In den USA wurden Ende März 2018 Diskussionen über Social Casinos laut. Grund: Ein Bundesberufungsgericht hatte am 28. März entschieden, dass das Big Fish Casino von Big Fish Games nach den Gesetzen des Bundesstaates Washington als illegales Glücksspiel anzusehen ist. Jetzt werden auch andere Softwarehersteller mit Klagen konfrontiert.

Vor dem amerikanischen Gericht sollte wiederholt geklärt werden, ob Social Casino Games illegales Glücksspiel sind. Streitpunkt war dabei, ob „Free-to-play“-Casinospiele, bei denen es Varianten von Slots, Roulette und Blackjack mit Spielgeld gibt, nicht auch als Glücksspiel gelten sollten. Man spielt die Games mit virtuellen Chips, die selbst keinen Geldwert haben, da man sie nicht umtauschen kann. Dennoch kann der Spieler nur so lange, wie er Chips hat, die Games spielen. Wenn er keine mehr hat, muss er entweder warten, bis er neue kostenlose Chips bekommt, oder kann diese gegen Geld auch kaufen. Das Bundesberufungsgericht im Bundesstaat Washington hat jetzt nach 3 Jahren geurteilt, dass es sich um illegales Glücksspiel handelt.

Nach Big Fish Games werden nun auch weitere Anbieter von Social Casino Games im Bundesstaat Washington angeklagt, dazu gehören: Huuuge Games, DoubleDown Interactive, High 5 Games und Playtika.

Der Rechtsstreit begann bereits 2015

Die Klage geht auf die Amerikanerin Cheryl Kater zurück, welche die damalige Muttergesellschaft von Big Fish Games, Churchill Downs, verklagte. Laut eigenen Angaben habe sie mehr als 1.000 US-Dollar (rund 800 Euro) für virtuelle Chips ausgegeben. Die Anklage argumentierte, dass es sich bei den Social Casino Games um illegales Glücksspiel handele, da die Chips „etwas Wertvolles“ darstellen.

Big Fish Games wurde 2002 in Seattle gegründet. Die Besitzverhältnisse wechselten in den letzten Jahren ständig. 2014 kaufte Churchill Downs die Firma für 885 Millionen Dollar (circa 715 Millionen Euro), verkaufte sie aber bereits 3 Jahre später an das australische Unternehmen Aristocrat Leisure (Limited).

Das Glücksspielgesetz des Staates Washington ist an dieser Stelle etwas vage ausgedrückt. Sobald man um „etwas Wertvolles“ spielt, handelt es sich um Glücksspiel, wofür es einer Konzession des Staates bedarf. Es wird im Gesetz nicht näher ausgeführt, wann eine Sache als wertvoll angesehen wird. Die Frage der Auslegung des Rechtstextes ist hier also von entscheidender Bedeutung. Im genauen Wortlaut heißt es im Washingtoner Glücksspielgesetz:

Gambling: Staking or risking something of value upon the outcome of a contest of chance or future contingent event not under the person's control or influence, upon an agreement that someone will receive something of value.

Glücksspiel: Etwas Wertvolles einsetzen oder riskieren auf das Ergebnis eines Zufallswettbewerbs oder eines zukünftig bedingten Ereignisses, das nicht unter der Kontrolle oder dem Einfluss der Person selbst steht, mit der Vereinbarung, dass etwas Wertvolles gewonnen werden kann.

Außerdem argumentierte die Klägerin, dass die Chips durchaus einen Wert haben. Spieler könnten sich die Chips in gewisser Weise „auszahlen“ lassen. Es gäbe Märkte abseits des Casinos, wo Spieler die Chips gegen echtes Geld an andere Spieler verkaufen. Die Gerichte wiesen jedoch dieses Argument zurück, da Big Fish Games solche Transaktionen in den Nutzungsbedingungen verbietet.

Zunächst scheiterte die Klägerin 2016 bei einem US-Bezirksrichter in Seattle. Dennoch ließ Cheryl Kater nicht locker, ging mit ihrem Anwalt in Berufung, wobei das Berufungsgericht die Entscheidung jetzt zu ihren Gunsten revidierte.

Sichtweise des Berufungsrichters auf den Fall

Der Richter Milan D. Smith stellte in seinem Urteil fest, dass man die Spiele im Big Fish Casino nicht ohne virtuelle Chips spielen kann. Wenn dem Spieler die Chips ausgehen, müsse er neue Chips kaufen, um weiter das Privileg haben zu können, die Games zu spielen. Weiterhin führt er aus:

Wenn ein Benutzer Chips gewinnt, gewinnt der Benutzer das Privileg, Big Fish Casino ohne Gebühren zu spielen. In der Summe erweitern diese virtuellen Chips das Privileg, Big Fish Casino zu spielen. […]

Wir kehren deshalb das Urteil des Bezirksgerichts um und stellen fest, dass Big Fish Casino illegales Glücksspiel nach Washingtoner Recht darstellt, weil die virtuellen Chips von Big Fish Casino eine Sache von Wert sind.

Welche Bedeutung hat das Urteil?

