Selbst die ganz Großen der Glücksspielbranche sind hin und wieder wegen unerlaubten Aktionen in Erklärungsnot. So aktuell auch in Schweden, wo die Richter vor kurzem Strafen bis zu 30 Millionen Kronen gegen Mr. Green, Spooniker und ComeOn besiegelt haben. Die Summen waren ursprünglich sogar noch deutlich höher. Es wurde über mehrere Jahre verhandelt. Warum dauert das eigentlich so lange?

Es war einmal im Jahr 2021, als drei der bekanntesten Namen der schwedischen Glücksspielwelt – Mr. Green, Spooniker und ComeOn – plötzlich nicht mehr nur für große Gewinne bzw. hohe Umsätze, sondern auch für heikle Schlagzeilen sorgten. Der Grund? Die schwedische Glücksspielaufsicht Spelinspektionen warf den Marktführern Verstöße gegen die strengen Regulierungsbestimmungen vor.

Wir hatten die Fälle in unserer Berichterstattung aufgegriffen, denn die Aufregung war groß und die Strafen ebenso: Es ging um Summen, die bis zu 100 Millionen Kronen reichten. Das klingt nach einem klaren Fall, oder? Naja, ganz so schnell ging es dann doch nicht. Die betroffenen Anbieter legten Widerspruch ein und plötzlich zog sich die Sache – und zog sich… und zog sich.

Jetzt, rund vier Jahre später, ist endlich der letzte Vorhang gefallen. Der Oberste Verwaltungsgerichtshof Schwedens hat entschieden: Widersprüche: Abgelehnt! Die Urteile stehen – und die Betreiber, sprich Mr. Green, Spooniker und diverse ComeOn-Marken, müssen die von Spelinspektionen verhängten Strafzahlungen leisten. Die Verkündung dieser Entscheidung wurde Ende 2024 veröffentlicht und ließ keinen Raum für Zweifel: Alle Anträge der Glücksspielanbieter wurden abgeschmettert. Allerdings müssen sie weniger zahlen, als ursprünglich angedacht, was die Verantwortlichen sicher als erheblichen Erfolg werten. Aber warum dauern solche Verfahren häufig so lange?

Mr. Green, ComeOn und Spooniker: Strafrabatt ja, aber kein Freispruch

Zwar reduzierte das Gericht die Strafen, ganz aus der Verantwortung stehlen können sich Mr. Green, ComeOn und Spooniker aber nicht. Für alle drei Unternehmen bleibt das Urteil deutlich – und kostspielig.

Mr. Green

Mr. Green wurde im August 2021 mit einer Strafe von 31,5 Millionen Kronen belegt (rund 2,7 Millionen Euro). Die Casino- und Sportwettenprofis aus Malta zeigten laut Ansicht der Richter sowohl im Bereich der Geldwäscheprävention (AML) als auch bei der Sorgfaltspflicht gravierende Mängel.

Man konnte sich dort zumindest über eine ziemlich ordentliche Reduzierung freuen: Im Mai 2024 entschied das Berufungsgericht nämlich, die Strafe auf 13,5 Millionen Kronen (ca. 1,2 Millionen Euro) zu senken: 12 Millionen Kronen für Verstöße gegen die Sorgfaltspflicht und 1,5 Millionen für die AML-Mängel.

Grundlage dieser Entscheidung war eine neue Berechnungsmethode, die vom Obersten Verwaltungsgericht vorgegeben wurde. Ein weiterer Versuch, die Zahlung vollkommen zu umgehen, wurde nun endgültig abgelehnt. Dennoch hat sich das „Warten“ offensichtlich gelohnt.

Ein besonders kurioser Fall rund um Mr. Green ereignete sich übrigens im Sommer 2024: Nach einer fehlgeschlagenen Klage auf die Rückzahlung von Spielverlusten, wurde tatsächlich eine Domain-Pfändung durch die betreffende Spielerin bei Mr. Green genehmigt.

ComeOn und seine Marken

Vier Marken aus dem Hause ComeOn – Snabbare, Hajper, Casinostugan und ComeOn Sweden – versuchten ebenfalls, ihre Strafen anzufechten. Mit gemischtem Erfolg, aber immerhin ebenfalls mit einer mächtigen Differenz zur ursprünglichen Forderung:

  1. Snabbare: Die angesetzten 65 Millionen Kronen (5,6 Millionen Euro) wurden auf 24 Millionen Kronen (2 Millionen Euro) reduziert.
  2. Hajper: Statt der ursprünglichen 50 Millionen Kronen (4,3 Millionen Euro) bleibt eine Zahlung von 14 Millionen Kronen (1,2 Millionen Euro).
  3. Casinostugan: Die Strafe sank von 25 Millionen Kronen (2,1 Millionen Euro) auf 8 Millionen Kronen (etwa 695.000 Euro).
  4. ComeOn Sweden: Statt 35 Millionen Kronen (3 Millionen Euro) muss der Betreiber „nur“ noch 13 Millionen Kronen (rund 1,1 Millionen Euro) zahlen.

Spooniker

Der größte Brocken bleibt bei Spooniker hängen. Die Tochtergesellschaft von Kindred (im Herbst 2024 berichteten wir über einen Milliarden-Deal zwischen der Kindred Group und FDJ) musste sich vor allem wegen illegalen Bonuspraktiken verantworten, die bereits seit März 2020 zurückliegen sollen. Wir haben uns im Dezember 2024 gefragt, ob man einen Casino-Bonus mit Strategie umsetzen und die Gewinnchancen erhöhen kann.

