nicht auf das Anweisungsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Kläger aus (vgl. LG Berlin, Urt. v. 16.04.2018, Az. 37 O 367/18).

Damit ist es ferner unerheblich, ob es sich bei den hier streitgegenständlichen Anbietern um unerlaubtes Glücksspiel handelt. Dies hat auf die Wirksamkeit des Zahlungsdiensterahmenvertrages zwischen dem Kläger und der Beklagten keine Auswirkungen. Durch die Zustimmung zum Zahlungsvorgang erlangt das Vertragsunternehmen einen abstrakten Zahlungsanspruch aus § 780 BGB gegen das Zahlungsdiensteunternehmen.

Nach Auffassung des Gerichts wurde die Zahlung durch Eingabe der PayPal-Kundendaten auf den Internetseiten der jeweiligen Glücksspielanbieter autorisiert. Aufgrund des Vertrages zwischen Nutzer und Zahlungsdienstleister musste PayPal die Zahlung ausführen.

In diesem Fall wurde auch anerkannt, dass Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute einschließlich E-Geld-Institute als verantwortliche Störer bei Glücksspieleinsätzen herangezogen werden können. Es setzt aber voraus, dass die Glücksspielaufsichtsbehörde mitgeteilt hat, dass es sich um illegales Glücksspiel handle. Es ist nicht ersichtlich, dass der Zahlungsdienstleister einen derartigen Hinweis durch die Glücksspielaufsicht erhielt.

Laut dem Gericht ist es nicht Aufgabe eines Zahlungsdienstleisters, den Kläger vor illegalen Zahlungsvorgängen zu schützen. Eigentlich dürfe jeder Vertragspartner darauf vertrauen, dass sich die Partner rechtstreu verhalten. In der Begründung heißt es:

Für die Beklagte bestand deshalb weder eine vertragliche Pflicht noch ein entsprechender Anlass, die Zahlungsanweisungen des Klägers im Einzelnen auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Darüber hinaus war die Beklagte nicht dazu verpflichtet, den Zahlungsvorgang des Klägers zu überprüfen oder zu überwachen. Irgendwie geartete Schutzpflichten gegenüber Kunden bestehen demnach erst dann, wenn die Bank ohne nähere Prüfung im Rahmen der normalen Bearbeitung eines Zahlungsverkehrsvorgangs aufgrund einer auf massiven Verdachtsmomenten beruhenden objektiven Evidenz Verdacht schöpfen muss (BGH, XI ZR 56/07).

Ein Abgleich mit der sogenannten „White-List“ der Bundesländer sei nicht verpflichtend. Der Prüfaufwand geht über die normale Bearbeitung der Zahlungsvorgänge hinaus. Außerdem stellte das Gericht klar:

Überdies erscheint eine Überprüfung für die Beklagte auch kaum möglich, da jedenfalls nicht erkennbar sein dürfte, ob jedes einzelne vom Kläger wahrgenommene Spiel tatsächlich unerlaubtes Glücksspiel darstellt.

Außerdem führte das Gericht aus, dass der Schaden durch einen eigenen Willensentschluss des Klägers und nicht durch die Handlungen von PayPal entstanden ist.

Rechtsprechung zu Glücksspieleinsätzen über PayPal bleibt uneinheitlich

Das Landgericht Ulm, das Amtsgericht Leverkusen (Urteil vom 19.02.2019 – Az.: 26 C 346/18), das Amtsgericht München (Urteil vom 21.02.2018 – Az.: 158 C 19107/17) und das AG Wiesbaden (Urteil vom 16.06.2017 – Az.: 92 C 4323/16 (41)) haben bisher entschieden, dass Zahlungsanbieter gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV verstoßen.

Das Landgericht München, das Landgericht Berlin und das Landgericht Wuppertal sind dieser Auffassung nicht gefolgt.

Die Urteile zu Rückbuchungen oder Chargeback bleiben uneinheitlich. Online-Glücksspiel stellt in Deutschland eine große Grauzone dar, was sich auch an den Urteilen zum Thema Rückbuchung von Glücksspieleinsätzen zeigt. Die Klagen vor den verschiedenen Gerichten wirken fast wie eine „eigene Art des Glücksspiels“.

An dieser Stelle sollte noch einmal an die Eigenverantwortung der Spieler appelliert werden. Letztlich ist bekannt, dass es sich beim Online-Glücksspiel um eine rechtliche Grauzone handelt. Verluste sind beim Glücksspiel die Regel, daher sollte man nur Geld verspielen, was man wirklich entbehren kann.

Rückbuchungen werden keine Probleme lösen, wenn man wirklich spielsüchtig ist. Von einigen Spielern ist bekannt, dass sie auch die Rückbuchungen nach einiger Zeit verzockt haben. Wenn man also Probleme hat, sollte man eher auf eine Therapie setzen und sich um Möglichkeiten der Sperrung kümmern. Das bringt mehr, als alles auf das Chargeback zu setzen.

Bildquelle: AdobeStock 83659983, "Transaction completed" on the screen. Hands over the keyboard o, © daviles

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7 Kommentare zu: PayPal Rückbuchungen von Glücksspieleinsätzen: LG Ulm entscheidet pro Spieler, LG Wuppertal pro Zahlungsanbieter

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Angeblich geht es hier um das LG Ulm. Die PRO entschieden haben aber mir stellt sich die Frage warum diese Argumente nicht aufgeführt sind!?

Stattdessen wird das LG Wuppertal ellenlang, weil die ja Contro entschieden...   Mehr anzeigen
Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich gegen solche Rückbuch-Aktionen bin. Glücksspiel ohne Verlustrisiko ist aus meiner Sicht nicht in Ordnung. Die anderen News zu dem Thema zeigen es einfach schon:

...   Mehr anzeigen
@Christoph: Ja, ich bin im Forum "aktiv" - würde ich aber nicht so nennen. Wollte dies lediglich klarstellen.

Hier geht es aber nicht um Rückbuchung oder um einen Verlust sondern um weitaus mehr als du erkennen kannst was ich im Forum ja zu...   Mehr anzeigen
Das ist echt gut, erst wie wild einzahlen, mit der Hoffnung man gewinnt. Dann verliert man nur und probiert das Geld zurück zu bekommen (auch noch über den Rechtsanwalt). Was ein scheiß Paragraph und dann die Grauzone wg onl....   Mehr anzeigen
Ich bin auch überhaupt kein Freund von charge back! Allerdings helfen esolche Ratschläge wie "nur verzocken was man sich leisten kann" nicht wirklich weiter.
Man sollte auch nur Saufen, was die Leber verträgt und nur soviel meth...   Mehr anzeigen
Na ich hab doch schon so oft gesagt das es mir nicht um die lumpigen 10.000 EUR gegangen ist! Dies hab ich auch im Forum mehrere Male, und das mehr als deutlich, zum Ausdruck gebracht.

Man sollte meine Beiträge dazu schon lesen...   Mehr anzeigen
Nicht nur das Gericht in Wuppertal, aktueller Fall auch aus Düsseldorf:
8 O 398/18 | LG Düsseldorf
Das Landgericht Düsseldorf hat entschieden, dass für den Kreditkarten­betreiber keine Prüfpflicht im Zusammenhang mit einer...   Mehr anzeigen

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