Neuer Glücksspielstaatsvertrag: Sportvereine als Verlierer der Regulierung?
Der Entwurf für den neuen Glücksspielstaatsvertrag ist derzeit in aller Munde. Nach der Euphorie, dass Online Casinos endlich erlaubt werden, wandelt sich zusehends die Stimmung. Vertreter der deutschen Wettverbände sehen in dem neuen Vertrag ein Verlustgeschäft für den Sport, was sich vor allem an ausbleibenden Werbeeinnahmen bemerkbar machen könnte.
Seitdem ein Entwurf des neuen deutschen Glücksspielstaatsvertrages an die Öffentlichkeit gelangt ist, gibt es viele Spekulationen über die Auswirkungen der dort festgeschriebenen Regeln.
Es sollte noch einmal erwähnt werden, dass es sich lediglich um einen Entwurf handelt, der im Juli 2021 in Kraft treten könnte. Da ein Entwurf des Vertrages an die Deutsche Presse-Agentur weitergeleitet worden ist und Teile daraus veröffentlicht wurden, gibt es derzeit große Diskussionen um das zukünftige Glücksspielgesetz in Deutschland.
Ende Februar ist ein Treffen mit verschiedenen Branchen-Vertretern geplant. Dort sind auch diverse Sportverbände eingeladen. Diese zeigen bereits jetzt ihre Kritik am geplanten Gesetz. Dennoch wird sich erst in den nächsten Wochen entscheiden, was vom Entwurf am Ende im neuen Glücksspielstaatsvertrag wirklich verankert wird.
Was verdienen die Sportverbände über Werbung von Wettanbietern?
Ich hatte bereits im Januar 2019 aufgezeigt, dass deutsche Sportvereine rund 43 Millionen Euro im Jahr mit Sponsoring-Verträgen verdienen. Der größte Anteil wird dabei in den deutschen Profifußball geleitet. Insgesamt 28 Glücksspiel-Marken werden auf Trikots, Banden oder CarpetCams von Verbänden, Clubs oder Ligen beworben. Die Ausgaben der Sportwettenanbieter sind in den letzten Jahren massiv gestiegen.
Der neue Glücksspielstaatsvertrag könnte dem Wachstum der Werbeeinnahmen der Sportvereine nun einen Riegel vorschieben. Experten sehen das Problem darin, dass der Glücksspielstaatsvertrag einfache Ereigniswetten erlaubt. So darf etwa auf rote Karten oder das erste Tor einer Mannschaft gewettet werden. Aus Angst vor Manipulationen sollen aber Live-Wetten verboten werden. Mathias Dahms ist Präsident des Deutschen Sportwetten-Verbandes. Er sieht in diesem Verbot Umsatzeinbußen für die Sportwettenanbieter und damit auch sinkende Ausgaben beim Sponsoring:
Wenn die dort im Staatsvertrag niedergelegten Einschränkungen tatsächlich dann auch so umgesetzt werden, dann würden wir etwa 70 bis 80 Prozent des heutigen Wettvolumens verlieren. Das sind dann also in der Größenordnung drei Milliarden Euro.
Der Live-Wetten-Bereich würde bereits jetzt 60 % der Umsätze für Sportwettenanbieter generieren. Ohne Live-Wetten ist das Wetten für einige Spieler demnach weniger interessant.
Angst vor Ausbleiben des Sponsorings
Sinkende Einnahmen der Sportwettenanbieter könnten bedeuten, dass weniger Geld in Sponsoring und Markenwerbung investiert wird. Ronald Reichert ist Jurist und hat sich auf Glücksspielrecht spezialisiert. Er sieht sogar die Gefahr, dass Fans der Live-Wetten in den Schwarzmarkt abgleiten. Zumal viele Sportwettenanbieter den deutschen Glücksspielmarkt ohne Live-Wetten eventuell nicht mehr attraktiv finden. Seiner Meinung nach führt es zu weniger Glücksspielanbietern und geringer Konkurrenz unter den Wettbüros im Internet. Dadurch werden auch die Werbeverträge unattraktiver.
