Mythos Spielhalle: Was macht die Zockerbuden so reizvoll?
Trotz verschiedener gesetzlicher Regelungen, die eigentlich das Glücksspiel in Spielhallen limitieren sollten, ist das Spielen um Geld in Spielotheken dennoch recht beliebt in Deutschland. Suchtexperten warnen teilweise vor der Parallelwelt, in die sich Glücksspieler zurückziehen. Doch was macht den Mythos Spielhalle eigentlich aus?
In Spielhallen wollen viele Menschen einfach Spaß haben, Freunde treffen, an Automaten daddeln, Geld riskieren und ihre Freizeit verbringen. Dieser großen Mehrheit steht eine kleine Minderheit gegenüber, die sich nicht unter Kontrolle hat und mit großer Risikobereitschaft sehr viel Geld verspielt. 80 % bis 90 % dieser letzten Gruppe sind laut Schätzungen einiger Servicemitarbeiter spielsüchtig.
Rund 200.000 Personen sind in Deutschland spielsüchtig, zumindest laut den Zahlen der Suchtberatungsstelle im baden-württembergischen Sigmaringen. Es stellt sich die Frage, was Glücksspiel für sie ausmacht und wie es kommt, dass die Besucher sich beim Spielen so wohl fühlen.
Image-Wandel der Spielhallen
Seit den 70er Jahren gibt es Spielhallen, die sich im Laufe der Zeit in den Städten ausgebreitet haben. Damals galten sie als Orte, in denen gesellschaftliche Außenseiter sich gerne aufhalten. Seit den 2000er Jahren versuchen aber immer mehr Spielhallen, mit einer „gepflegten Casino-Atmosphäre“ zu punkten.
Durch ein besonderes Flair hat die Branche über Jahre versucht, das Image zu verbessern und auch Frauen anzuziehen. Die meisten besseren Spielhallen haben daher auf Glitzerambiente und Servicepersonal in einheitlichen Outfits gesetzt. Laut eigenen Angaben hatte man damit auch Erfolge, so ist laut einigen Betreibern der Anteil an weiblichen Besuchern von 5 % auf 20 % gestiegen, was für eine entspanntere Atmosphäre gesorgt haben soll.
Die Spieler suchen eine Wohlfühlatmosphäre
Viele Suchtexperten meinen, dass das Ambiente der Spielhalle stimmen muss. Die Spieler müssen sich auf Anhieb dort wohlfühlen. Dimmbares Licht, versteckte Plätze in Nischen sowie mehrere Automaten für Freunde – wichtig sei, dass Spielhallen für alle Gemütszustände Geldspielgeräte bereithalten.
Die meisten Menschen würde somit die Wohlfühlatmosphäre der Spielotheken anziehen. Sie müssen nicht mehr alleine im Haus oder der Wohnung ihre Probleme bewältigen, sondern können mit einer eingeschworenen, teilweise gut bekannten Gemeinschaft ihre Zeit verbringen.
Aus diesem Grund haben die meisten Spielhallen auch ein gastronomisches Angebot. Mitunter nimmt sich das Servicepersonal für Stammspieler Zeit, Gespräche gehören mit zur guten Kundenbindung, teilweise werden sie auch recht herzlich willkommen geheißen. Das ist das Paradebeispiel für Spielhallen.
Glücksspiel wird gesellschaftlich akzeptierter
Glücksspielbetreiber haben seit Jahren daran gearbeitet, das Schmuddel-Image der Spielhallen abzulegen. Es handelt sich aus Sicht vieler Menschen mittlerweile um ein gesellschaftlich akzeptiertes Freizeitangebot. Sebastian Schneider, Suchtexperte von der Beratungsstelle in Sigmaringen, hat es in einem Statement kurz zusammengefasst:
Spielen ist nicht mehr verpönt und ist Konkurrenz zu Shopping oder Alkohol.
