Mitte April haben die Parteichefs von CDU, CSU und SPD ihre Pläne für eine gemeinsame Regierung vorgestellt. Der betreffende Koalitionsvertrag enthält auch einen konkreten Passus zum illegalen Glücksspiel, in dem eine Verbesserung der Bekämpfung entsprechender Angebote angekündigt wird. Aus Sicht der Branche ein „großer Fortschritt“ und ein „wichtiges Signal“. Verbände fordern jetzt mehr Klarheit und machen sich für Änderungen stark. Tatsächlich bestehen durch die Festschreibung erhöhte Chancen, dass sich merklich etwas ändert – auch für die Spieler.

Es ist nur ein einziger Satz: Eingestreut in Zeile 2901 eines über 140 Seiten starken Papiers. Und doch sorgt er für Aufmerksamkeit – zumindest bei denen, die sich beruflich oder leidenschaftlich mit Glücksspiel beschäftigen. CDU, CSU und SPD haben sich Mitte April auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Darin heißt es wörtlich: „Wir verbessern gemeinsam mit den Ländern die Bekämpfung von illegalem Glücksspiel.“

Was auf den ersten Blick wie eine typische politische Floskel wirken mag, könnte in Wirklichkeit einen Wendepunkt markieren. Denn erstmals wird dem illegalen Glücksspiel in einem Koalitionsvertrag explizit Raum gegeben. Die Branche nimmt diesen Schritt jedenfalls nicht auf die leichte Schulter. Der Deutsche Sportwettenverband (DSWV) spricht von einem „wichtigen Signal“. Für den Deutschen Online Casinoverband (DOCV) ist es sogar ein „großer Fortschritt“. Für die Deutsche Automatenwirtschaft e. V. (DAW) steht fest: „Dieser Schritt war dringend notwendig.“

Dass Handlungsbedarf besteht, zeigen nicht zuletzt aktuelle Datenanalysen von H2 Gambling Capital: Ungewöhnliche Anomalien im deutschen Online-Glücksspiel deuten (wiederholt) darauf hin, dass der Schwarzmarkt weitaus größer ist, als offizielle Schätzungen bisher vermuten ließen. Eine Entwicklung, die nicht nur für lizenzierte Anbieter, sondern auch für Spieler zur echten Gefahr werden kann.

Doch was bedeutet die neue Festschreibung wirklich? Wie realistisch ist es, dass daraus auch echte Maßnahmen folgen? Wir haben uns die Reaktionen aus der Branche und die möglichen (positiven) Auswirkungen für die Spieler einmal genauer angesehen.

Was die Branche jetzt von der Politik fordert

Kaum war der neue Koalitionsvertrag veröffentlicht, meldeten sich auch schon die wichtigsten Vertreter der Branche zu Wort. Der Deutsche Online Casinoverband, die Deutsche Automatenwirtschaft e. V. und der Deutsche Sportwettenverband begrüßten das politische Bekenntnis zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels – und legten direkt konkrete Vorschläge nach. Eines wurde klargemacht: Mit wohlklingenden Formulierungen allein lässt sich der wachsende Schwarzmarkt keinesfalls eindämmen.

DOCV

„Dieser Schritt war überfällig“, betont DOCV-Präsident Dirk Quermann und unterstreicht: „Die Stärkung des legalen Angebots durch zeitnahe regulatorische Anpassungen ist dabei die wirksamste Methode, um diesen Worten auch Taten folgen zu lassen.“

Das Zauberwort lautet: Kanalisierung – Spieler sollen bewusst zurück in den legalen Markt geführt werden. Denn dort, und nur dort, gelten klare Regeln und effektiver Spielerschutz. In der Pressemitteilung des Verbands heißt es daher unmissverständlich:

„Wir müssen die Spieler wieder aus dem ungeschützten Schwarzmarkt zurück in den legalen Markt führen, denn nur dort kann der Spielerschutz garantiert werden. Dies kann nur funktionieren, wenn wir das legale Spiel stärken“, betont Quermann. „Der DOCV steht jederzeit für den Dialog bereit. Tragfähige Lösungen können nur im gemeinsamen Austausch zwischen Industrie, Politik, Forschung und Verwaltung erarbeitet und vorangebracht werden.“

Eine Gelegenheit zur Umsetzung böte sich schon bald: Die Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrags 2021 steht an – und mit ihr die Chance, bestehende Regelungen gezielt zu überarbeiten. Aus Sicht des DOCV gehören dazu unter anderem:

