Eines der erklärten Hauptziele eines jeden Glücksspiellizenzsystems liegt darin, möglichst viele Nutzer dazu zu bringen, genau die Casinos, Wettanbieter, Lotterien etc. in Anspruch zu nehmen, die im jeweiligen Land genehmigt sind. Damit ist die sogenannte Kanalisierungsquote oder –rate, die zeigt, wie hoch dieser Anteil ausfällt, einer der wichtigsten Indikatoren für den Erfolg oder eben Misserfolg eines Regulierungsvorhabens. So auch in den Niederlanden, wo aktuell neue Zahlen herausgegeben wurden, nach denen mehr als ordentliche 87 Prozent der Spieler legal zocken.

Eine nachweisliche Kanalisierungsrate von 87 Prozent würde für die deutschen Behörden vermutlich eine mehr als erfreuliche Nachricht bedeuten. Hierzulande liegen zwar durchaus entsprechende Schätzungen vor, diese fallen allerdings alles andere als positiv aus. Der Deutsche Online Casinoverband (DOCV) ging Ende 2023 davon aus, dass „mindestens drei Viertel des Online-Glücksspielumsatzes im Schwarzmarkt generiert werden“. Demnach läge der Kanalisierungserfolg bei schmalen 25 Prozent. Im Zwischenbericht zur Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrags von 2021 kommt man zwar zu dem Schluss, dass es gelungen sei, eine lizenzierte Umgebung zu schaffen. Konkrete Zahlen werden allerdings nicht genannt.

Bei unseren Nachbarn, den Niederländern, sieht die Sache etwas anders aus: Dort scheint schon seit längerer Zeit festzustehen, dass die Öffnung des Markts für private Glücksspielunternehmen ein echter Erfolg ist. Wie wir bereits in unserem Artikel zu einem möglichen Komplettverbot von Glücksspielwerbung und Slots in Holland aufgegriffen haben, geht die Regulierungsbehörde Kansspelautoriteit (KSA) davon aus, dass das Land eine Kanalisierungsrate von 90 Prozent und mehr hat.

Eine aktuelle niederländische Studie, die sich mit Besuchen von Spielern auf legalen und illegalen Seiten befasst, kommt sogar auf eine Kanalisierung von 95 Prozent. Die Daten zu den Ausgaben und Einnahmen einer anderen Untersuchung deuten hingegen darauf hin, dass die Quote bei 87 Prozent liegt. In jedem Fall ist das primäre Ziel einer 80-prozentigen Nutzung legaler Angebote, das 2021 im Zuge der Neuregulierung ins Auge gefasst wurde, klar erreicht. Die KSA-Zahlen zeigen zudem einige andere interessante Sachverhalte des niederländischen Markts auf.

Unterschiedliche Betrachtungen bringen verschiedene Kanalsierungsquoten: Die Tendenz scheint jedoch positiv

Die KSA veröffentlichte im Oktober 2024 zwei neue Berichte, die das Verhalten der Spieler und die Umsatzentwicklung im niederländischen Glücksspielsektor analysieren. Interessanterweise führen verschiedene Methoden zu unterschiedlichen Einschätzungen der Kanalisierungsrate – einer der wichtigsten Kennzahlen, um den Erfolg von Glücksspielregulierungen zu bewerten.

  1. Die erste Erhebung, durchgeführt vom Marktforschungsunternehmen GfK, schätzt die Kanalisierung auf durchaus beeindruckende 95 Prozent. Dieser Wert basiert auf der Analyse der Spielerbesuche und zeigt, dass fast alle Nutzer im ersten Halbjahr 2024 ausschließlich auf legale Glücksspielseiten zugriffen. Das lässt vermuten, dass sich die Mehrheit der Spieler an die legale Infrastruktur hält, was für deren Attraktivität und Zugänglichkeit spricht.
  2. Ein zweiter Ansatz, basierend auf Daten von H2 Capital, betrachtet jedoch nicht nur die Besuche, sondern auch die Einnahmen und Ausgaben sowohl auf legalen als auch illegalen Glücksspielseiten. Hier fällt die Kanalisierungsrate auf 87 Prozent ab. Der Grund für diesen Unterschied liegt darin, dass auf illegalen Plattformen oft höhere Summen gesetzt werden, so die Annahme. Spieler, die sich für unregulierte Anbieter entscheiden, geben tendenziell mehr Geld aus, da es auf solchen Plattformen oft weniger strenge Regeln gibt. Das ermöglicht höhere Gewinne, gleichzeitig aber auch größere Verluste.
Kritisch ist, dass laut KSA die Kanalisierungsrate sogar noch niedriger ausfallen könnte, da H2 Capital nur jene illegalen Betreiber berücksichtigt, die außerhalb der Niederlande lizenziert sind. Unternehmen, die gänzlich ohne Lizenz agieren, bleiben in der Berechnung unberücksichtigt, was darauf hindeutet, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil des illegalen Marktes schwer zu erfassen ist.

Der Reiz der Nutzung illegaler Glücksspielanbieter ist in jedem Fall nicht unerheblich: Mehr Auswahl, Anonymität, höhere potenzielle Gewinne oder einfach die vermeintliche Freiheit von gesetzlichen Einschränkungen sind starke Anziehungspunkte für manche Spieler. Gleichzeitig zeigt sich jedoch, dass eine gut regulierte, transparente und attraktive legale Glücksspielinfrastruktur – wie sie in den Niederlanden offensichtlich vorhanden ist – viele dieser Menschen dennoch ins legale Umfeld kanalisiert.