Die Folge ist, dass mehr gespielt und auch mehr Geld ausgegeben wird. Dabei sollten die neuen TR 5.0 Automaten eigentlich den Spielbetrieb weiter einschränken. Allerdings haben schon in der Vergangenheit Suchtexperten vor den neuen Geldspielgeräten gewarnt. Komisch ist jedoch, dass selbst die Automatenwirtschaft eingesteht, dass die neuen Glücksspielautomaten durch die neuen technischen Richtlinien an Attraktivität verloren haben.
So rechnen sie für 2019 mit großen Umsatzeinbußen, die sich aber erst in den Studien der nächsten Jahre offenbaren werden.
Junge Migranten als erhöhte Risikogruppe
Die meisten Experten meinen, dass junge Männer mit Migrationshintergrund im besonderen Maße gefährdet seien. Diese Klientel sei ebenfalls familiär und auf eine besondere Atmosphäre bedacht. Weiterhin sei sie kulturell geprägt vom Glücksspiel – in afrikanischen und arabischen Ländern gehöre das Wetten zum Männeralltag und der Nachahmungseffekt durch Jugendliche sei sehr groß.
Vergleiche werden an dieser Stelle bei uns teilweise zum Alkohol gezogen. Dieser ist in Deutschland durch den Genuss von Bier auch stark akzeptiert. Studien ergaben beispielsweise, dass nur 3 % der Deutschen in der Jugend keinen frühen Kontakt zum Alkohol haben. In Schweden beträgt die Ablehnungsrate 20 %, in den USA sogar 32 % - wobei sich hier sicherlich auch mehr Gründe anführen lassen wie härtere Verbote oder höhere Kosten für Alkohol.
Teilweise sehen Experten aber auch Entwicklungen bei Online-Sportwettenanbietern, die jüngere und andere Klientel anziehen wollen. So kann man bereits Wetten auf TV-Formate wie das Dschungelcamp oder den Bachelor abschließen. Einige Experten erkennen darin, dass man gezielt junge Frauen und teilweise Mütter ansprechen möchte. Sie würden auch vermehrt im Internet spielen, da sie keine Zeit haben, um in Spielhallen zu gehen. Für die meisten geht die Kinderbetreuung vor, Ausnahmen bestätigen dabei leider die Regel.
Spielertypen und Phasen des Glücksspiels
Die Suchtberatungsstellen identifizieren verschiedene Spielertypen beim Glücksspiel. Ferner erkennen sie immer wieder 3 Phasen bei der Spielsucht, für die natürlich nicht alle Spieler empfänglich sind, die man aber dennoch kennen sollte.
Die Spielertypologie
Insgesamt werden beim Glücksspiel 6 verschiedene Spielertypen unterschieden, die sich wie folgt darstellen:
- Soziale Spieler: Sie suchen in den Spielhallen Unterhaltung, Spaß und Freizeitgestaltung.
- Professionelle Spieler: Eine kleine Gruppe von Spielern, die ihren Lebensunterhalt durch Glücksspiel (meist Poker) finanzieren.
- Erfolgsspieler: Sie suchen Bestätigung und Anerkennung durch das Glücksspiel. Ihr Erfolg bemisst sich in der Höhe der Gewinne, welche ihnen Bedeutung, Kontrolle und Erregung zugleich geben soll.
- Depressive Spieler: Er versucht den Zustand der Frustration über das Glücksspiel zu bewältigen und flüchtet sich von den Lebensproblemen in die Glücksspiele. Außerdem versucht er die leere Zeit zu füllen.
- Problematische Spieler: Sie sind suchtgefährdet. Sie haben erste Schuldgefühle, vernachlässigen ihre Pflichten und haben auch erste größere Geldverluste.
- Pathologische Spieler: Sie sind spielsüchtig und haben schwerwiegende sowie vielschichtige familiäre, soziale oder finanzielle Probleme.
Die drei Phasen der Spielsucht
Im Bereich des Glücksspiels gibt es verschiedene Phasen der Abhängigkeit, die nach und nach eintreten können – hier handelt es sich um Darstellungen von klassischen Suchterlebnissen, individuell kann es sicher Abweichungen geben.