Die einst festgesetzte Strafe von 100 Millionen Kronen (heute etwa 8,6 Millionen Euro) war enorm. Man konnte sie aber geschickt auf 50 Millionen im Jahr 2021 und schließlich auf 30 Millionen Kronen (2,4 Millionen Euro) reduzieren. Doch auch hier wurde der letzte Versuch eines weiteren Einspruchs ohne Wenn und Aber abgelehnt.

Warum dauert es oft so lange?

Wenn es um Millionenstrafen geht, zögern Unternehmen nicht, jeden juristischen Winkelzug auszunutzen – und das manchmal mit beachtlichem Erfolg. Ein Verfahren wie in Schweden zieht sich nicht ohne Grund über Jahre hin.

Doch was passiert hinter den Kulissen? Und warum sind die Strafen am Ende oft deutlich niedriger? Die Antwort liegt in einer Mischung aus juristischer Raffinesse, strategischen Verzögerungen und manchmal auch kuriosen Schlupflöchern.

Im eindeutig illegalen Sektor bleibt selbstverständlich ebenfalls keine Chance und keine noch so absurde Idee ungenutzt, wenn sie Erfolg versprechen: Eines der besten Beispiele dafür bietet die österreichische Automatenbande „Kajot“, die seit Jahren nicht zu fassen ist.

Wie funktionieren solche Verfahren überhaupt?

Der Prozess beginnt mit einer Untersuchung der Regulierungsbehörde, in diesem Fall Spelinspektionen. Werden Verstöße festgestellt – etwa unerlaubte Bonusaktionen oder mangelnde Geldwäscheprävention – verhängen die Glücksspielwächter eine Strafe. Doch das ist nur der Anfang.

Ende 2024 gab die deutsche Glücksspielaufsicht GGL übrigens interessante Einblicke in ihren Kampf gegen illegale Online Casinos im Tagesgeschäft.

Glücksspielunternehmen haben zahlreiche Möglichkeiten, ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

  1. Berufungen in mehreren Instanzen: Nach der Entscheidung der Regulierungsbehörde können die Betroffenen Einspruch einlegen. Dieser wird oft erst auf unterer Gerichtsebene behandelt. Sind die Ergebnisse nicht zufriedenstellend, geht es weiter – bis hin zum Obersten Verwaltungsgericht.
  2. Detailprüfung von Berechnungen: Eine beliebte Taktik ist es, die Berechnungsmethoden der Strafen anzufechten. So geschehen im Fall von Mr. Green, wo die Forderung auf Basis einer neuen Formel deutlich reduziert wurde. Aber auch an anderen Stellen bieten Urteile häufig Details, die es sich für findige Juristen für eine Milderung zu hinterfragen lohnt.
  3. Verzögerungen durch Beweisführung: Glücksspielunternehmen fordern häufig umfassende Akteneinsichten oder stellen Gegenbeweise, die erst geprüft werden müssen. Das kostet Zeit – und oft auch Geduld.

Warum ist Verzögerung eine Strategie?

Für die Glücksspielanbieter ist Zeit gleichbedeutend mit Geld. Während die Verfahren laufen, können sie weiterhin operieren und Umsätze erzielen. Zudem bieten Verzögerungen die Chance, dass sich die öffentliche Wahrnehmung entspannt und das jeweilige Unternehmen möglicherweise strategische Veränderungen vornimmt, die sich positiv auf die Urteilsfindung auswirken können.

Wie reduzieren Unternehmen ihre Strafen?

Die Glücksspielriesen setzen oft auf folgende Taktiken:

  • Neue Compliance-Maßnahmen: Unternehmen wie Spooniker weisen nachträglich nach, dass sie seit der Verstoßfeststellung ihre internen Richtlinien angepasst haben. Dies zeigt „guten Willen“ und führt manchmal zu einer Strafminderung.
  • Verweis auf wirtschaftliche Schäden: Einige Unternehmen argumentieren, dass sie durch zu hohe Strafen in den Ruin getrieben werden könnten – ein Ansatz, der in der Vergangenheit tatsächlich erfolgreich war. Vorausgesetzt ist hier freilich, dass es sich um ein grundsätzlich legales Business handelt, das sich normalerweise nichts zu Schulden kommen lässt (und schon gar nicht vorsätzlich).
  • Abwarten auf neue Präzedenzfälle: Sobald ein Gericht neue Maßstäbe für die Strafbemessung setzt, können Unternehmen frühere Urteile anfechten und ihre Strafen reduzieren lassen.

Solche Fälle sind mehr als reine Juristerei – sie sind ein Schachspiel auf höchstem Niveau. Kein Konzern, sei er noch so finanzstark, wird sich einer Strafe von 100 Millionen Kronen oder 8 Millionen Euro kampflos ergeben.

Stattdessen wird jeder Paragraf umgedreht, jede Lücke ausgelotet und jedes Argument auf den Tisch gebracht, um zumindest eine Reduzierung zu erreichen. In der Glücksspielindustrie ist dies (genauso wie in jeder anderen Branche natürlich auch) weniger eine Sache des Prinzips und mehr eine Frage der wirtschaftlichen Existenz.

Am Ende zeigt sich: Für die Unternehmen lohnt sich der Kampf – und für uns bleibt es spannend, welche Winkelzüge sie beim nächsten Mal auf Lager haben.

Quelle des Bildes: https://pixabay.com/vectors/judge-court-gavel-administration-7246859/

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