Diese Entscheidung ist bisher nicht endgültig. Sicherlich konnte man vor dem Berufungsgericht nun einen Erfolg verzeichnen, aber Churchill Downs (gegen die sich die Klage gerichtet hat) könnte darauf bestehen, dass es eine weitere Verhandlung vor einem höheren Berufungsgericht gibt oder mit einer Petition bewirken, dass der Fall vor dem Obersten Gerichtshof der USA verhandelt werden muss.

Beobachter des Falls sehen in dem Urteil natürlich einen Erfolg, sehen aber auch, dass das Urteil lediglich auf Vorwürfen basiert, die durchaus vom Angeklagten widerlegt werden könnten. Zumindest war das eine erste Einschätzung von Venkat Balasubramani, einem Anwalt bei Focal PLLC, der an dem Fall nicht beteiligt ist, sondern in Kalifornien gegen ein Spiel klagt, was ebenfalls als „Free-to-play“ beworben wird, aber In-Game-Käufe vorsieht.

Trotz der eher geringen Bedeutung des Urteils gehen jetzt deutlich mehr Kläger auch gegen andere Spielehersteller in den USA vor, die ebenfalls mit „Free-to-play“ werben, aber In-Game-Käufe als Finanzierungsmodell nutzen. Die Landschaft der Gelegenheitsspiele und Spiele-Apps für Mobilgeräte könnte sich durch weitere Urteile nachhaltig verändern.

Was ist bisher konkret passiert?

Es wurden in den letzten Wochen mehrere Klagen gegen die Spielehersteller Huuuge Games, DoubleDown Interactive, High 5 Games und Playtika eingereicht, teilweise werden ähnliche Formulierungen wie bei dem Fall gegen Churchill Downs verwendet. Die US-Bezirksgerichte in Seattle und Tacoma sind derzeit besonders gefragt. Alleine 3 Klagen kommen von dem gleichen Kläger und der gleichen Anwaltskanzlei. Die Kanzlei Tousley Brain Stephens steht unter der Leitung von den Anwälten Janissa A. Strabuk und Cecily C. Shiel.

Die Kläger wollen den Status einer Sammelklage beantragen und fordern, dass die Unternehmen ihr Verhalten dahin gehend abstellen. Außerdem geht es ihnen um den Schadensersatz.

Sean Wilson, der Kläger in 3 Fällen ist, behauptet beispielsweise, dass er 20 Dollar (ungefähr 16 Euro) in virtuellen Chips bei Spielen von Huuuge, High 5 und Playtika verloren habe. Bei Adrienne Benson sollen es bei Games von DoubleDown mehr als 1.000 Dollar (rund 800 Euro) gewesen sein.

Es ist insgesamt nicht ungewöhnlich, dass es in den USA Klagen gegen Softwareunternehmen gibt, weil man bei ihnen Glücksspielelemente oder falsche Werbung sehen möchte. Allerdings wurden die meisten Gerichtsverfahren zugunsten der Unternehmen entschieden. Durch den neuen Big Fish Gaming Fall und das zuletzt gesprochene Urteil ist die Hoffnung auf einen positiven Ausgang für die meisten Kläger geweckt worden.

Geht die USA nun doch gegen Social Gambling vor?

Bisher wurde lediglich in Washington ein Streitfall für die Klägerin entschieden. Die Formulierung „etwas Wertvolles“ lässt die „Free-to-play“ Games als Glücksspiele erscheinen. Diese Auslegung trifft jedoch nur für den Bundesstaat Washington zu, es bleibt abzuwarten, wie sich das Recht des Bundesstaates gegen das US-Recht behaupten kann und ob man auch gegen ausländische Unternehmen juristisch vorgehen kann.

Laut aktuellen Statistiken sollen im Jahr 2016 durch „Free-to-play“ Spiele mehr als 3,5 Milliarden Dollar (2,8 Milliarden Euro) weltweit eingenommen worden sein. Derzeit prognostiziert man jährlich ein Wachstum von 10 % für die Branche. In einem der Gerichtsverfahren hieß es bisher:

Die Ähnlichkeit zwischen Glücksspielen auf Mikrotransaktionsbasis und Glücksspielen, die in Casinos zu finden sind, hat dazu geführt, dass Regierungen auf der ganzen Welt eingreifen, um ihre Verfügbarkeit einzuschränken. Leider sind solche Spiele in den Vereinigten Staaten nicht reguliert worden. Infolgedessen haben Tausende von Verbrauchern Millionen von Dollar ausgegeben, um die gesetzeswidrigen Glücksspiele der Beklagten unwissentlich zu spielen.

Diskussionen um Lootboxen oder Pay2Win/Pay2Cheat-Systeme gibt es auch in Deutschland. Jackpot.de macht beispielsweise als Social Casino groß Werbung im TV, StarGames wurde ebenfalls zu einem Social Casino, bei dem man nur noch mit virtuellen Chips spielen kann. Das Auszahlen von Gewinnen ist hier genauso wenig möglich. Vor diesem Hintergrund können die derzeitigen Entwicklungen in den USA durchaus spannend sein, zumal sich die Welt der Gelegenheitsspiele für Mobilgeräte durchaus ändern kann. Es bleibt abzuwarten, wie groß die Tragweite des Urteils wirklich ist.

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