Die 1. Phase wird als Abenteuer- und Gewinnphase beschrieben. Sie soll sich durch risikolosen Konsum des Glücksspiels auszeichnen. Es gibt erste Gewinne, regelmäßige Spielothekenbesuche. Die Risikobereitschaft kann zunehmend steigen und Glücksspiel wird langsam als Hobby etabliert.
Die 2. Phase wird als Verlustphase charakterisiert. Es handelt sich um ein kritisches Gewöhnungsstadium. Durch erhöhte Spielintensität steigt die Höhe der Verluste. Insgesamt ist die Kontrolle des Spieltriebs noch möglich, aber teilweise werden erste Schulden gemacht, Kredite aufgenommen und Lügen erzählt.
Die 3. Phase wird als Verzweiflungsphase gekennzeichnet. Der Spieler erreicht das Suchtstadium und gilt somit als abhängig. Dauerhaftes und zwanghaftes Spielen, Kontrollverluste sowie Panik- und Schuldgefühle können auftreten. Der Spieler entfremdet sich immer weiter vom eigentlichen sozialen Umfeld (Familien und Freunden), ein sozialer Abstieg kann die Folge sein.
Fazit: Spielhalle Faszination, aber nicht ungehemmt
Spielhallen lösen für viele eine große Faszination aus und sind zu einem modernen Mythos geworden. Freude und Leid, Gewinne und Verluste, Erfolg und Misserfolg liegen in den Spielotheken eng beieinander. An dieser Stelle sollte man bei aller Faszination für das Glücksspiel doch sagen, dass die Gefahren meist überwiegen. Daher sollte man sich gut überlegen, ob man wirklich mit dem Spielen anfängt und stets überprüfen, ob man immer noch weiterspielen möchte.
Die Spielhalle kann schnell zur Spielhölle werden, wobei die Suchtgefahr bei allen Glücksspielangeboten besteht – daher sollte man stets verantwortungsvoll spielen und nicht mehr Geld in das Glücksspiel „investieren“, als man eigentlich hat.
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11 Kommentare zu: Mythos Spielhalle: Was macht die Zockerbuden so reizvoll?
Kommentar verfassenShirley1989
30.10.2019 um 14:06 UhrKnutHut
30.10.2019 um 01:39 UhrGanz übel.
Cheeseburger
28.10.2019 um 20:18 UhrVon wegen ein kleiner Prozentsatz...wart ihr überhaupt jemals in einer Spielhalle ? Was da für verzweiflte Gesichter man dort... sieht ist der Hammer. Mehr anzeigen
Anonym
Christoph
Ich kenne genügend Spieler, die einfach aus der Spielhalle wieder herausgehen können und nicht einem imaginären Big Win (oder was auch immer) nachjagen. Mehr anzeigen
Ichbins2018
28.10.2019 um 17:49 UhrRund 200.000 Personen sind in Deutschland spielsüchtig, zumindest laut den Zahlen der Suchtberatungsstelle im baden-württembergischen Sigmaringen. Es stellt sich die Frage, was Glücksspiel für sie ausmacht und wie es kommt, dass die Besucher sich beim Spielen so wohl fühlen."
Schon erstaunlich das ihr es nötig habt und verdrehte Fakten betreffend Spielhallen in Deutschland postet liebes GJ Team, oder werdet ihr eventuell dafür bezahlt?
Jeder aber auch wirklich jeder der sich in dieser Branche ein bisschen auskennt, der weiß bzw. der sollte wissen das sich dieser Markt hauptsächlich nur von Süchtigen ernährt!
Ich habe knapp 30 Jahre in den Hallen verbracht, die letzten 10 Jahre fast täglich...was ich aber nie und nimmer gesehen habe waren: Menschen die einfach Spaß hatten, Menschen die kamen um Freunde zu treffen.
Aber ich habe Süchtige gesehen -und das in rohen Mengen (einschließlich mich selbst) und nichts anderes wirst du dort sehen bekommen!
