Es ist eine gewagte These: Könnte es durch die Liberalisierung des Online-Glücksspielwesens langfristig mehr „Problemspieler“ geben als in der Vergangenheit? Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sind allein in Deutschland ca. 430.000 Menschen von einem problematischen oder pathologischen Glücksspielverhalten betroffen. Aber welche Auswirkungen hat der 2021 in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag auf das Verhalten der Spieler?

Das Team von GambleJoe hat sich in der Vergangenheit bereits vielfach mit den Gefahren des Glücksspiels auseinandergesetzt. So ging es beispielsweise in einem im Sommer 2021 veröffentlichten Artikel um die Fragestellung, wie sich eine Spielsucht erkennen und bekämpfen lässt. Das wichtigste Ziel des GlüStV, der am 1. Juli 2021 in Kraft getreten ist, besteht laut Gesetz darin, das „Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern“. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die umstrittenen Regulierungsmaßnahmen dem Spielerschutz tatsächlich zuträglich sind – oder ob sie nicht sogar auf lange Sicht das Gegenteil bewirken können.

Gibt es mehr „Problemspieler“ in lizenzierten Online Spielotheken?

Es ist kein Geheimnis, dass viele der von der Politik beschlossenen Maßnahmen zum Spielerschutz bei den Glücksspielfreunden auf wenig Gegenliebe stoßen. Besonders unbeliebt sind nach unseren Erfahrungen die Mindestspieldauer von fünf Sekunden, der Höchsteinsatz von einem Euro pro Spielrunde, das Autospin-Verbot sowie die Steuer in Höhe von 5,3 % auf alle Einsätze bei virtuellen Automatenspielen.

Eine interessante Frage ist, ob die strengen Maßnahmen zum Spielerschutz zur Folge haben könnten, dass vielleicht mehr Spielerinnen und Spieler ein problematisches Spielverhalten an den Tag legen. Denkbar ist nämlich, dass beispielsweise das Autospin-Verbot dazu führen könnte, dass ein Spieler den Überblick über seine Finanzen viel eher verliert, da er unkontrolliert immer wieder auf „Start“ klickt, um eine neue Spielrunde zu starten, anstatt eine festgelegte Rundenanzahl mit einem festen Betrag im Vorfeld festzulegen.

Darüber hinaus könnte der maximal erlaubte Rundeneinsatz von einem Euro dazu führen, dass sich die Spielsessions mehr in die Länge ziehen und Verluste gar nicht mehr bewusst wahrgenommen werden, da mit jedem Spin „nur“ ein vergleichsweise geringer Betrag verloren geht. Auch die umstrittene „Slot-Steuer“, die über fünf Prozent des Einsatzes beträgt, könnte in der Praxis dazu führen, dass Spieler über schlechtere Spielbilanzen verärgert sind und frustriert mehr Geld verspielen als eigentlich geplant.

Als einzig produktive Gegenmaßnahme scheint zunächst nur das anbieterübergreifende Einzahllimit in Höhe von 1.000 Euro pro Monat und Spieler zu existieren. Denn unter normalen Umständen können Spieler im Höchstfall diesen Betrag pro Monat verlieren. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass ein vierstelliger Verlust durch das Online-Glücksspiel von nur sehr wenigen Bürgern finanziell dauerhaft verkraftet werden kann. Einen effektiven Schutz vor einem problematischen Spielverhalten stellt das monatliche Einzahllimit also auch nur sehr bedingt dar.

Zu strenge Spielerschutzvorschriften sind nicht förderlich

Erschwerend kommt hinzu, dass so manch ein Spieler bei den beschriebenen Maßnahmen zum Spielerschutz den Spaß an seiner Freizeitbeschäftigung verlieren könnte. Das könnte zur Folge haben, dass eine Abwanderung auf den unregulierten Glücksspielmarkt stattfindet, wo die Spielerinnen und Spieler erfahrungsgemäß – wenn überhaupt – deutlich schlechter vor den Gefahren des Glücksspiels geschützt werden. In diesen Online Casinos können sie innerhalb kürzester Zeit deutlich mehr Geld verlieren und es gibt in der Regel keine professionellen Hilfsangebote oder Möglichkeiten der Selbstlimitierung. Erst im März vergangenen Jahres haben wir uns in einem auf GambleJoe veröffentlichten Artikel die Frage gestellt, welche Spieler besonders suchtanfällig sind. Demnach sind vor allem junge männliche Erwachsene bis 25 Jahre sowie mit Migrationshintergrund oder einem vergleichsweise niedrigen Einkommen besonders anfällig für ein problematisches Spielverhalten.

