Spielhallen-Prozess in Hagen: Luxusautos der Täter werden versteigert
Am Montag (27. Mai 2019) beginnt der Prozess gegen die Hagener Bande, die Spielhallen mit manipulierten Automaten betrieben haben soll. Die Sportwagen der Täter werden im Vorfeld bereits versteigert. Die Erlöse sollen die Steuerschulden der Angeklagten mindern.
Insgesamt neun Sportwagen hatte die Polizei im September 2018 bei Durchsuchungen der Häuser von verschiedenen Spielhallenbetreibern in Hagen (einer kreisfreien Stadt in Nordrhein-Westfalen) beschlagnahmt. Darunter die Marken Mercedes, Lamborghini und BMW. Das Hagener Finanzamt versteigert jetzt die Autos, da die Staatsanwaltschaft sie freigegeben hat.
Was ist in Hagen im September 2018 vorgefallen?
Am 27. September gab es eine Großrazzia in 40 Spielhallen in Nordrhein-Westfalen sowie zahlreichen Privathäusern der Betreiber in Hagen-Haspe. Neben neun Sportwagen hat man rund fünf Millionen Euro Bargeld in Scheinen und Münzen sichergestellt. Eine Schusswaffe, zwei Schreckschusswaffen sowie kleine Mengen von Betäubungsmitteln hatte die Polizei ebenfalls gefunden.
Drei Mitglieder einer türkisch-kurdischen Familie (im Alter von 38, 42 und 49 Jahren) wurden damals festgenommen. Ihnen wurde vorgeworfen, dass sie Spielautomaten durch eine Software manipuliert haben und so einen Steuerschaden von 48,4 Millionen Euro angerichtet haben.
40 Spielhallen in ganz Nordrhein-Westfalen betroffen
40 Spielhallen, die von der Familie betrieben wurden, hat man durchsucht. In Hagen selbst hatte die Familie lediglich eine Spielothek. Bei den Untersuchungen hielt sich die Familie zurück und beobachtete nur.
In ganz Nordrhein-Westfalen gab es aufwendige Ermittlungen. Begonnen hatte damit das Hagener Kommissariat zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität. Am Ende gab es eine Großrazzia mit mehreren Hundert Polizeibeamten und 70 Steuerfahndern. Es wurden Standorte in Hagen, Dortmund, Duisburg, Hilden, Hattingen, Holzwickede, Lüdenscheid, Langenfeld, Datteln, Menden und Meinerzhagen durchsucht.
Bei den Untersuchungen sollen zudem Bankexperten und PC-Spezialisten vor Ort gewesen sein, damit weitere Vermögenswerte gesichert werden konnten. Kontopfändungen soll es ebenfalls gegeben haben.
Wie begeht man Steuerbetrug mit Spielautomaten?
Die Manipulation der Spielautomaten erfolgte über die Umsatzdaten der Geräte. Im Fall der Familie sollen die Geldspielgeräte so manipuliert worden sein, dass die Betriebsergebnisse schlechter dargestellt wurden. Die Daten wurden zwar von den Spielgeräten durch die Familie ausgelesen, danach soll aber die Software zum Einsatz gekommen sein, um manipulierte Belege mit niedrigeren Umsätzen ausgeben zu können. So hatte man die Umsätze geringer dargestellt, als sie tatsächlich waren. Dadurch mussten die Betreiber weniger Steuern zahlen und hatten einen illegalen Profit in zweistelliger Millionenhöhe.
Wie ist der Betrug den Ermittlern aufgefallen?
Die Fälschungen bei den Umsätzen seien aufgeflogen, weil ein Notebook eines Familienangehörigen in die Hände der Polizei kam. Es handelt sich um einen Zufallsfund beim Fritz-Kahl-Fußballturnier 2016. In dem Jahr hatten Cemspor Hagen und ETuS Schwerte gegeneinander in Hagen-Eilpe gespielt. Sechs Männer stürmten in der Halbzeitpause auf das Spielfeld und schlugen den damaligen Linienrichter und einen Trainer nieder. Ein Familienmitglied war der Mittäterschaft angeklagt. Man konnte ihm jedoch nichts nachweisen. Das Verfahren gegen ihn wurde eingestellt – der Laptop mit Daten, aus denen die Manipulationen hervorgehen sollen, wurde jedoch sichergestellt.
Was sagt die Familie zum Steuerbetrug?
