Schleswig-Holstein: CDU, FDP und Grüne wollen Online Casinos regulieren
Die regierende Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein spricht sich für eine Regulierung des Online Glücksspiels aus. Am Mittwoch (13. Februar 2019) debattiert der Landtag im Rahmen einer Aktuellen Stunde über das Thema Online Glücksspiel – die Parteien erhöhen derzeit den Druck auf die Ministerpräsidentenkonferenz im März.
In den vergangenen Wochen wurden die Diskussionen um das Verbot von Online Casinos neu entfacht. Vor allem standen Online Casinos in der Kritik, die trotz des Auslaufens der Schleswig-Holstein-Lizenz mit ihr geworben hatten.
Am heutigen Mittwoch debattiert der Landtag Schleswig-Holsteins in einer Aktuellen Stunde über die Regulierung des Online Glücksspielmarktes. Angestoßen wurde das Thema von der Opposition, bestehend vor allem aus der SPD. Die Partei lehnt eine Regulierung des Glücksspiels im Internet weiterhin ab, da die Spielsuchtgefahr durch Online Casinospiele zu groß sei.
Wie ist die Online Glücksspielsituation in dem Bundesland
Im September 2011 hatte die damalige Landesregierung aus FDP und CDU den Online Glücksspielmarkt im Alleingang geöffnet. Es wurden entgegen der Regelungen im Glücksspielstaatsvertrag 48 Konzessionen vom Bundesland für das Online Glücksspiel vergeben. Man trat von dem Staatsvertrag aller 16 Bundesländer folglich zurück.
25 Sportwetten- und 23 Online Casino Lizenzen wurden insgesamt vergeben. Es handelte sich dabei um ein Pilotprojekt. Die Konzessionen waren 2018 komplett gültig und sind erst vor einigen Wochen ausgelaufen.
Durch einen Machtwechsel im Bundesland haben SPD und SSW (Südschleswigscher Wählerverband) das Pilotprojekt nicht weiterverfolgt und sich wieder für den Glücksspielstaatsvertrag ausgesprochen. 2017 wurde die Regierung abgewählt und das Jamaika-Bündnis wurde geschaffen – alle Parteien der Koalition sprechen sich mittlerweile für eine Regulierung des Online Glücksspiels aus.
Neue Diskussionen um die Lizenzen vor einigen Wochen
Kritik kam in der letzten Zeit auf, weil verschiedene Glücksspielanbieter im Fernsehen und auf Plakaten immer noch mit der deutschen Lizenz werben. Sie bieten den Spielbetrieb für deutsche Spieler zudem weiterhin an. Die meisten Glücksspielunternehmen hätten inzwischen eine Verlängerung der Lizenz beantragt, das Innenministerium des Bundeslandes hätte ihnen jedoch eine Absage erteilt:
Diesen Glücksspielunternehmen hat das Innenministerium mitgeteilt, dass ihre Anträge nach derzeitiger Rechtslage keinen Erfolg haben werden. […] Die Unternehmen wurden daher aufgefordert, in Schleswig-Holstein den Betrieb ihres Angebotes und die diesbezügliche Werbung einzustellen.
Das sind die Ausführungen, die ein Sprecher des Innenministeriums gegenüber der dpa gemacht hat. Interessant ist, dass man Sportwettenanbietern die Möglichkeit einer Fristverlängerung eingeräumt hat, bis eine Ablehnung oder Erteilung einer neuen Konzession erfolgt ist. Die bestehenden Lizenzen sollten ihre Gültigkeit behalten, bis eine Entscheidung vorliegt.
NDR 1 Welle Nord berichtet aktuell, dass den Online Casinos eine Duldungsfrist für eine Übergangszeit gewährt werden soll. Schleswig-Holstein ist an einer gesamtdeutschen Lösung interessiert, da mittlerweile andere Bundesländer ebenfalls für die Regulierung des Online Glücksspielmarktes sind (Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen). Man möchte aber scheinbar in Schleswig-Holstein, dass der derzeitige Online Spielbetrieb nicht darunter leidet. Die Lizenzen sollen deshalb übergangsweise weiterhin geduldet werden.
