Das Glücksspiel ist ein interessantes und wichtiges Forschungsfeld. Gerade die Verbreitung und (mögliche) Probleme sind regelmäßig Gegenstand spezifischer Erhebungen. So auch in der Schweiz, wo vor kurzem eine Studie veröffentlicht wurde, nach der recht stattliche 67 Prozent der Bürger in ihrem Leben bereits entsprechende Angebote genutzt haben. Präzise auf das Untersuchungsjahr bezogen ist die Menge zwar etwas geringer, aber immer noch erheblich größer als die vergleichbare Zahl in Deutschland. Die Tendenzen für gefährliches Spielverhalten sind in beiden Ländern ähnlich – trotz unterschiedlicher Spielerschutzansätze.

Der Glücksspielsektor ist auch in der Schweiz ein zentrales Forschungsfeld, das durch die hohe Teilnahmequote und die möglichen gesellschaftlichen Implikationen zunehmend an Bedeutung gewinnt. Eine kürzlich veröffentlichte Studie mit dem Titel „Geldspiel: Verhalten und Problematik in der Schweiz 2022“, durchgeführt im Auftrag der Eidgenössischen Spielbankenkommission (ESBK) und der interkantonalen Geldspielaufsicht (Gespa), liefert neue Erkenntnisse über das Spielverhalten der Bevölkerung. Mit der Untersuchung betraut war das Schweizer Institut für Sucht- und Gesundheitsforschung (ISGF), das mit einem präzisen und detaillierten Ansatz auch tiefere Verhaltensmuster beleuchtet.

Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass 63,7 Prozent der Befragten mindestens einmal an Geldspielen teilgenommen haben. Das ist ein bemerkenswert hoher Anteil im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Die Studie geht dabei aber weit über einfache Teilnahmezahlen hinaus und analysiert zum Beispiel auch spezifische Präferenzen und die Risikogruppenverteilung.

Auffällig ist die Tatsache, dass in der Schweiz bezogen auf ein Jahr offenbar mehr Personen regelmäßig am Glücksspiel teilnehmen als in Deutschland. Das macht der Vergleich zum Glücksspielsurvey 2023 deutlich. Ein weiteres Ergebnis zeigt, dass die Gesamtheit risikoreichen Spielverhaltens im Untersuchungszeitraum trotz der hohen Teilnahmequote nicht signifikant größer ausfällt: Ein Hinweis darauf, dass das Schweizer Modell der Spielsuchtprävention möglicherweise wirkungsvoll greift. Die Ergebnisse bieten daher interessante Einblicke und lassen Raum für die Frage, inwieweit ähnliche Maßnahmen auch in Deutschland sinnvoll sein könnten.

Hinweis: Natürlich muss man bei der Betrachtung der Zahlen bedenken, dass die methodischen Ansätze der Schweizer Studie und des Glücksspielsurvey nicht identisch sind. Beispielsweise wurden für den Survey rund 12.000 Menschen befragt und für die Schweizer Erhebung mehr als 18.000. Auch die Untersuchungszeiträume und einige Betrachtungspunkte weichen ab. Diese und weitere Details führen dazu, dass ein absoluter Vergleich kaum möglich ist. Dennoch lassen die Zahlen gewisse Schlüsse hinsichtlich des Spielverhaltens und der Effektivität von Schutzmaßnahmen zu.

Die Schweizer scheinen mehr zu spielen als die Deutschen, haben aber ähnliche Favoriten

Die zugrundeliegenden Daten der Schweizer Studie stammen aus der Schweizerischen Gesundheitsbefragung 2022 des Bundesamts für Statistik (BFS). Der Vergleich zu Deutschland wird hier auf Basis des Glücksspielsurvey gezogen. Beide Datensammlungen offenbaren interessante Erkenntnisse über die Vorlieben und Nutzungsmuster der Spieler. Übrigens stand der Glücksspielsurvey hierzulande bereits stark in der Kritik.

In der Schweiz gab knapp die Hälfte der Befragten (44,5 Prozent) an, im Untersuchungszeitraum an Glücksspielaktivitäten teilgenommen zu haben, was auf eine weit verbreitete Akzeptanz solcher Angebote hindeutet.

  • Besonders beliebt sind in der Schweiz Lotterien, die 39,4 Prozent der Spieler als favorisierte Option wählen. Dieser hohe Anteil ist sicher auf die erhebliche Präsenz im Alltagsleben und die starke kulturelle Verankerung zurückzuführen.
  • Tischspiele wie Poker und Blackjack ziehen ebenfalls eine solide Spielerschaft an (6,2 Prozent) – vor allem in landbasierten Schweizer Casinos. Viele Schweizer Spielbanken sind im Internet aktiv.
  • Automaten (4,5 Prozent) und Sportwetten (4,1 Prozent) erreichen eine konstante, aber kleinere Gruppe.

Im Vergleich dazu ist das Spielverhalten in Deutschland insgesamt etwas zurückhaltender: 36,5 Prozent der Befragten nahmen im Betrachtungsjahr an einem Glücksspiel teil.

