Tipico übernimmt Admiral Österreich von Novomatic: Was könnte der Grund sein?
Fusionen und Übernahmen sind im Business an der Tagesordnung. Doch manche Deals sorgen für besonders viel Gesprächsstoff. So auch bei der aktuellen Ankündigung von Novomatic: Es sollen etwa 200 Wettlokale der Admiral Gruppe in Österreich an den deutschen Konkurrenten Tipico gehen, der selbst zahlreiche Annahmestellen im Land betreibt. Warum überlässt man einem der größten Mitbewerber den Markt?
Die Ankündigung des österreichischen Glücksspielriesen Novomatic zur Abtretung seiner lokalen Sportwettensparte schlägt in der Branche ordentlich Wellen. Zwar zeichnete sich das Geschäft schon eine ganze Weile ab, längst nicht alle glaubten aber daran, dass Tipico die ATLAS Group GmbH, Muttergesellschaft der ADMIRAL Gruppe in Österreich, wirklich schlucken würde.
Plötzlich steht ein riesiges Fragezeichen im Raum: Warum gibt der österreichische Glücksspielriese seinen Heimmarkt aus der Hand? Besonders, wenn es um eine Freizeitbeschäftigung geht, die bei den Österreichern so beliebt ist, dass sie jährlich satte 3,8 Milliarden Euro Umsatz generiert: Das haben wir schon in unserem Artikel „Österreich: Sportwetten sind Geschicklichkeitsspiele und daher weitgehend unreguliert“ beleuchtet.
Natürlich wird Tipico für diesen Deal tief in die Tasche gegriffen haben. Das „Sümmchen“ – über das sich Novomatic höflich ausschweigt – war offenbar so verlockend, dass die Gruppe bereit war, die Segel zu streichen. Doch nicht jeder hält diesen Schritt für klug, zumal Sportwetten laut Zahlen von Statista nach Lotto und Online-Gaming auf Platz drei der österreichischen Glücksspielvorlieben stehen. Wie Novomatic in der betreffenden Pressemitteilung bekannt gibt, ist der Verkauf jedoch Teil einer größeren Strategie:
„Der Novomatic AG-Konzern bekräftigt diesen Schritt mit der stärkeren Fokussierung auf die internationale Geschäftsausrichtung als globaler Innovationsführer der Branche.“
Der Vertrag ist unterschrieben, die Genehmigungen der Behörden fehlen noch. Offen ist ebenfalls, ob alle Admiral-Filialen und deren Name bleiben werden. Detailliertere Informationen gibt es nicht. Wir wollen uns die Sache einmal genauer ansehen.
Weshalb gibt Novomatic Admiral in Österreich auf?
Wir haben keine Insider-Informationen, die Sache erscheint aber so interessant, dass sich eine genauere Recherche lohnt. Denn es klingt fast zu kurios, um wahr zu sein: Warum sollte ein Gigant wie Novomatic seinen Heimmarkt – wohlgemerkt in einem Land, das jährlich Milliarden mit Sportwetten umsetzt – einfach so abgeben? Ein genauerer Blick zeigt, dass hinter dieser Entscheidung mehr steckt als ein großzügiger Scheck von Tipico. Auch beim Deal zwischen Tipico und dem DFB dürfte viel Geld geflossen sein.
Österreich: Kleiner Markt, großer Ärger?
Wie die Kronen Zeitung berichtete, hat Johann Graf, Gründer und Eigentümer von Novomatic, bereits vor Jahren klargemacht, dass das Geschäft in Österreich für ihn eher eine Belastung darstellt. Der österreichische Markt, so Graf damals, sei umsatzmäßig fast bedeutungslos, verursache jedoch überproportional viel Ärger.
Steuerlasten, bürokratische Hürden und nicht zuletzt Skandale – etwa um die Besetzung von Posten bei den Casinos Austria, deren Miteigentümer Novomatic einst war – sorgten für reichlich negative Schlagzeilen. Die Vorwürfe von Absprachen mit der Regierung im Zusammenhang mit dieser Personalpolitik waren ein weiterer Dämpfer für den Heimmarkt.
Tipico: Der Branchenprimus übernimmt
Tipico dagegen ist mit über 1.000 Wettannahmestellen in Deutschland und Österreich bestens positioniert, um vom stationären Sportwettengeschäft zu profitieren. Im Vergleich dazu wirken die rund 200 Admiral-Standorte fast wie ein Nischenangebot.
Während Tipico voll auf Sportwetten fokussiert ist, ist Novomatic seit Jahrzehnten in anderen Bereichen stärker verwurzelt – und das macht den Unterschied.
