Eine Ende 2023 vom Bundesgesundheitsministerium veröffentlichte Studie zum Thema Spielsucht wirft immer mehr Fragen auf. Der Studie zufolge soll sich die Zahl der Spielsüchtigen in Deutschland innerhalb kürzester Zeit verdreifacht haben. Die Zahl der Menschen mit einem „problematischen Spielverhalten“ soll sich gar verzehnfacht haben. Nun stellen immer mehr Politiker und Fachleute die Ergebnisse der Studie infrage.

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) kommt in einer vor wenigen Monaten veröffentlichten Studie zu dem Ergebnis, dass acht Prozent der deutschen Bevölkerung zwischen 18 und 70 Jahren unter einem zumindest „problematischem Spielverhalten“ leiden. Zum Vergleich: Vor etwa fünf Jahren ging das von Karl Lauterbach (SPD) geführte Ministerium noch von einem Anteil in Höhe von 0,7 % aus. Auch GambleJoe berichtete im Dezember vergangenen Jahres darüber, dass 1,3 Millionen Deutsche eine „Glücksspielstörung“ haben.

WELT: „Hier wurde wohl eine Studie gemacht, die zur Politik passt“

Die WELT-Redakteurin Elke Bodderas spricht in einem TV-Interview darüber, dass sich die Zahlen der jüngsten BMG-Studie zum Thema Spielsucht nicht wirklich nachvollziehen lassen und auch nicht plausibel sind. Die Studie kommt nämlich zu dem Ergebnis, dass sich der Anteil der Menschen in der deutschen Bevölkerung, die unter einem problematischen Spielverhalten leiden zwischen 2019 und 2023 von 0,7 auf 8 % beinahe verzehnfacht haben soll. Eine solche Explosion der Zahlen erscheint ohne eine einleuchtende Begründung zweifelhaft.

Zumal im Jahr 2021 der deutsche Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) in Kraft getreten ist und Spielerinnen und Spieler nun unter vergleichsweise strengen Bedingungen in Online Spielotheken legal spielen dürfen. Die Tatsache, dass es etliche Spielerschutzvorschriften wie etwa eine Mindestspieldauer von fünf Sekunden und ein Autospin-Verbot gibt, dürfte jedenfalls nicht dazu geführt haben, dass sich die Zahl der Süchtigen beinahe verzehnfacht hat.

Im WELT-Interview äußert die Journalistin einen anderen Verdacht:

„Man hat hier doch stark den Eindruck, dass da eine Studie gemacht wurde, die eben zur Politik passen soll.“

Studie liefert keine überzeugenden Argumente

In der BMG-Studie werden keine Argumente dafür genannt, dass die Zahl der Spielsüchtigen in Deutschland innerhalb weniger Jahre derart explodiert sein soll. Darüber hinaus sei eine Einsichtnahme in die Daten der Studie bislang nicht möglich. Im Ergebnis führen die Umstände dazu, dass etliche Experten und Politiker mittlerweile Zweifel an dem Ergebnis der Studie haben und auch die Untersuchungsmethode kritisieren. So äußerte sich beispielsweise die Statistikerin Katharina Schüller im Interview mit games & business im Oktober vergangenen Jahres wie folgt zur Studie:

„Der Glücksspiel-Survey 2021 vermittelt seinen Lesern eine Daten- und Erkenntnissicherheit, die schlicht nicht gegeben und wissenschaftlich fragwürdig ist“.

Bis zum Jahr 2019 war die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) für die wissenschaftliche Erhebung der Spielsucht in Deutschland zuständig. Mittlerweile hat das Gesundheitsministerium jedoch den Auftrag an das Hamburger Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD) vergeben. Unterstützt wird das Institut dabei von der Universität Bremen.

Auffällig ist auch, dass das ISD und die Uni Bremen ihre Studienergebnisse schon drei Monate nach Einreichung der entsprechenden Förderanträge präsentieren konnten. Üblicherweise dauert es deutlich länger, bis die Forscher zu wissenschaftlich fundierten Ergebnissen kommen. Für die Ausarbeitung des „Glücksspielatlas“ hat das Ministerium dem ISD und der Universität Bremen Förderungen in Höhe von 132.240 Euro zukommen lassen. Da hierbei eine Grenze von 140.000 Euro unterschritten wurde, musste das BMG den Auftrag auch nicht öffentlich ausschreiben, sondern konnte ihn direkt vergeben.

Fazit

Tatsächlich ist es äußerst unplausibel, dass sich die Zahl der Menschen in Deutschland mit problematischem Spielverhalten zwischen 2019 und 2023 verzehnfacht hat. Fakt ist jedoch, dass die deutlich gestiegenen Zahlen an Spielsüchtigen dem Bundesgesundheitsministerium in die Karten spielen. Schließlich können so die eigenen Interessen wie beispielsweise ein noch strenger reguliertes Glücksspielumfeld besser durchgesetzt werden. Hinzu kommt die mediale Aufmerksamkeit, die das BMG mit den hohen Zahlen generiert.

Quelle des Bildes: https://pixabay.com/de/photos/bundestag-deutsche-fahne-reichstag-2463236/

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4 Kommentare zu: BMG-Studie: Ist die Zahl der Spielsüchtigen explodiert?

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Bei soviel Werbung im TV ist das ehrlich gesagt auch kein Wunder. Zigaretten Werbung ist Verboten aber Zockerbuden und Wettanbieter laufen ohne Ende.
Für 139K mache ich auch eine Studie, der Auftraggeber bekommt auch das Resultat das dieser erwartet.
Das ließe sich ja hier überprüfen, ob diese Zahlen stark übertrieben sind. Man müsste nur mal auf die Statistik an neuen Mitgliedern schauen und sie vergleichen, mit den Neumitgliedern aus den Vorjahren. Sollten die Zahlen an...   Mehr anzeigen
Wobei Du dann ja unterstellen müsstest, dass sich bei GJ ausschließlich die Spieler mit problematischem Spielverhalten anmelden würden. Ich persönlich denke, dass wir hier repräsentativ für alle Spieler in Deutschland sind und das...   Mehr anzeigen

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