DAW

Im Presse-Statement der Deutschen Automatenwirtschaft meldet sich deren Vorstandssprecher Georg Stecker zu Wort:

„Wir begrüßen ausdrücklich, dass die neue Bundesregierung den Kampf gegen den illegalen Glücksspielmarkt als konkretes Ziel benennt.“ Auch Stecker betont: „Dieser Schritt war dringend notwendig.“ Und weiter: „Nun kommt es darauf an, mit einer klugen Regulierung die legalen Anbieter zu stärken und so das Übel der Illegalität an der Wurzel zu bekämpfen. Unser legales Angebot ist sicher. Nun muss es wieder der Nachfrage der Verbraucher gerecht werden und ausreichend verfügbar sein.“

DSWV

Auch der DSWV bringt sich durch eine Mitteilung aktiv in die Debatte ein – und zwar gleich mit einer ganzen Liste an Vorschlägen, wie der Vollzug gegen illegale Angebote gestärkt werden kann. Abermals der wichtigste Punkt: Ein starker legaler Wettbewerb wird als die beste Antwort auf die Reize des Schwarzmarkts gesehen. Dafür braucht es mehr als nur Lizenzen – es braucht attraktive Produkte, weniger bürokratische Hürden und klare Zuständigkeiten.

  • Besonders eindringlich fordert der Verband die Einrichtung einer bundesweiten Schwerpunktstaatsanwaltschaft, die gezielt gegen illegales Glücksspiel – insbesondere im Internet – vorgehen kann. Denn viele Verfahren würden derzeit an unklaren Zuständigkeiten oder der grenzüberschreitenden Struktur typischer Schwarzmarktanbieter scheitern. In diesem Zusammenhang forderte die GGL kürzlich eine Erweiterung des Paragraphen 284 StGB auf Online-Gambling.
  • Hinzu kommt der Vorschlag eines „Follow the Money“-Ansatzes: Geldflüsse – auch in Kryptowährungen – müssten konsequent nachverfolgt werden, idealerweise unter Einbezug der Steuerbehörden und Finanzaufsicht. Auch die großen Internet-Player wie Google sieht der Verband in der Pflicht. Werbe- und Affiliate-Netzwerke sollen laut DSWV aktiver gegen illegale Inhalte vorgehen. Der Digital Services Act (DSA) böte hierfür neue rechtliche Möglichkeiten.
  • Außerdem setzt sich der DSWV für eine europäische Harmonisierung der Glücksspielregulierung ein – denn der aktuelle Flickenteppich mache eine konsequente Durchsetzung nationaler Regeln nahezu unmöglich.

Für die Bundesländer bedeutet all das ebenfalls: jetzt handeln. Die Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrags sollte genutzt werden, um Bürokratie abzubauen, steuerliche Rahmenbedingungen zu modernisieren und die Sichtbarkeit legaler Anbieter nicht weiter zu beschneiden.

Deshalb erhöht der Glücksspiel-Passus im Koalitionsvertrag die Chance auf einen echten Wandel und mehr Freiheiten für die Spieler

Es ist ein Novum – und für viele ein Hoffnungsschimmer: Mit dem neuen Koalitionsvertrag hat der Kampf gegen illegales Glücksspiel endgültig die Bundesebene erreicht. Das ist bemerkenswert, denn bislang waren es vor allem regionale Vorstöße, die für Bewegung sorgten. Sei es die Forderung der FDP in Nordrhein-Westfalen nach schnelleren Genehmigungsverfahren für Online Casinos (mehr dazu hier), das mögliche Werbeverbot für Wettanbieter bei Werder, das Bremens Innensenator Ulrich Mäurer ins Spiel brachte (mehr dazu) oder der Vorschlag aus Schleswig-Holstein, Anbieter von Online-Tischspielen nach der dortigen Genehmigung an eventuellen Therapiekosten zu beteiligen (mehr dazu).