Die Balance zwischen strenger Regulierung und der Bereitstellung attraktiver legaler Alternativen bleibt daher ein Schlüssel zum Erfolg, auch wenn ein Teil der Spieler sich weiterhin in den riskanteren Graubereich begibt. Trotz der unterschiedlichen Berechnungen präsentiert sich die Kanalisierungsrate stabil bei mindestens 87 Prozent, was als Erfolg für die niederländische Glücksspielregulierung gewertet werden kann.

Interessante Marktverteilung: Die Niederländer spielen gerne vor Ort

Gemeinsam mit der Betrachtung der Kanalisierungserfolge zeichnet der Market Scan 2024 einen umfassenden Überblick der Ausprägung des niederländischen Glücksspielsektors. Dabei zeigt sich eine interessante Verteilung.

  • Online vs. Offline: Während Onlineangebote in den letzten Jahren stark gewachsen sind, bleibt das landbasierte Glücksspiel weiterhin ein dominanter Faktor. Die Gesamteinnahmen der Casinos vor Ort machen 61 Prozent aller Erlöse aus. Online Casinos kommen hier auf etwa 27,25 Prozent oder 1,09 Milliarden Euro. Trotz des Wachstums der Online Casinos um beeindruckende 34 Prozent (311 Millionen Euro) im Vergleich zum Vorjahr, konnte das landbasierte Glücksspiel ebenfalls zulegen, wenn auch moderater mit einem Anstieg von 19 Prozent (250 Millionen Euro).
  • Einsatzvolumen: In Bezug auf die Pro-Kopf-Ausgaben zeigt der Bericht unter Verwendung von Daten von H2 Capital, dass niederländische Erwachsene im Durchschnitt 272 Euro für Glücksspiele ausgeben. Damit liegen sie unter dem EU-Durchschnitt von 339 Euro. Die Niederlande positionieren sich knapp vor Irland, aber hinter Finnland, Frankreich und Dänemark. Die Gesamtbruttospielerträge für 2024 zeigen bereits einen positiven Trend. Für das erste Halbjahr 2024 wurden 752 Millionen Euro erreicht, was einem Anstieg von 8 Prozent im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2023 entspricht. Diese Entwicklung unterstreicht die weiterhin wachsende Dynamik, sowohl im Online- als auch im landbasierten Bereich.
  • Sportwetten: Ein weiteres bemerkenswertes Detail ist, dass Sportwetten, obwohl sie in den Niederlanden nur einen kleinen Teil des gesamten Glücksspielwettbewerbs ausmachen, seit der Liberalisierung 2021 stark gewachsen sind. Der Anteil am Gesamtmarkt beträgt lediglich 9 Prozent – und bei Betrachtung der Online-Einnahmen fällt er sogar auf 7 Prozent. Trotz dieses kleinen Beitrags verzeichneten Sportwetten im Jahr 2023 ein Umsatzwachstum von 9,7 Prozent, was insgesamt 349 Millionen Euro entspricht. Dabei dominiert der Online-Bereich deutlich, da 83 Prozent der gesamten Einnahmen aus dem digitalen Raum stammen, während landbasierte Sportwetten nur 17 Prozent beisteuerten. Das dürfte darin begründet sein, dass hiesige Wettlokale nur durch zwei Monopolanbieter, Zeturf und TOTO Winkel, betrieben werden dürfen.
  • Lotto: Lotterien haben in den Niederlanden – ähnlich wie in Deutschland, wo jedes Jahr weit mehr als 100 neue Lottomillionäre gemacht werden – weiterhin einen bedeutenden Anteil am Glücksspielmarkt. Im Jahr 2023 betrug er 30 Prozent, was jedoch einen leichten Rückgang von den 34 Prozent des Vorjahres darstellt. Auch hier wird der Markt von einem Monopol kontrolliert, wobei es ausschließlich landbasierte Lotterieangebote gibt.

Diese Daten verdeutlichen, dass die Niederländer trotz der wachsenden Beliebtheit des Online-Glücksspiels nach wie vor stark an traditionellen Angeboten vor Ort festhalten. Damit entsteht eine einzigartige Balance, die zwar besonders große Chancen für das Wachstum des Onlinesektors, aber ebenso eine anhaltende Bedeutung physischer Glücksspiele aufzeigt.

Fazit

Mit einer hohen Kanalisierungsrate zwischen 87 und 95 Prozent zeigt der niederländische Glücksspielmarkt, dass die hiesige Regulierung wirkt. Der kontinuierliche Anstieg der Umsätze und die wachsende Akzeptanz regulierter Anbieter sprechen für die verfolgte Strategie, in der auch landbasierte Casinos, Lotterien und Sportwetten nach wie vor einen festen Platz haben. Spannend zu beobachten wird sein, ob die geplante schrittweise Erhöhung der Glücksspielsteuer in den Niederlanden ab 2025 diese Erfolge gefährdet. Kritiker warnen, dass höhere Steuern illegale Glücksspiele wieder attraktiver machen und die Kanalisierung nachhaltig schwächen könnten.

Quelle des Bildes: https://pixabay.com/photos/young-man-blue-sky-thumbs-up-2939344/

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