Ende Januar 2019 gab es bei einer Konferenz der Chefs der Staats- und Senatskanzleien für einen Kompromissvorschlag der Landesregierung keine Mehrheit. Der Kompromiss umfasst eine Verlängerung der Lizenzen bis Ende Juni 2021 – dann läuft der aktuelle Glücksspielstaatsvertrag aus. Eine neue Regelung sollte bis dahin getroffen sein.
Finanzielle Bilanz der Konzessionen
Die finanzielle Bilanz der Landeseinnahmen aus dem Online Glücksspiel fällt derzeit sehr nüchtern aus. Man hatte sich eigentlich 50 bis 60 Millionen Euro pro Jahr an zusätzlichen Steuereinnahmen für das Bundesland erhofft. Seit 2012 habe das Land aber insgesamt lediglich rund 10 Millionen Euro eingenommen.
Neben den Steuern für die Lizenzen müssen Betreiber auch Mehrwertsteuer zahlen. Von den Einnahmen erhält das Land aber nur einen Bruchteil, der größte Teil geht an den Bund. Die genaue Summe ist den Ministerien des Landes derzeit leider nicht bekannt.
Kritik kommt in Schleswig-Holstein vor allem von der SPD
Der SPD-Fraktionschef Ralf Stegner spricht sich weiterhin für den Glücksspielstaatsvertrag aus und kritisiert den Sonderweg des Bundeslandes. Die Haltung sei nicht klug. Er wirft den Parteien der Jamaika-Koalition sogar vor, „die Glücksspiel-Zockerbranche zu hätscheln“.
Für ihn ist es untragbar, dass die Unternehmen trotz abgelaufener Lizenz weiterhin für die Angebote werben und auch das Landeswappen Schleswig-Holsteins dafür nutzen.
Stegner hat heute in der Aktuellen Stunde die Politik der Regierung kritisiert. Sie blockiere die bundesweite Regelung im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrags. Er warf der Koalition vor:
Das ist Chaospolitik, das fördert die Anarchie im Lande.
Die meisten Parteien Schleswig-Holsteins sind für eine Liberalisierung
CDU, FDP und Grüne sind sich in Sachen Online Glücksspiel in Schleswig-Holstein einig. So sieht beispielsweise der FDP-Fraktionschef Christopher Vogt die Verbotspolitik für gescheitert. Nach seinen Angaben spielen fünf Millionen Menschen in Deutschland Online Poker und der Markt wachse weiter. Daher formulierte er recht scharf gegen die Ansichten der SPD:
Deswegen ist es nicht der richtige Weg - wie die SPD es will - dieses weiter dem Schwarzmarkt zu überlassen.
Die Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben sieht als Hauptziel einer Regulierung den möglichst hohen Spielerschutz. Dennoch beschreibt sie die derzeitige politische Situation wie folgt:
Die Situation ist ausgesprochen konfus, aber nicht innerhalb der Jamaika-Koalition.
Selbst der SSW-Fraktionschef Lars Harms ist mittlerweile auf der Seite der Regierungskoalition. Nur durch eine Regulierung können neue Lizenzen vergeben werden, die den Spielerschutz sicherstellen. Gegenüber den Medien sagte er:
Anbieter, die von Malta oder aus der Karibik heraus agieren, kümmern sich nämlich nicht um Spielerschutz.
Dirk Schrödter ist Chef der Staatskanzlei und leitet die Behörde des Ministerpräsidenten Daniel Günther. Er resümierte, dass zwischen 2014 und 2017 der unregulierte Glücksspielmarkt in Deutschland um über 80 % gewachsen sei, was den Bruttospielertrag angehe (Gewinne der Casinos abzüglich der Auszahlungen an Spieler). Der Spieler- und Jugendschutz wird laut seiner Auffassung derzeit nicht sichergestellt. Insgesamt spricht er sich deshalb für einheitliche Regelungen beim Online Glücksspiel für ganz Deutschland aus:
Wir brauchen deshalb bundesweit eine geordnete und an den völlig unstrittigen Zielen des Staatsvertrages ausgerichtete Regulierung des gesamten Glücksspielmarktes in Deutschland.
Schleswig-Holstein droht Ministerpräsidentenkonferenz mit neuem Sonderweg
Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Hans-Jörn Arp, hat bereits klargestellt, dass die Jamaika-Koalition mit dem SSW an einem neuen Glücksspielgesetz arbeite. Wenn es im März bei der Ministerpräsidentenkonferenz keine Einigung gebe, könne man im Frühjahr mit der Lesung eines ersten Gesetzentwurfes beginnen. Dieser solle dann auch vom SSW unterstützt werden.
