Werbung und Sponsoring von Glücksspielunternehmen sorgt nicht nur in Deutschland regelmäßig für Debatten. Tatsächlich gibt es in England sogar besonders viele entsprechende Kooperationen, die Suchtexperten, Politik und Gesellschaft zunehmend kritisch sehen. Aus diesem Grund wurde vor kurzem ein allgemeiner Verhaltenskodex zum Glücksspiel-Sponsoring auf der Insel beschlossen.

Werbung für Glücksspiele hat viele Facetten. Längst nicht immer handelt es sich um frontale Promotionen, die direkt und unmittelbar zur Nutzung des einen oder des anderen Angebots aufrufen. Oft werden entsprechende Verbindungen und Anreize sehr viel subtiler geschaffen. Wie etwa im Sponsoring. Im Zuge dessen macht sich die Casino- und Wettbranche die positiven Assoziationen von Sport- und Sportveranstaltungen strategisch zunutze. Sie profitiert von der Begeisterung und Gemeinschaft, die Sportereignisse erzeugen, und verbindet ihre Angebote mit den Erfolgen, der Spannung und dem Unterhaltungspotenzial der Wettbewerbe. Indem sie sich mit beliebten Teams und Events identifiziert, steigert sie ihr Ansehen und gewinnt die Loyalität von Fans, die Sport als Quelle von Emotionen und gemeinschaftlichen Erlebnissen schätzen.

Nicht selten werden soziale Aspekte und Jugendschutz dabei nur oberflächlich berücksichtigt. So auch in Großbritannien, einem Land, in dem besonders viele Fußballclubs und auch andere Sportvereine oder Events von Glücksspielunternehmen unterstützt werden. Tatsächlich tragen 11 der 20 Verbände in der Premier-League zur Saison 2024 / 25 das Logo eines Glücksspielunternehmens als Sponsor auf ihren Trikots. Aufgrund der zunehmenden Brisanz haben sich die führenden Sportverbände Englands auf einen Verhaltenskodex zum Glücksspiel-Sponsoring geeinigt. Die Premier League und die British Horseracing Authority (BHA) gehören zu den federführenden Organen. Der Beschluss fokussiert vor allem besonders gefährdete Zuschauer, sprich Kinder und Problemspieler.

Der Verhaltenskodex im Detail

Der Kodex soll zu Beginn der Fußballsaison 2024 / 25 umgesetzt werden und sich auf Schutz, soziale Verantwortung, Reinvestitionen und Integrität konzentrieren: So ist es in der britischen Fachpresse zu lesen.

In einer gemeinsamen Mitteilung gaben die englischen Fußballverbände folgendes Statement zur Intention der neuen Richtlinien ab:

„Ziel ist es, sicherzustellen, dass das Sponsoring auf sozial verantwortliche Weise durchgeführt wird. Die Bestimmungen sind so konzipiert, dass die Werbeaktivitäten Kinder und Personen, die durch Glücksspiele gefährdet werden, nicht erreichen.“
  1. Der Verhaltenskodex schreibt im Rahmen einer Schutzleitlinie vor, dass bei Sponsoring-Verträgen die Werbung für gefährdete Gruppen wie Minderjährige grundsätzlich zu vermeiden ist. Entsprechende Maßnahmen sollen möglichst so gestaltet sein, dass betreffende Personen nicht damit in Kontakt kommen. Das bedeutet im Einzelnen, dass es zum Beispiel spezielle Familienzonen in den Stadien gibt, von denen aus das Glücksspiel-Sponsoring nicht einsehbar sein wird.
  2. Zudem müssen alle Sponsoring-Aktivitäten in einer sozial verantwortlichen Weise erfolgen. Das bedeutet insbesondere, dass Aufklärungs- und Sensibilisierungsbotschaften im Rahmen der Promotionen zu vermitteln sind, wie man sie auch von direkter Glücksspielwerbung kennt.
  3. Was die Reinvestition betrifft, so sollen die Einnahmen aus dem Glücksspiel-Sponsoring teilweise wieder in Infrastrukturen und Programme investiert werden, die dem Sport, den Fans und den Gemeinden zugutekommen.
  4. Außerdem dürfen die Geschäfte „weder die Integrität der Wettbewerbe gefährden noch das Wohlergehen der Teilnehmer beeinträchtigen“, so die Vorgabe.

