Ist eine „Medikamenten-Lotterie“ moralisch verwerflich?
Das Biotechnologie- und Pharmaunternehmen Novartis hat bereits Anfang des Jahres stark polarisiert. Ausschlaggebend hierfür war die Idee des in Basel ansässigen Unternehmens, ein millionenteures Medikament zur Lebensrettung von Kleinkindern in einer Art Lotterie zu verlosen. Insgesamt sollen demnach 100 dieser sündhaft teuren Medikamentendosen für erkrankte Kleinkinder auf der ganzen Welt zur Verfügung gestellt werden.
Am Beispiel der einjährigen Harper Hanki aus Kanada wird deutlich, dass das Vorhaben vielleicht nicht unbedingt moralisch verwerflich sein muss – sie hat nämlich das große Los gezogen und erhält das wahrscheinlich lebensrettende Medikament vom Hersteller kostenlos. Aber wie läuft die stark umstrittene „Medikamenten-Lotterie“ von Novartis ab und kann solch eine Aktion in irgendeiner Form gerecht sein? Bereits Anfang November haben die Eltern der einjährigen Harper Hanki auf Instagram gepostet, dass sie für ihr erkranktes Baby das große Los gezogen haben. Das Schweizer Biotechnologie- und Pharmaunternehmen Novartis habe sie nämlich kontaktiert, um ihrem Kind ein umgerechnet 1,8 Millionen Euro teures Medikament zu schenken. Vorausgegangen war eine Teilnahme der Eltern an einer Art „Medikamenten-Lotterie“. Die kleine Harper leidet unter einer seltenen spinalen Muskelatrophie (SMA).
Krankenkassen übernehmen Behandlung nicht
Bis heute übernehmen nur die wenigsten Krankenkassen die Behandlung dieser seltenen Erkrankung. Ausschlaggebend dafür dürfte wohl die Höhe der Behandlungskosten sein. Die erforderliche Behandlung mit dem von der Novartis AG entwickelten Medikament namens Zolgensma kostet nämlich in Kanada beispielsweise 2,8 Millionen CAD, was umgerechnet etwa 1,8 Millionen Euro ergibt. Dieses sündhaft teure Medikament soll dann das defekte Gen, welches beim Erkrankten den Muskelschwund auslöst, gewissermaßen austauschen. Während das Medikament in den USA und in Europa bereits zugelassen ist, läuft in Kanada noch das Genehmigungsverfahren.
Spinale Muskelatrophie (SMA)
Novartis veranstaltet Anfang des Jahres eine „Medikamenten-Lotterie“
Anfang des Jahres berichteten bereits etliche Medien von der umstrittenen Idee des Pharmaunternehmens, das lebensrettende Medikament in einer Art Lotterie zu verlosen. Damals gab die Novartis AG an, insgesamt 100 Behandlungen mit dem millionenteuren Medikament Zolgensma kostenlos bereitstellen zu wollen. Um die größtmögliche Fairness zu gewährleisten, hat das Unternehmen mitgeteilt, alle Zolgensma-Behandlungen verlosen zu wollen. Mit diesem Vorhaben erntete das Unternehmen viel Kritik.
Eltern der erkrankten Harper Hanki überglücklich
Amanda und John Hanki sind die Eltern der erkrankten Harper Hanki aus Kanada. Sie posteten Anfang November auf Instagram, dass die Novartis AG sie kontaktiert habe und ihrer Tochter die lebensrettende Medikamentendosis zur Verfügung stellen wolle. Zuvor hatten die besorgten Eltern bereits selbst eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, um ihrem Kind das lebensrettende Medikament kaufen zu können. In einem Zeitraum von mehreren Monaten ist es den Eltern gelungen, insgesamt 272.000 CAD einzusammeln – ein beeindruckender Betrag, der leider trotzdem nicht gereicht hätte, um das mehr als zehnmal so teure Medikament für rund 2,8 Millionen CAD zu kaufen. Die Spendensumme werden die Eltern nun nicht mehr benötigen, da Novartis ihnen das Medikament kostenlos zur Verfügung stellen wird. Nach aktuellem Plan soll die Behandlung für Harper in den nächsten Tagen in einem Krankenhaus von Calgary beginnen. Amanda und John Hanki ließen ihren Gefühlen bei Instagram freien Lauf und dankten zugleich allen Unterstützern der Crowdfunding-Kampagne:
„In dieser Woche haben wir in der Lotterie gewonnen, um Harpers Leben zu retten. Die von der alle SMA-Familien träumen. (…) Jetzt können wir tief durchatmen und feiern!“
Spenden sollen in die Forschung fließen
Da die Eltern der einjährigen Harper Hanki die Spenden aus der Crowdfunding-Kampagne nun nicht mehr benötigen werden, teilten sie mit, dass sie den gesamten Betrag aufwenden wollen, um die seltene Krankheit SMA weiter zu erforschen. Damit sollen andere Eltern unterstützt werden die leidvolle Krankheit besiegen zu können.
„Medikamenten-Lotterie“ – moralisch verwerflich?
Es bleibt die Frage, ob eine „Medikamenten-Lotterie“, wie sie vom Basler Pharmaunternehmen Novartis veranstaltet wurde, moralisch zu bestanden ist oder nicht. Schließlich liegt es in der Natur der Sache, dass bei einer Lotterie nicht jeder Teilnehmer gewinnen kann. Und bei den Teilnehmern handelt es sich in diesem Fall um emotional stark belastete Eltern von Kleinkindern, die befürchten, dass ihr Kind schon bald der Krankheit zum Opfer fallen könnte. Auf der anderen Seite wäre es vermutlich für alle Teilnehmer auch keine zufriedenstellende Alternative, wenn überhaupt niemand vom Pharmakonzern eine kostenlose Behandlung erhalten würde.
Fazit
Abschließend lässt sich feststellen, dass man eine solche „Medikamenten-Lotterie“ zurecht kritisieren kann. Fakt ist aber auch, dass die Großzügigkeit vom Pharmaunternehmen Novartis AG wahrscheinlich erkrankten Kindern wie der kleinen Harper Hanki das Leben retten wird. Von daher gibt es im Grunde keine überzeugenden Argumente dafür, eine solche Lotterie kein zweites Mal zu veranstalten oder zu verbieten. Nichtsdestotrotz scheint es relativ unwahrscheinlich zu sein, dass eine solche „Medikamenten-Lotterie“ in Zukunft auch in Deutschland veranstaltet wird. Hierzulande gibt es allerdings auch ein gut funktionierendes Gesundheitssystem, welches zumindest für eine erfolgversprechende Behandlung in der Regel aufkommen würde.
Quelle des Bildes: https://pixabay.com/de/photos/thermometer-kopfschmerzen-schmerz-1539191/
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5 Kommentare zu: Ist eine „Medikamenten-Lotterie“ moralisch verwerflich?
Kommentar verfassenMarsimoto
16.12.2020 um 05:30 UhrNormalerweise sollte da JEDES kranke Kind so ein Medikament kostenlos erhalten und dafür die Manager... der Unternehmen weniger einsacken! Genauso ekelhaft finde ich es, dass Krankenkassen die Behandlung aufgrund der hohen Kosten nicht übernehmen wollen... ich meine für was hat man denn eine Krankenversicherung? Drecks Kapitalismus! Mehr anzeigen
Felixrl
12.12.2020 um 12:08 UhrChristian_1994
13.12.2020 um 17:15 Uhrwettibernd
11.12.2020 um 12:48 UhrChristian_1994
13.12.2020 um 17:18 UhrUnsere Community lebt von deinem Feedback – also, mach mit!
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