Liechtensteiner Spielbank in Jericho im Westjordanland ist keine Goldgrube mehr
Ein Unternehmen aus Liechtenstein hatte 1998 in Jericho im Westjordanland ein Casino eröffnet. In den Zeiten der Entspannung handelte es sich um eine echte Goldgrube. Inzwischen haben sich die Bedingungen geändert. Der Betreiber verklagt die palästinensischen Behörden vor einem Schweizer Bundesgericht – eine Konzession bis 2028 und Zahlungen von 1,46 Milliarden Dollar (1,3 Milliarden Euro) mit Zinsen stehen im Raum.
1996 hatte der österreichische Unternehmer Martin Schlaff (mit seiner Firma Robert Placzek AG war er vor allem für den Osthandel mit der DDR bekannt) die Idee, ein Casino im Westjordanland zu eröffnen. Es sollte auf palästinensischem Gebiet stehen. Ende der 90er-Jahre entspannte sich der Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis, bessere Zeiten schienen vor den beiden Interessensgruppen zu liegen.
In Israel ist zudem das Glücksspiel aus religiösen Gründen verboten. Dennoch hatten über die Jahre viele Israelis das Bedürfnis nach dem Glücksspiel in Form von Roulette oder Blackjack. Zumal man krampfhaft nach Investoren für die palästinensischen Gebiete suchte. Am 15. September 1998 wurde das Casino Oasis in Jericho gegründet. Neben einem Flüchtlingslager und kurz vor kilometerlanger Wüste entstand das Casino mit verspiegelten Glasscheiben und einem Luxushotel.
Wer finanzierte den Bau der Spielbank in Jericho?
Der Geschäftsmann Martin Schlaff holte zur Finanzierung des neuen Zockerparadieses die österreichische Bank BAWAG mit ins Boot. Über eine Stiftung erhielt er dann Anteile an dem Casino. Ferner waren der Glücksspielkonzern Casinos Austria und eine Gesellschaft der palästinensischen Behörden an der Ausgestaltung beteiligt.
Sofort nach der Eröffnung 1998 kamen die Gäste in Strömen. 2.000 bis 3.000 Gäste zählte das Casino täglich. Mehr als 1.800 Angestellte hatte die Spielbank im gesamten Komplex. Im Vergleich dazu sollte man hier die erfolgreichste deutsche Spielbank in Berlin erwähnen. An 4 Standorten in der Hauptstadt arbeiten knapp 500 Mitarbeiter und durchschnittlich besuchen 1.500 Gäste pro Tag die Spielstätten. Der Besucherstrom in Jericho war folglich deutlich größer.
Der Tagesumsatz in Jericho soll in den besten Zeiten bei 700.000 Dollar (rund 627.000 Euro) gelegen haben. Der operative Gewinn lag wohl bei 190 Millionen Dollar (rund 170 Millionen Euro). Die Investoren wollten für weitere 300 Millionen Dollar (270 Millionen Euro) ein zweites Casino mit Shops, Restaurants und einen Golfplatz errichten. Der beginnende Krieg vereitelte jedoch die Pläne.
Zerstörung während der zweiten Intifada
Im Jahr 2000 endete der Spielbetrieb im Casino, als eine Rakete der israelischen Armee die Spielbank getroffen hatte. Der wirtschaftliche Ruin wurde jedoch eingeleitet, da den Bürgern Israels aus Sicherheitsgründen das Betreten des Westjordanlandes verboten wurde. 95 % der Gäste konnten nicht mehr kommen, die Goldgrube versiegte. Das Hotel blieb noch geöffnet. Es wurde erst 2012 geschlossen.
Neuauflage wurde 2012 gefordert
Die Betreibergesellschaft hatte im März 2012 eine neue Lizenz für den Betrieb des Casinos und Hotels gefordert. Inzwischen hatte jedoch die palästinensische Autonomiebehörde die Gesetze Jordaniens übernommen. In Jordanien ist das Glücksspiel jedoch verboten. 1,5 Jahre passierte daraufhin nichts. In der Folge klagte der Betreiber gegen die Regierung im Westjordanland. Ein Züricher Schiedsgericht musste inzwischen über den Fall entscheiden. 1996 hatte man Zürich als Gerichtsort für Rechtsstreitigkeiten vertraglich vereinbart.