All diese Initiativen bewegten sich bislang im Spannungsfeld einzelner Bundesländer – oft mit sehr restriktivem Charakter. Jetzt aber steht erstmals ein bundespolitischer Wille im Raum, der nicht nur symbolisch, sondern strategisch von Bedeutung sein könnte. Denn wenn CDU, CSU und SPD sich auf Bundesebene verpflichten, illegales Glücksspiel aktiv zu bekämpfen, steigt auch der politische Druck, konkrete Maßnahmen zu ergreifen.
Der Münchner Glücksspielrechtler Wulf Hambach bringt es in der internationalen Fachpresse auf den Punkt: „Wenn die Bundesregierung feststellt, dass der Schwarzmarkt wächst, wäre das ein politisches Scheitern – und das will man in Berlin tunlichst vermeiden.“

Für Hambach ist der Glücksspiel-Passus im Koalitionsvertrag daher mehr als nur ein Lippenbekenntnis – er ist ein erster Schritt hin zu einer echten Reform. Der Vorteil der Bundesebene? Sie erlaubt einen rationaleren Blick auf die Branche. Während einzelne Länder – insbesondere SPD-geführte wie Bremen – immer wieder auf verschärfte Restriktionen pochen würden, zeige sich etwa die CDU in Glücksspielfragen deutlich sachlicher.

„Ich bin zuversichtlich, dass man mit der bevorstehenden Reform des Glücksspielstaatsvertrags neue, ausgewogenere Wege finden wird“, so Hambach.

Dazu gehört auch ein kritischer Blick auf bestehende Regularien, die Branchenangehörige und Spieler seit Langem als realitätsfern einstufen. Solche Anpassungen könnten helfen, den legalen Markt konkurrenzfähiger zu machen – ein zentrales Element, um Spieler vom Schwarzmarkt zurückzuholen. Die Chance auf Veränderung scheint greifbarer denn je.

Fazit

Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD enthält mehr als nur eine symbolische Geste – er setzt ein deutliches Zeichen: Der Bund nimmt den Kampf gegen illegales Glücksspiel ernst und bekennt sich erstmals ausdrücklich zur Regulierung auf nationaler Ebene. Das allein ändert zwar noch nichts, doch es legt den Grundstein für einen echten Wandel.

Nun kommt es auf den politischen Willen an – und auf die Bereitschaft aller Beteiligten, Verantwortung zu übernehmen. Nur wenn Politik, Branche und Behörden an einem Strang ziehen, lässt sich ein Markt schaffen, der sowohl sicher als auch attraktiv ist. Einer, der Spieler schützt und illegale Anbieter in die Schranken weist.

Der Einstieg des Bundes in die Glücksspielregulierung könnte genau das sein, worauf viele gehofft haben: ein Gamechanger. Denn je höher die politische Ebene, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass das Thema wieder in der Schublade verschwindet. Noch ist nichts beschlossen, aber der Weg ist geebnet. Die Aufnahme des Themas in die bundesweite Agenda zwingt zum Handeln – anders als auf Landesebene, wo bislang oft Blockade statt Bewegung herrschte.

Bleibt die Hoffnung, dass der häufig kritisierte „Stillstand“ auf dem deutschen Glücksspielmarkt nun endlich ein Ende findet – und aus dem Koalitionsvertrag mehr wird als ein politisches Versprechen.

Quelle des Bildes: https://pixabay.com/photos/man-sign-paper-write-document-5710164/

Zentrale Textquellen: https://casinoverband.de/blog/klares-bekenntnis-gegen-illegales-glucksspiel-docv-begrusst-neuen-koalitionsvertrag, https://www.dswv.de/dswv-begrusst-koalitionsvertrag-jetzt-konkrete-massnahmen-gegen-illegales-glucksspiel-umsetzen/, https://www.automatenwirtschaft.de/koalitionsvertrag-bekennt-sich-zur-bekaempfung-des-illegalen-gluecksspiels-automatenwirtschaft-begruesst-zielsetzung-und-fordert-ganzheitlichen-ansatz/, https://igamingbusiness.com/offshore-gaming/germany-new-government-illegal-gambling/, https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag2025_bf.pdf

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2 Kommentare zu: GroKo: Bekämpfung illegalen Glücksspiels im Koalitionsvertrag festgeschrieben

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Was mich am meisten stört ist die 5 Sekunden Regel das nimmt einem sämtlichen Spaß. 5 Sekunden Regel weg, 2 Euro max Einsatz 1000 im Monat ist okay dann wäre ich gerne in deutschen Casinos.
Das dem Glücksspielvertrag in einen Koalitionsvertrag " erstmals explizit Raum gegeben" wird mag daran liegen das es vor Juli 2021 ja noch keine Gesetzgebung oder Glücksspielvertrag gab. Zumindest nicht auf Bundesebene.
Ein paar...   Mehr anzeigen
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