Der Strafverteidiger Ulrich Sommer, welcher die Familie vertritt, nannte das ganze Verfahren einen Fake. Die Verdachtsbehauptungen seien wilde Konstruktionen. Es gebe keine Beweise gegen die Familie. Der Fund des Laptops sei so ebenfalls nicht gewesen.
Die Familie wirft der Polizei Stimmungsmache vor, da sie beispielsweise von einem kurdisch-türkischen Clan spricht. Der Verteidiger sagte gegenüber der Presse:
Was die Hagener Staatsanwaltschaft da betreibt, ist nichts als reine Stimmungsmache. Es gibt keinen einzigen Beweis, außer einem Laptop, auf dem angeblich mit einer Manipulationssoftware gearbeitet wurde. Der Laptop ist der Familie und meinem Mandanten aber gar nicht zuzuordnen und so eine Software ist auch nie zum Einsatz gekommen. Die Staatsanwaltschaft hat sich auf eine Interpretation der Situation festgelegt und verbeißt sich jetzt darin.
Zudem soll einer der Ermittler mit einer Frau verheiratet sein, die vorher eine Freundin eines der angeklagten Familienmitglieder war. Der Mann sei schlichtweg befangen und sollte gar nicht an den Ermittlungen beteiligt sein. Insgesamt ist man auch der Meinung, dass an dem vielen Bargeld nichts Verwerfliches ist. Der Anwalt begründete es wie folgt:
Natürlich wissen die Behörden von größeren Mengen Bargeld, die die Familie privat aufbewahrt. Aber das ist auch ganz normal, wenn man so viele Spielhallen betreibt, in denen täglich viel Bargeld in den Automaten eingesetzt werden muss. Man kann das aus Behördensicht auch komisch finden, wenn eine Familie viele Spielhallen betreibt und damit viel Geld verdient. Aber letztlich läuft all das auf legalen und höchst korrekten Wegen ab. Da ist nichts Verwerfliches dran.
Mit dem Wort Clan würde man die Familie auch in eine Ecke stellen, in die sie nicht gehört. Einige Mitglieder der Familie hätten zwar Einträge im Strafregister, aber vorbestraft wegen Vermögensdelikten ist keiner der Angeklagten. Der Strafverteidiger sehnt auf jeden Fall die Hauptverhandlung herbei:
Ich habe der Familie gesagt, dass sie ihr Geld und ihre Fahrzeuge zurückbekommen. Es wird Gerechtigkeit geben und die zu Unrecht beschuldigten Familienmitglieder werden frei sein.
Die Sportwagen werden dennoch erst einmal versteigert
Die Ermittlungskommission „Cash“ hatte die Sportwagen freigegeben. Sie standen bis dahin in einer Halle in Hagen-Lennetal. Auf der Internetseite www.zoll-auktion.de werden sie derzeit zur Auktion angeboten. Der Verantwortliche der Ermittlungskommission Dr. Gerhard Pauli gab zu Protokoll:
Die Fahrzeuge wurden von uns freigegeben. Da bei den neun Fahrzeugen eine Pfändung vorliegen soll, dürfen diese versteigert werden, um die Steuerschulden damit begleichen zu können.
Die Versteigerung wird bis zum 11. Juni durchgeführt sein. Für alle neun Autos gibt es bisher Gebote (Stand 24. Mai 2019):
- Orangefarbener Lamborghini Aventador: 200.100 Euro.
- Blauer Lamborghini Huracán: 154.600 Euro.
- Goldener Mercedes SLS AMG: 111.100 Euro.
- Grüner Mercedes GT AMG: 101.100 Euro.
- Schwarzer Mercedes S63 4 Matic AMG: 61.100 Euro.
- Weißer Mercedes CLS 63 AMG: 26.000 Euro
- Silberner Mercedes CL 63 AMG: 20.100 Euro.
- Weißer Mercedes S 63 AMG Coupe: 10.100 Euro
- Roter BMW 1er: 2.200 Euro
Es bleibt abzuwarten, was beim Prozess wirklich herauskommt. Die Familie wird die Verluste des Geldes und der Autos sicher nicht ohne weiteres hinnehmen. Sobald es neue Erkenntnisse zum Fall gibt, werde ich darüber berichten – bisher steht Aussage gegen Aussage. Das Gericht wird hoffentlich klare Fakten schaffen.
Bildquelle: Fotolia 133284866 - Sportwagen / Folierter Rennwagen in matter Folie © ghazii
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2 Kommentare zu: Spielhallen-Prozess in Hagen: Luxusautos der Täter werden versteigert
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03.06.2019 um 01:24 UhrUnsere Community lebt von deinem Feedback – also, mach mit!
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