Dann wäre da noch,
200.000 Pathologische Glücksspieler im Jahr 2019 ?
Im Jahr 2011 waren es "angeblich" nur 265.000, im Jahr 2014 "angeblich" nur 438.00 und im Jahr 2019 sind es angeblich "nur noch " 200.000 ???
Quelle: https://www.hna.de/welt/spielsucht-438000-menschen-deutschland-krank-zr-3376136.html
Na ja, schon traurig (obwohl ihr es sehr wahrscheinlich auch besser wisst) das ihr son Müll postet.
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Crypto
28.10.2019 um 22:36 UhrIch selbst aber kann von mir sagen, das ich noch keine Spielothek von Innen gesehen habe. Obwohl die ja... gefühlt an jeder Ecke vorkommen. Mehr anzeigen
Christoph
https://www.gamblejoe.com/news/jahrbuch-sucht-2019-gluecksspiel/
Laut den... Statistiken dort sind 180.000 Menschen in Deutschland spielsüchtig. Das hatte ich auch in der verlinkten News beschrieben.
Zu der Thematik und den Gründen zum Spielen in der Spielhalle:
Ich selbst habe Freunde, die sich zu Geburtstagen, Männerabenden oder Feiertagem (vor allem Silvester/Neujahr) in der Spielhalle treffen. Für sie ist es eine Art Event, teilweise treffen sich einige Freunde nur ein paar Mal im Jahr in der Spielhalle. Daddeln ein wenig, reden dabei, machen danach eventuell noch Party - je nachdem, wie sie drauf sind.
Sicher sieht man solche Gruppen nicht überall, die Spielos werden meist nach strengeren Kriterien ausgewählt. In Berlin gibt es beispielsweise einige Spielos, in denen ich nur ungern ein Fuß rein setzen würde. Daher ist es auch immer eine Frage des Image der Spielhalle, welches Klientel angezogen wird.
Und um es noch einmal zu sagen: Wir werden nicht von der Automatenwirtschaft bezahlt.
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Delarion
klar vertreiben sich viele süchtige weniger in renommierten Spielhallen und -banken die zeit sondern eher... in irgendwelchen heruntergekommen Klitschen, wo sie keiner kennt ausser vllt die andern süchtigen, aber das ändert nix daran, dass eben solche eine Minderheit sind.
ich spiele selber seit ~1jahr regelmässig, habe ein festes Einzahllimit und ende dann. dennoch bin ich in gewisser weise süchtig/sucht gefährdet und weiss das auch. steckst du beim Döner mal 1-2€ im Automaten um dir die Wartezeit zu versüssen und dich abzulenken, dann ist das aus Spass daddeln.
und zu den Fakten der Spielsüchtigen 200.000 Pathologische Glücksspieler ist eine Schöngerechnung. Spiel süchtig sind bereits Menschen die als Problemspieler( die auch nochmal so ~400.000 sind) klassifiziert werden und dann sind die 200.000 nur gemeldete fälle..also die, die sich Hilfe gesucht haben, die schwarz zahlen sind vermutlich etliche male höher. allein wenn ich mich hier im Forum so umschaue, die Ausflüchte, falschen Schuldzuweisungen, und übertriebenen Einzahlungen einiger User lässt stark auf ein problematisches oder gar krankhaftes Spielverhalten schließen, und kaum einer wird sich deswegen bei einer Suchtstelle melden, solange derjenige nicht kurz vorm rauswurf steht und oder bereits Haus und Hof verspielt hat...nur um endlich mit "dem großen Gewinn" alles wieder zu richten
ich denke mal die schwarzen zahlen laufen eher auf die ~1.5millionen Problemspieler und wenigstens 600.000 Pathologische Glücksspieler zu und selbst das ist noch optimistisch gesehen Mehr anzeigen
Anonym
Theone87
29.10.2019 um 13:49 UhrUnsere Community lebt von deinem Feedback – also, mach mit!
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