Keine neue Strategie: Schon 2020 Sportwetten-Rückzug aus Deutschland
Der Ausstieg aus Österreich passt zu einem größeren Muster: Bereits 2020 verabschiedete sich Admiral aus dem stationären Wettgeschäft in Deutschland. Die Coronapandemie brachte einen endgültigen Schlussstrich.
Wie das Unternehmen damals in einer Pressemitteilung bekannt gab, wurden alle 17 deutschen Standorte dauerhaft geschlossen, da sich das Geschäft schlicht nicht mehr lohnte. Es zeigte sich schon an dieser Stelle, dass stationäre Wettbüros kein Schwerpunkt für Novomatic waren bzw. sind.
Ein Global Player mit anderen Leitgeschäften
Novomatic ist vor allem im Bereich Casino und klassisches Glücksspiel ein Branchenriese. Mit über 25.000 Mitarbeitern, Standorten in rund 50 Ländern und Exporten in mehr als 120 Staaten liegt der Fokus klar auf Technologien wie Glücksspielterminals, Lotteriesystemen und innovativen Casino-Lösungen: Das wird so auch in der aktuellen Pressenachricht des Konzerns noch einmal unterstrichen.
Die Admiral-Gruppe war in diesem riesigen Portfolio nur ein kleiner Teil des Puzzles. Wie wir bereits in unserem Artikel rund um den Aufstieg von Novomatic zum zweitwertvollste Unternehmen Österreichs thematisiert haben, liegt der Marktwert des Konzerns bei beeindruckenden 3,745 Milliarden Euro – ein Großteil davon dürfte NICHT auf Sportwetten entfallen.
Ein unattraktiver Markt?
Auch die Regulierung in Österreich spielt wahrscheinlich eine Rolle. Jedes Bundesland legt eigene Regeln für Wettlokale fest – und obwohl Sportwetten offiziell nicht als Glücksspiel gelten, bleibt der bürokratische Aufwand damit hoch.
Genehmigungsverfahren, unterschiedliche Vorschriften und hohe Steuern machen das Geschäft kompliziert. Tipico, dessen Businessmodell auf Sportwetten und stationären Lokalen basiert, kann hier vermutlich effizienter agieren als Novomatic.
Übrigens: Tipico ist längst kein reiner „deutscher Bookie“ mehr!
Wenn man an Tipico denkt, kommt einem wahrscheinlich zuerst der typische deutsche Wettanbieter in den Sinn – vielleicht sogar noch mit dem Werbegesicht von Oliver Kahn. Doch hinter der Marke steckt viel mehr: Tipico hat die Zelte über den deutschsprachigen Raum hinaus aufgeschlagen und sich zu einem globalen Player entwickelt, der in zahlreichen Ländern aktiv ist. Das Unternehmen sieht Deutschland nach wie vor als seinen Kernmarkt. 2004 in Karlsruhe gegründet, ist der Hauptsitz mittlerweile aber im maltesischen San Ġiljan gelegen.
Man unterhält zudem Niederlassungen in Österreich, Gibraltar, Kroatien, Kolumbien und – ja, tatsächlich – in den Vereinigten Staaten. International ist das Unternehmen besonders in den USA seit ein paar Jahren auf dem Vormarsch. Mit einer Lizenz in New Jersey, einem der größten Sportwettenmärkte in den Vereinigten Staaten, mischt Tipico kräftig in der amerikanischen Wettlandschaft mit. In Brasilien, wo gerade viele Top-Marken um die Spitzenplätze am milliardenschweren regulierten Sportwettenmarkt kämpfen, ist Tipico hingegen nicht vorne mit dabei.
Quelle des Bildes: https://pixabay.com/illustrations/ai-generated-businessman-corporate-9180037/
Zentrale Textquellen: https://www.novomatic.com/explore-novomatic/presse/pressemitteilungen/novomatic-und-tipico-unterzeichnen-vereinbarung-ueber, https://www.krone.at/3646905, https://de.statista.com/themen/2928/gluecksspiel-in-oesterreich/#topicOverview, https://www.loewen.de/gruppe/presse/alle/admiral-sportwetten-zieht-sich-aus-dem-stationaeren-markt-zurueck-504/
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1 Kommentar zu: Tipico übernimmt Admiral Österreich von Novomatic: Was könnte der Grund sein?
Kommentar verfassenroccoammo11
Eine Pandemie ist seit Corona auch nicht mehr auszuschließen..
kann man nur hoffen das die Mitarbeiter... übernommen werden.
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