Im vergangenen Jahr hatten sich die Vereine der Premier League übrigens schon abseits dieses neuen Kodex darauf geeinigt, das Glücksspiel-Sponsoring ab der Saison 2025 / 26 vollkommen von der Vorderseite der Trikots zu verbannen.

Zuständigkeiten und Beschwerdeverfahren

  • Wie die British Horseracing Authority bekannt gab, werde sie gemeinsam mit dem Ministerium für Kultur, Medien und Sport (DCMS) für die Einhaltung des neuen Kodex im Bereich des Pferdesports Sorge tragen. Nach 12 Monaten solle eine Überprüfung vorgenommen werden, um alle aus dem Umsetzungsprozess gewonnenen Erkenntnisse zu hinterfragen. Der Kodex soll gemäß dem Statement der BHA nicht nur neue Verhaltensmuster etablieren, sondern auch sicherstellen, dass diese Mindeststandards für soziale Verantwortung wirklich umgesetzt werden.
  • Der Glücksspiel-Sponsoring-Kodex für den Fußball sieht die Einführung eines Beschwerdeverfahrens vor, das es einzelnen Personen ermöglicht, einen Fußballwettbewerb oder einen Verein zu melden, der sich nicht an die Grundsätze des Kodex hält. Sind die Beschwerdeführer mit der erhaltenen Antwort nicht zufrieden oder bekommen sie innerhalb von 12 Wochen keine Rückmeldung, können sie sich an den unabhängigen Fußball-Ombudsmann wenden.
  • Auch in der Rugby Football League (RFL) ist der Kodex mit etwas Verzögerung angekommen: Die RFL veröffentlicht die Bestimmungen auf ihrer Website. Im Zuge dessen wird dokumentiert, wer innerhalb der Rugby-Liga Sponsoring betreibt. Zudem werden deren Unterschriften zur Zustimmung über die Einhaltung des Kodex erfasst. Weiterhin gibt es Einzelheiten zu spezifischen Beschwerdemöglichkeiten, einschließlich des Links zu einer Beschwerde-E-Mail-Adresse und zu einem betreffenden Online-Portal. Letztlich wird der Non-Executive-Director, der für die Einhaltung des Kodex verantwortlich ist, genannt.

Fazit

Die Idee mit dem Verhaltenskodex scheint sinnvoll. Dennoch entsteht bei der Betrachtung der Vorschriften und der Zuständigkeiten schnell der Eindruck, dass es hier eine Menge Schlupflöcher für die Glücksspielunternehmen und die Vereine geben könnte. Die vier Eckpfeiler der Richtlinien sind schlüssig, aber leider wenig spezifisch. Was genau erlaubt bzw. untersagt ist, bleibt unklar. Eine Frage, die sich wohl viele unmittelbar stellen, lautet: Wie werden die Sponsoring-Vorgaben im TV umgesetzt. Gibt es künftig keine Logos von Glücksspielunternehmen mehr im Kamerasichtfeld? Das kann ja schon deshalb kaum sein, da sehr viele Mannschaften der Premier League solche Aufdrucke auf den Trikots tragen. Auch der Plan mit den Familienzonen wäre damit nicht zu 100 Prozent „sponsoring-sicher“. Außerdem kümmern sich offenbar verschiedene Verbände unabhängig um die Durchsetzung, was vermutlich ziemlich fehleranfällig, in jedem Fall aber sehr undurchsichtig ist. Die klarste Maßnahme für die Regulierung des Glücksspiel-Sponsorings – nämlich die Verbannung von Sportwettenanbieter- oder Casino-Logos von den Premier League-Trikots – wurde kurioserweise schon lange vor dem neuen Kodex beschlossen.

Quelle des Bildes: https://pixabay.com/photos/board-empty-rule-regulation-3772063/

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