Seitens der Casinobetreiber verlangte man eine Glücksspiellizenz bis 2028. Außerdem sollte die palästinensische Autonomiebehörde 1,46 Milliarden Dollar (1,3 Milliarden Euro) inklusive Zinsen zahlen. Die Palestinian Commercial Services Company, welche von der Autonomiebehörde kontrolliert wird, war an dem Verfahren beteiligt.
Schiedsgericht entschied gegen den Betreiber
Das Schiedsgericht in Zürich wies die Klage ab. Als Grund gab man das geltende Glücksspielverbot in dem palästinensischen Gebiet an. Ferner wurde in dem Vertrag von 1996 erwähnt, dass Handlungen anderer Staaten und Krieg von der Haftung ausgeschlossen sind.
Der eigentliche Casinobetreiber mit Sitz in Liechtenstein möchte diesen Schiedsspruch unterdessen nicht anerkennen. Das Schweizer Bundesgericht hatte den Schiedsspruch aufgehoben, weil man nicht geprüft hatte, ob die Vergabe einer separaten Hotellizenz nicht doch zulässig ist. Das Schiedsgericht ist davon ausgegangen, dass die Glücksspiel- und Hotellizenz als Paket vergeben werden.
Die Züricher Schiedsrichter haben Mitte Juli 2019 ein neues Urteil gesprochen. Es wurde aber wieder nicht geprüft, ob man eine separate Hotellizenz vergeben sollte. Daraufhin gaben die Betreiber den Schiedsspruch ebenfalls an das Bundesgericht weiter, welches das Urteil wieder zurücknahm. Das Bundesgericht urteilte, dass sich das Schiedsgericht über den bundesgerichtlichen Rückweisungsentscheid hinweggesetzt habe.
Die Kosten von 160.000 Franken (rund 145.500 Euro) für das neue Verfahren muss im Übrigen die Palestinian Commercial Services Company übernehmen. Das Schiedsgericht soll also zum dritten Mal ein Urteil sprechen.
Casino in Jericho war immer wieder Spielball von europäischen Unternehmen
Im Jahr 2007 spielte das Oasis Casino in Jericho bereits eine Rolle in einem Gerichtsprozess. Bei der sogenannten BAWAG-Affäre ging es um die Verlustgeschäfte der Bank des österreichischen Gewerkschaftsbundes. Die österreichische Bank für Arbeit und Wirtschaft AG (BAWAG) wurde in der Folge vom Gewerkschaftsbund verkauft. Der Gewerkschaftsbund verschuldete sich während des Skandals um 2 Milliarden Euro – die Bank wurde komplett an den US-Fonds Cerberus Capital Management verkauft, damit der Österreichische Gewerkschaftsbund keine Insolvenz anmelden muss.
In der Folge wurden einige Prozesse gegen das Management geführt. Teilweise musste es sich wegen Untreue und Bilanzfälschung verantworten. Während der Prozesse kam ebenfalls heraus, dass die BAWAG ihre Anteile am Oasis Casino von 5 Millionen auf 120 Millionen Euro aufgewertet hatte, obwohl das Casino geschlossen war. Damit sollten Verluste in anderen Bereichen verdeckt werden.
Dem Milliardär Martin Schlaff, der die Idee für das Casino hatte, wurde mehrmals vorgeworfen, israelische Politiker geschmiert zu haben. Man vermutet, dass die Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Casino in Jericho stehen. Ihm wurde in der Vergangenheit vorgeworfen, dass er der Familie Sharon 4,5 Millionen Dollar überwiesen hätte. Offiziell bestätigt wurde der Vorwurf nicht. Sein Vater wurde 2010 in Israel beerdigt. Schlaff war nicht anwesend, da die Polizei angekündigt hatte, ihn bei der Einreise zu verhören. Der Milliardär stellte sich nicht, wies aber alle Vorwürfe zurück. Das Verfahren wurde inzwischen eingestellt.
Seit 18 Jahren ist das Oasis Casino in Jericho geschlossen. Es scheint, als würde es die Pforten nie wieder öffnen. Was die Betreiber mit dem Rechtsstreit bezwecken, bleibt fraglich.
Bildquelle: Fotolia 278357465 - Sun only over the city of Jericho © iphotographer62
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3 Kommentare zu: Liechtensteiner Spielbank in Jericho im Westjordanland ist keine Goldgrube mehr
Kommentar verfassenwettibernd
28.07.2019 um 12:03 UhrAnonym
Christoph
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