  • Auch bei uns stehen Lotteriespiele im Vordergrund: LOTTO 6aus49 und der Eurojackpot sind mit 19,8 Prozent bzw. 13 Prozent die beliebtesten Optionen.
  • Andere Spielformen wie Sportwetten erreichen mit 2,5 Prozent und Live-Wetten mit 1,1 Prozent eine vergleichsweise geringere Beteiligung.
  • Ein auffälliges Detail ist die weitaus geringere Popularität von Geldspielautomaten und Online-Automatenspielen in Deutschland, die nur 1,9 Prozent bzw. 0,5 Prozent der Spieler nutzen (das nur am Rande: Wetten auf Pferderennen sind in Deutschland mit 0,4 Prozent fast so stark wie Slots). Diese Werte hängen möglicherweise mit den restriktiveren deutschen Vorschriften und einer differenzierten gesellschaftlichen Wahrnehmung dieser Glücksspielarten zusammen.

Die Abweichungen beim risikoreichen und krankhaften Spielverhalten sind gering

Trotz den deutlich abweichenden gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz und in Deutschland sind die Unterschiede beim risikoreichen bzw. krankhaften Spielverhalten überraschend gering.

In der Schweiz gelten weniger strikte Einschränkungen: Hier können Spielende täglich gut und gerne 10.000 Franken einzahlen oder mehrere hundert Franken setzen, wohingegen die Grenze in Deutschland bei 1.000 Euro als monatliche Einzahlung bzw. 1 Euro als Max-Bet liegt. Schweizer Nutzer müssen zudem kaum Spieleinschränkungen hinnehmen: Jackpot-Games oder Live-Casinos sind in jedem regulierten Online Casino zu finden. Auch die in Deutschland vorgeschriebene fünfsekündige Drehpause bei Automatenspielen bzw. die 5-Sekunden-Regel oder das Autoplay-Verbot sind kein Thema in der Schweiz.

Dennoch bleibt der Anteil der Spieler mit riskantem oder pathologischem Verhalten auf einem ähnlichen Niveau:

  1. Laut der Schweizer Studie von ESBK und Gespa weisen 5,8 Prozent der befragten Spielenden ein risikoreiches Verhalten auf und 0,8 Prozent erfüllen die Kriterien für ein krankhaftes Spielverhalten.
  2. In Deutschland hingegen liegt der Anteil derer mit riskantem Spielverhalten bei 6,1 Prozent, während 0,7 Prozent akut gefährdet zocken.

Diese beinahe identischen Werte deuten darauf hin, dass eine strenge Regulierung nicht zwangsläufig zu niedrigeren Raten problematischen Spielverhaltens führt, was wiederum auf die Wirksamkeit der Schweizer Präventionsmaßnahmen hinweisen könnte.

In diesem Zusammenhang ebenfalls spannend: Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis betrifft die Häufigkeit des Spielens und die investierten Beträge. In der Schweiz zeigt sich eine rückläufige Entwicklung bei der Gruppe der sogenannten Häufig-Spielenden, die monatlich mindestens eine Form des Glücksspiels ausüben.

  • Der Anteil sank von 16,4 Prozent im Jahr 2017 auf 14,5 Prozent im Jahr 2022.
  • Zusätzlich bleiben die Ausgaben für Glücksspiele bei der Mehrheit der Nutzer gering: Fast die Hälfte der Teilnehmenden gibt weniger als 10 Franken monatlich aus – und 37 Prozent liegen zwischen 10 und 99 Franken.

Das spricht für eine relativ moderate Risikoeinschätzung und zeigt, dass viele Spielende in der Schweiz auch bei liberalen gesetzlichen Vorgaben verantwortungsvoll mit Glücksspiel umgehen.

Besonders hervorzuheben ist letztlich auch die hohe Kanalisierungsrate im Online-Segment: Während in vielen Ländern die Teilnehmenden vermehrt zu ausländischen Anbietern abwandern, nutzen nur 0,8 Prozent der Schweizer Glücksspielenden internationale Plattformen. Dies wird unter anderem auf das IP-Blocking und die zielgerichtete Präventionsarbeit zurückgeführt, die darauf abzielen, die Schweizer Bevölkerung im regulierten Markt zu halten. Die hiesige Glücksspielbehörde meldete vor kurzem einen Höchststand bei den gesperrten Casinos in der Schweiz. Interessanterweise zeigt sich dabei eine leicht höhere Risikobereitschaft im Online-Spiel bei inländischen Casinos (37,6 Prozent), verglichen mit internationalen Anbietern (35,2 Prozent).

Die Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK) bestätigt in einem Statement, dass die Schweiz im europäischen Vergleich mit den Anteilen risikoreicher und pathologischer Spielender im mittleren bis unteren Bereich liegt.

Fazit

Die Untersuchung von ESBK und Gespa zeigt, dass das Glücksspiel in der Schweiz weit verbreitet ist – es wird tendenziell mehr gezockt als in Deutschland. Über die Landesgrenzen hinweg sind in beiden Ländern ähnliche Präferenzen und Verhaltensmuster erkennbar. Zwar bietet die Schweiz den Spielern mehr Freiheiten wie höhere Einsätze oder Zocken ohne Pause, doch das risikoreiche bzw. krankhafte Spielverhalten bleibt auf einem vergleichbaren Niveau wie in Deutschland.

Trotz methodischer Unterschiede in den Studien liefern die Ergebnisse interessante Denkanstöße: Die Wirksamkeit des schweizerischen Modells könnte Hinweise darauf geben, wie verantwortungsvolles Spielen auch in einem weniger restriktiven Umfeld gefördert werden kann und Anregungen für die Weiterentwicklung der deutschen Regulierung bieten. Übrigens deutet eine Umfrage von GambleJoe aus dem letzten Jahr darauf hin, dass die Wirkung der aktuellen Spielerschutzmaßnahmen in Deutschland fraglich ist.

Quelle des Bildes: Screenshot von https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/90279.pdf

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