Der Staatskanzlei-Chef Schrödter stellte dennoch klar, dass man eine dauerhafte und sinnvolle Regulierung in ganz Deutschland erreichen möchte. Trotzdem zieht man bis dahin auch qualifizierte Zwischenschritte in Erwägung. Dabei verlässt man sich wohl besonders auf die technischen Systeme zur Überprüfung der Anbieter. Schrödter sagte dazu:
Wir können mit unserem System Transaktionen von Unternehmen sowie Spielern überwachen und bei Bedarf eingreifen. Dieses System wollen wir für uns weiter sichern.
Fazit: Regulierung wird als Thema immer wichtiger
Der Spieler- und Jugendschutz ist bei allen Politikern ein großes Thema. Dabei ist der Spielerschutz beim Offline Glücksspiel in Deutschland nicht besonders gut gelöst. Es gibt bisher nur ein einheitliches Sperrsystem für Spielbanken. Das Sperrsystem für Spielhallen wurde vom Bundesland Hessen entwickelt, ist aber noch immer auf das Bundesland dort beschränkt.
Limits gibt es in Spielbanken gar nicht – man kann so viel einsetzen, wie man möchte. In der Regel wird man auch nur zum Gehen aufgefordert, wenn die Spielbank schließen möchte. Nebenbei kann man auch Alkohol erwerben, was den Spieltrieb zusätzlich steigern kann, sodass teilweise noch mehr Geld verspielt wird. Der Spielerschutz ist folglich ebenfalls hier sehr fragwürdig.
Die meisten Mitarbeiter in Spielhallen und Spielbanken interessieren sich kaum für den Spielerschutz. Matthias hat mir sogar berichtet, dass trotz der neuen TR 5.0 Automaten ihm das Spielen mehrerer Automaten zeitgleich erlaubt wurde (er war vor Kurzem einmal wieder zu Besuch in Deutschland). Die Bedienung einer "renommierten" Berliner Spielothek hatte ihm erlaubt, an mehreren Automaten gleichzeitig zu spielen, obwohl manche Maschinen erst mit PIN-Code freigeschaltet werden mussten. Da ihm das Rüberbuchen zu aufwendig war, hat das Spielotheken-Personal sogar beim Buchen geholfen, damit er besser spielen kann. Das Personal versucht folglich die Nachteile der neuen TR 5.0 Regeln zu umgehen.
Dass der Spieler- und Jugendschutz in der Gastronomie bei den Geldspielgeräten eine Katastrophe ist, hatte die Drogenbeauftragte Marlene Mortler 2017 bereits vorgestellt. Damals waren bei mehr als 90 % der Betriebe die Automaten für Kinder frei zugänglich.
Einige Politiker schreiben sich zwar immer den Spielerschutz auf die Fahne, in Deutschland ist er aber in Spielhallen und Spielbanken kaum vorhanden. Es stellt sich für mich die Frage, warum man bisher nichts gegen die offensichtlichen Probleme unternommen hat, wenn es ein so großes Thema darstellt.
Es ist unbegreiflich, warum Deutschland noch keine bundesweite Regulierungsbehörde aufgebaut hat, die den Spielbetrieb und die gesetzlichen Vorgaben beim Offline sowie Online Glücksspiel überwachen kann. Die britische Gambling Commission macht letztlich vor, wie man den Online Glücksspielmarkt regulieren kann. Ab Mai 2019 soll es dort zu weiteren Verschärfungen der Regeln beim Online Glücksspiel kommen.
Es bleibt am Ende also die Frage: Warum kann Deutschland nicht endlich das Glücksspiel wirklich in Sachen Spieler- und Jugendschutz regulieren? Warum spricht man nur von möglichen Gefahren und findet keine Möglichkeiten, diesen entgegenzuwirken?
Bildquelle: Landeshaus Schleswig Holstein31908767 - Landeshaus Schleswig Holstein © Marco2811
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2 Kommentare zu: Schleswig-Holstein: CDU, FDP und Grüne wollen Online Casinos regulieren
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16.02.2019 um 04:01 UhrRasmik12
13.02.2019 um 18:41 UhrUnsere Community lebt von deinem Feedback – also, mach mit!
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