Breitensport bleibt wieder auf der Strecke
In der Vergangenheit gab es bereits Diskussionen, dass vorrangig Fußballvereine vom Glücksspiel in Deutschland profitieren. Die Breitensportvereine (Freizeitsport abseits des professionellen Sports) brauchen aber ebenfalls Sponsoren. Martin Nolte von der Deutschen Sporthochschule Köln vertritt Verbände des Breitensports seit mehreren Jahren bei juristischen Problemen und Fragen. Seiner Meinung nach muss der Breitensport berücksichtigt werden, da auf ihn eine Vielzahl an Wetten abgeschlossen werden:
Für die wird auch der organisierte Sport nach wie vor streiten, weil es nicht sein kann, dass er die Ausgaben und die Aufwendungen hat, dann auch noch die Risiken aus der Manipulation von Sportwettbewerben trägt – und auf der anderen Seite die Länder die fiskalischen Erträge für sich generieren. Das passt nicht zusammen, das ist eine Asymmetrie und die muss aufgehoben werden durch eine Finanzierungsgarantie.
Was passiert mit den Steuern der Sportwettenanbieter?
Derzeit werden auf alle Einsätze bei Sportwetten 5 % Steuer erhoben. Die Sportwettenanbieter sollen diese Steuern von den Kunden einbehalten. In Deutschland zahlen private Sportwettenanbieter jährlich 300 Millionen Euro an Steuern.
Der Deutsche Olympische Sportbund, der Deutsche Fußball-Bund und die Deutsche Fußball-Liga werden im Februar 2020 noch einmal angehört. Es bleibt abzuwarten, ob ihre Forderungen nach Finanzierungshilfen für den Breitensport erhört werden. Zuletzt gab es keinen positiven Ausgang.
Der Sportbeirat des bisherigen Aufsichtsgremiums (des Glücksspielkollegiums) wurde vor 8 Jahren gegründet. Deren Meinung wurde aber in den bisherigen Diskussionen kaum zur Kenntnis genommen. Aus Protest gegen die Nichtbeachtung hatte der Sportbeirat seine Arbeit zwischenzeitlich eingestellt. Mittlerweile fordert Dahms aber wieder:
Wir setzen uns als Deutscher Sportwetten-Verband seit vielen Jahren dafür ein, dass der Sport in einer festgelegten Größenordnung an den Steuereinnahmen, die aus der Sportwette generiert werden, beteiligt wird. Wir unterstützen da die Forderung des Sports, dass etwa ein Drittel der Sportwetten Steuer tatsächlich auch direkt dem Breitensport zukommen soll.
Was wird die neue Glücksspielbehörde bringen?
Die Wünsche des Sports mussten in den Verhandlungen gegenüber den Interessen der Bundesländer aufgegeben werden. Politiker und das Glücksspielkollegium haben die Interessen des Sports ignoriert.
Das alte Glücksspielkollegium soll laut neuem Glücksspielgesetz durch eine Glücksspielaufsichtsbehörde ersetzt werden. Insgesamt hat man zwar hohe Erwartungen an die Behörde, da sie gegen illegale Glücksspielangebote vorgehen, Zahlungsströme sperren und eventuell Webseiten blockieren soll. Am Ende muss sie den Spielern zeigen, was legal und illegal im Bereich des Glücksspiels in Deutschland ist.
Allerdings sind einige Experten bereits jetzt der Meinung, dass es 4 bis 5 Jahre dauern kann, bis die Behörde arbeitsfähig ist. Erst danach könnte es zu einer vernünftigen Regulierung in Deutschland kommen. Es bleibt also abzuwarten, was der neue Glücksspielstaatsvertrag bereithält und wann seine Regelungen umgesetzt werden können.
Bildquelle: AdobeStock 305722164; Cropped shot of male fan making bets using gambling mobile application on his phone © wpadington
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