Könnte der Glücksspielstaatsvertrag 2021 scheitern? Und was dann?

Kritik an der „neuen“ Regulierung in Deutschland gibt es schon so lange wie den Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) von 2021 selbst. Über die Jahre hat sich der Unmut jedoch immer weiter zugespitzt und scheint aktuell einen Höhepunkt zu erreichen. Die Branche mahnt an, dass sich die „Regulierer an einem Idealbild von Spielenden orientieren, das es so nicht gibt“. Man fragt sich, was passieren könnte, wenn der GlüStV scheitert (ja, das ist möglich). 2026 und 2028 werden Schlüsseljahre.
Beim Start des neuen Glücksspielstaatsvertrags im Jahr 2021 war die Hoffnung groß: Mit klaren Regeln, bundesweit einheitlicher Aufsicht und endlich eindeutig lizenzierten Anbietern sollte das digitale Glücksspiel in Deutschland in geordnete Bahnen gelenkt werden. Heute, vier Jahre später, ist vom einstigen Optimismus wenig geblieben – der Kahn gerät zunehmend in Schieflage. Die Kritik – oder treffender das Misstrauen – gegenüber der Regulierung ist heute größer denn je. Denn vieles von dem, was man sich für den Neustart 2021 mit besten Absichten vorgenommen hat, scheint weit weniger zu funktionieren als einst vermutet.
Tatsächlich sind das nur einige markante Meldungen der jüngeren Vergangenheit, die – vor allem in Summe – zeigen, dass sich etwas ändern muss. Diese Grundhaltung nimmt nun auch eine umfangreiche Analyse des Unternehmermagazins Games & Business ein. Man stellt sich dort die Frage, was passieren könnte, wenn der GlüStV scheitert. Wir wollen hier einen Blick darauf werfen, denn letztlich betrifft all das natürlich auch uns Spieler.
„Spannungsfeld: zwischen Kontrolle und Attraktivität, Schutz und Marktlogik, Regulierung und Realität“
Games & Business hat in der Vergangenheit durchaus schon öfter kritische Artikel zur Glücksspielregulierung in Deutschland veröffentlicht. Eine solch umfassende Abhandlung und klare Stellungnahme wie jetzt gab es bislang aber nicht. Die Rede ist von einem komplexen „Spannungsfeld: zwischen Kontrolle und Attraktivität, Schutz und Marktlogik, Regulierung und Realität“.
Demnach wirke der Glücksspielstaatsvertrag in seiner praktischen Umsetzung wie ein System, das zwar gut gemeint ist, aber im Alltag kaum funktioniert. Rechtlich sei der Rahmen eindeutig – in der Anwendung aber stolpere man über jede Menge Hindernisse.
- Spieler müssten sich durch aufwendige Registrierungsprozesse kämpfen, schwierige Identitätsnachweise erbringen, lästige Einzahlungsgrenzen akzeptieren, Spielpausen hinnehmen – und würden dabei feststellen, dass sich das versprochene Unterhaltungserlebnis eher nach Amtsgang als nach Freizeitvergnügen anfühlt.
- Für Anbieter sei das Regelwerk ebenfalls ein Kraftakt. Technische Umstellungen, regulatorische Anforderungen, wirtschaftlicher Druck und das emotionale Dilemma zwischen Sicherheitsverpflichtung und Attraktivitätsverlust – all das belaste legale Betreiber zunehmend.
- Die gewünschte Kanalisierung, also das gezielte Lenken der Spieler auf regulierte Angebote, gelinge nur eingeschränkt. Stattdessen nehme die Abwanderung in den Schwarzmarkt weiter zu.
Hierzulande illegale, aber für jeden zugängliche Plattformen mit Sitz in Malta oder Curaçao wirkten für viele Nutzer wie die moderne, bunte Gegenwelt zum regulierten deutschen Modell. Ohne Limits, ohne Pausen, mit großzügigen Boni und einem durchgestylten Frontend böten sie genau das, was viele in Deutschland vermissen: ein spannendes Spielerlebnis ohne große Hürden. Der Schutz fehle – klar. Doch das Risiko trete für viele in den Hintergrund, wenn das legale Angebot im Vergleich schlicht zu sperrig erscheint.
Die Folge: Selbst jene, die sich eigentlich an Recht und Gesetz halten wollen, wenden sich frustriert ab. Nicht, weil sie den Schutz ablehnen – sondern weil sie sich durch ihn gegängelt fühlen. Games & Business bringt es mit folgendem Satz auf den Punkt:
„Solange sich Regulierer an einem Idealbild von Spielenden orientieren, das es so nicht gibt, bleibt der GlüStV eine gute Idee mit schwacher Umsetzung.“
Am Ende, so die Warnung von Games & Business, steht ein Paradoxon: Das gesetzlich geregelte System vergraule ausgerechnet jene, die es beschützen soll. Und mit jedem Spieler, der geht, verliere der GlüStV nicht nur an Relevanz, sondern an Legitimation, so die Quintessenz:
„Nichts untergräbt ein Gesetz so sehr wie seine praktische Wirkungslosigkeit“. Die gesamte deutsche Branche werde „zwischen staatlichem Anspruch und realen Marktbedingungen zerrieben“.
„Sollbruchstelle“ kann zum Fall des Vertrags führen: 2026 und 2028 sind entscheidend
Games & Business weist darauf hin, dass der GlüStV keineswegs in Stein gemeißelt ist. Er sei vielmehr ein temporäres Konstrukt, das eine „eingebaute Sollbruchstelle“ habe. Spätestens 2026 steht eine umfassende Evaluierung an. Der Zwischenbericht wurde bereits im Sommer 2024 veröffentlicht.
- Im Fokus dieser Überprüfung stehen zentrale Fragen, wie etwa zur tatsächlichen Kanalisierungsquote, zur effektiven Erkennung problematischen Spielverhaltens und zur wirtschaftlichen Tragfähigkeit der aktuellen Bedingungen für lizenzierte Anbieter. Maßgebend dürfte die Antwort darauf sein, ob die legale Infrastruktur wirklich von der Mehrheit der Spieler genutzt wird. Games & Business betont, dass diese Evaluierung darüber entscheidet, wie es mit der Regulierung weitergeht.
- Zudem weist das Magazin darauf hin, dass sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Europäische Gerichtshof zentrale Elemente des Vertrags kippen können, falls Klagen von Marktteilnehmern erfolgreich seien.
- 2028 endet dann die Laufzeit der aktuellen Gesetzgebung. Eine automatische Verlängerung? Fehlanzeige. Um weiterhin in Kraft zu bleiben, brauche der GlüStV die Zustimmung aller 16 Bundesländer – jede einzelne Landesregierung müsse neu unterschreiben. Fehlt nur eine Unterschrift, sei der gesamte Vertrag Geschichte.
Und wenn 2028 keine Einigung gelingt? Dann könnte der GlüStV tatsächlich außer Kraft treten, mahnt Games & Business – ohne Übergangsregelung, ohne Plan B. Die Verantwortung ginge so unweigerlich zurück an die Länder. Einige könnten eigene Lizenzmodelle schaffen, andere das Glücksspiel vollständig verbieten. Auch so entstünde ein regulatorischer Flickenteppich. Schlimmer noch: Ein Vakuum. Legale Anbieter stünden ohne nationale Grundlage da, was dem Schwarzmarkt die Türen weit öffnen und deren Verfolgung massiv erschweren würde.
Quelle des Bildes: https://pixabay.com/photos/ship-beach-sea-storm-wave-716778/
Zentrale Textquelle: https://gamesundbusiness.de/gluecksspielstaatsvertrag-jokerstar
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