Laut aktuellen Studiendaten der BZgA sind allein in Deutschland etwa 430.000 Frauen und Männer von einem problematischen Glücksspielverhalten oder einer Glücksspielsucht betroffen. Die BZgA weist dabei insbesondere beim Online-Glücksspiel auf das noch mal erhöhte Suchtrisiko hin. Demnach soll nahezu jeder fünfte Spielende im Internet ein problematisches Spielverhalten an den Tag legen.
Wer denkt, dass er unter einem problematischen oder pathologischen Spielverhalten leidet, kann zunächst die qualifizierte Telefonberatung für Betroffene und Angehörige kostenfrei und anonym in Anspruch nehmen. Die Expertinnen und Experten können von Montag bis Donnerstag in der Zeit von 10 bis 22 Uhr und am Wochenende täglich von 10 bis 18 Uhr telefonisch unter der Service-Hotline 0 800 / 1 37 27 00 kontaktiert werden.

Fazit

Bislang kann noch keine zuverlässige Aussage darüber getroffen werden, ob die neu eingeführten Maßnahmen zum Spielerschutz ein erhöhtes Aufkommen an „Problemspielern“ zur Folge haben werden. Doch knapp zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags zeichnet sich zumindest ab, dass es mehrere ernst zu nehmende Risikofaktoren gibt, die ein problematisches Spielverhalten unter Umständen begünstigen könnten. Würde dieser Fall eintreten, dann wäre das wichtigste politische Ziel, welches im § 1 GlüStV klar formuliert wurde („Glücksspielsucht und Wettsucht verhindern“), gescheitert.

Quelle des Bildes: https://pixabay.com/de/illustrations/verkehrszeichen-achtung-vorfahrt-63983/

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24 Kommentare zu: Mehr problematisches Spielverhalten durch lizenzierte Online Spielotheken?

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Ich bin auch der Meinung. Das größte Hindernis bei einem deutschen lizensierten OC zu spielen sind die 5 Sekunden. 1000 Euro Grenze bin ich total dafür. 1 Euro Max Bet... von mir aus. Aber dieses langsame spielen, geht mir total...   Mehr anzeigen
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Das sehe ich persönlich auch ähnlich. Ein Großteil der Spieldynamik geht dadurch verloren, was den Unterhaltungswert schmälert. ABER: Ich bin tatsächlich der Meinung, dass man nun jede Spielrunde viel bewusster wahrnimmt und sich...   Mehr anzeigen
Avatar von Anonym
@Christian_1994: seh ich anders. ich verlier wirklich jedes gefühl für den slot. und bin jemand der normalerweise seine spins zählt. mit der 5 sek regel wird alles zur qual, man verliert den überblick, weil man in dem tempo unmöglich bei der sache...   Mehr anzeigen
@A****m: Ich glaube ich verstehe, was Du meinst. Das mag mit Sicherheit auch zutreffen. Aber zumindest ist man dadurch gezwungen am PC oder Handy zu bleiben und kann nicht noch etliche andere Dinge parallel erledigen..
Avatar von n****4
Solange die grünen Bazillen an der macht sind passiert da nix
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Aber den Mist eingeführt hat doch die Groko ( CDU und SPD ) , doch letztendlich sind die doch alle durch die Bank grün und führen hier ein Überbietungswettbewerb. Jeder will noch grüner als der andere sein mit Ausnahme der AFD....   Mehr anzeigen
Totaler Käse, 1000 Euro okay .. aber 5 Sekunden ist lächerlich .. 2 Euro sollten es schon sein. 1 Euro ist für normale Spieler zu wenig.
Die 2 Euro max bet sind in Planung bzw finden dazu bereits Gespräche statt.
@Begbie: Fehlen nur noch die 5 Sekunden das nervt tatsächlich am meisten.
@WithoutWings: Ja, das ist auch das größte Hindernis, sonst würde ich auch mal deutsche Casinos ausprobieren. Aber so kein anreiz..
@Begbie: Hast Du dazu vielleicht eine Quelle für mich? Habe dazu leider bisher nichts finden können
Die deutschen Casinos sind nur für Sonntagsspieler die auch nur geringen Umsatz für die Casinos bringen. Daher werden die deutschen Casinos mittelfristig auch ökonomisch scheitern.
Die Spieler die hoch und regelmäßig spielen, dass...   Mehr anzeigen
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Es stimmt mit Sicherheit, dass die ausländischen Casinos in einiger Hinsicht attraktiver sind. Ich denke aber, dass mit der Zeit die Glücksspielbehörde entsprechend konsequent gegen nicht zugelassene Anbieter vorgehen wird. Das...   Mehr anzeigen
@Christian_1994: Das würde ich weniger so sehen. Begbie hat das Ganze schon richtig zusammen gefasst. Ökonomisch werden die neuen Gesetze nach allem was ich bisher erfahren habe ein Desaster für deutsch regulierte Anbieter werden.

