Das Jahrbuch Sucht wird von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) veröffentlicht. Es fasst Statistiken zum Konsum von Glücksspielen in Deutschland und weiteren Gegebenheiten oder Aktivitäten mit entsprechendem Risikopotenzial zusammen. Nun kam heraus, dass zentrale Auskünfte, die dort zum Thema Sportwetten gemacht werden, offenbar zum Teil aus Daten von einer illegalen Informationsseite im Internet stammen. Wie konnte eine solche Panne passieren?

Wir berichteten erst kürzlich zum im Jahrbuch Sucht 2023 dargelegten Rückgang der Bruttospielerträge und Teilnehmer an Glücksspielen. Von Beginn an gab es Schwierigkeiten hinsichtlich der Zahlen zur Nutzung von Sportwetten. Zunächst war die Rede von einem Wachstum des Sportwettenmarkts um mehr als 400 Prozent.

Schon in diesem Zusammenhang schritt der Deutsche Sportwettenverband (DSWV) ein und berichtigte die Werte. Der für das Marktwachstum zugrunde gelegte Umsatz von 18,3 Milliarden Euro im Jahr 2021 sei schlichtweg falsch. Er könnte auf einer inkorrekten Datengrundlage oder einem Berechnungsfehler beruhen, so der DSWV. Tatsächlich hätten die Wetteinsätze im Jahr 2021 (immer noch sehr stattliche) 9,4 Milliarden Euro betragen.

Nun kam aber genau dieser widerlegte 18-Milliarden-Wert auch in der überarbeiteten Fassung des Jahrbuchs zum Einsatz. Der DSWV hakte daraufhin nach: Man fand heraus, dass der Verantwortliche der Abteilung „Gesundheit & Gesellschaft“ des Instituts für Public Health und Pflegeforschung an der Universität Bremen seine Berechnungen unter anderem auf Daten gründete, die er von einer Internetseite bezog, auf der Informationen und Werbung für illegale Buchmacher ausgespielt werden.

DSWV deckt fragwürdige Quellen auf

Laut dem DSWV basiert die Berechnung des Jahresumsatzes für Sportwetten im Jahrbuch Sucht 2023 auf dem betreffenden Bruttospielertrag und einer gewissen Auszahlungsquote. Das Problem liegt in der Quote. Diese resultiere nämlich aus einem Vergleich, dessen Quellen kaum für eine wissenschaftliche Aufstellung geeignet seien, so der DSWV.

Offensichtlich hat der Verantwortliche der Universität Bremen einfach Google bemüht, um Informationen zur Bestimmung der Auszahlungsquote zu erhalten. Er stieß dabei auf eine Seite, die eindeutig in Deutschland illegale Wettanbieter bewirbt: Das kam bei einer tieferen Recherche des DSWV heraus. Diese und die weiteren Pages wurden als Quellen nicht im Jahrbuch selbst, sondern lediglich im Hinweis zur Korrektur auf der DHS-Website genannt.

Seite ohne Impressum und „Heinz“ liefern Daten

Zunächst einmal werden lediglich drei Seiten als Quellen für den Vergleich der Auszahlungsquote angegeben. Das wäre weniger kritisch, wenn es sich um verlässliche Institutionen handeln würde, die eindeutig belegte Werte liefern.

Das ist allerdings nicht der Fall. Zumindest eine der Pages habe keinerlei Impressum oder Autoreninformationen, so der DSWV. Die Prüfung ergab, dass dort zudem Werbung für in Deutschland illegale Glücksspiele gemacht wird. Keiner der vom Betreiber genannten Wettanbieter verfüge über eine Lizenz gemäß GlüStV 2021. Außerdem würden falsche Informationen zur Rechtmäßigkeit von Buchmachern mit Genehmigung in Curaçao vermittelt.

Die beiden weiteren Seiten nennen immerhin einen Autor. Dieser würde allerdings lediglich mit dem Namen „Heinz“ angegeben. Das Impressum weist auf ein Unternehmen in Österreich hin und die aufgeführten Buchmacher sind zumindest legal. Es handelt sich aber ebenfalls um stark werbegeprägte Pages, deren Informationen nicht genauer belegbar sind.

Aussagekräftige Daten wären so einfach verfügbar

Der DSWV kritisiert das Vorgehen der DHS und des für die betreffende Berechnung Verantwortlichen am Bremer Institut für Public Health und Pflegeforschung deutlich. Man weist im Zuge dessen auf eine verlässliche Quelle hin: Das Bundesministerium der Finanzen veröffentlicht monatlich Steuereinnahmen, welche eine angemessene Berechnungsgrundlage bilden würden.

Genau auf diesen Informationen gründet auch die erste Berichtigung des DSWV, die wir in unserem letzten Bericht ebenfalls kurz thematisiert haben. Die Umsätze hätten demzufolge im Jahr 2021 rund 9 Milliarden Euro betragen und nicht 18 Milliarden, was eben einem Wachstum von ca. 21 Prozent anstatt von mehr als 400 Prozent entspricht.

Fazit

Mit dieser Umsatzberechnung und dem Beharren auf den 18 Milliarden Euro hat sich die DHS gehörig in die Nesseln gesetzt. Leider wirft das hier sehr laxe Vorgehen bei der Datenerhebung ein schlechtes Licht auf das gesamte Jahrbuch. Natürlich muss man sich nun fragen, ob vielleicht auch an anderer Stelle einfach gegoogelt und nicht genauer hinterfragt wurde.

Eine Webseite, die illegale Bookies bewirbt, als Quelle zu nutzen, ist natürlich ein absolutes No-Go. Die „Heinz“-Pages scheinen immerhin rechtmäßig zu sein und haben womöglich einen wirklichen Mehrwertcharakter. Dennoch sollten auch solche Quellen nicht für eine wissenschaftliche, öffentlich wichtige und womöglich rechtlich relevante Abhandlung herhalten dürfen.

Quelle des Bildes: https://www.pexels.com/de-de/foto/schreiender-formeller-mann-der-nachrichten-auf-laptop-beobachtet-3760778/

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