Die GGL kann...   Mehr anzeigen
Avatar von Anonym
@WhatAboutTism: sehe ich auch so. ökonomisch ist die ganze nummer für casinos und spieler eine katastrophe. ich gehe jetzt nur von den bedingungen unter denen beide operieren müssen aus, nicht vom spiel als zufallsabhängig (und auch hier ist...   Mehr anzeigen
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@WhatAboutTism: Ich denke, dass sich das jetzt oder zumindest in absehbarer Zukunft schon jemanden kümmert, wenn bei llegalen Anbietern gespielt wird. Denn während das Online-Glücksspiel vorher eine Grauzone war, liegen nun eindeutige Gesetze...   Mehr anzeigen
Wie bei dem letzten Artikel zu dem Thema, der auf der Umfrage hier basierte, wieder sehr spekulativ.
Autoplay wird wohl eher als Mittel benutzt, sich nicht mit dem eigentlich langweiligen Basegame beschäftigen zu müsse, als zur...   Mehr anzeigen
Natürlich handelt es sich bei vielen Aussagen zu diesem Thema um Spekulationen bzw. um Interpretationen der vorliegenden Fakten. Jeder Spieler würde die Spielerschutzvorschriften vermutlich anders interpretieren. Ich kann aber...   Mehr anzeigen
Man kann ja bei jedem deutschen Anbieter 1000€ im monat verlieren...wenn ich in 10 deutschen casinos spiele und jeweils 1000€verzocke hab ich im monat auch 10k weg...also spielerschutz ist da genauso null...ubd die schlechten...   Mehr anzeigen
Nein, das Limit ist anbietet übergreifend. Ob das schon überall zuverlässig funzt weiss ich nicht, aber das ist das Prinzip dahinter.
@Stromberg: Gugg dir mal diese Doku an >Das schmutzige Geschäft mit der Spielsucht< wurde gestern von wissen2go bei YouTube veröffentlicht. Hier wird gesagt, das man zumindest bei jeden Sportanbieter separat immer bis zu 1 000 Euro pro Monat...   Mehr anzeigen
@Falko: Hab es mir mal angesehen das Video , und ja das sagt er.
Stimmt aber nicht...
Also wie gesagt, dass es überall funktioniert kann ich nicht sicher sagen, Anfang des Jahres war das bei mir nicht der Fall.
Aber gedacht ist das Lugas...   Mehr anzeigen
Ich hätte die 5 sec und max 1€ Einsatz weg genommen lediglich die 1000€ würde ich lassen Bundesweit in alle OC so das man nicht in x beliebig OC je 1000€ einzahlen kann.
Dan hatt der Spieler Anfang oder Mitte Ende des Monats die...   Mehr anzeigen
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