Dringlicher Antrag zur Regulierung der Online Casinos und weiterer Glücksspiele
Der hessische Landtag hat das Scheitern des 2. Glücksspieländerungsstaatsvertrags durch den Landtag Schleswig-Holsteins zur Kenntnis genommen. Mit einem dringlichen Antrag versuchen jetzt die Fraktionen der CDU und Grünen, eine umfangreiche Neuausrichtung des Glücksspielstaatsvertrages anzustoßen, indem auch Internetcasino- und Poker-Angebote geregelt werden. Online Glücksspiel könnte in Deutschland also in absehbarer Zeit legalisiert werden.
Der Landtag Schleswig-Holsteins hat am 22.09.2017 beschlossen, dass man den 2. Änderungsvertrag zum Glücksspielstaatsvertrag nicht ratifizieren wird. Das Land Nordrhein-Westfalen hat nach der Entscheidung von Schleswig-Holstein ebenfalls die Zustimmung für das Gesetz verweigert - der Änderungsvertrag wird aufgrund fehlender Zustimmung aller Bundesländer nicht in Kraft treten.
Der Hessische Landtag hat nun die hessische Landesregierung aufgefordert, sich um Neuverhandlungen zu bemühen und dabei die „Leitlinien für eine zeitgemäße Glücksspielregulierung in Deutschland“ vom 22.06.2016 als Grundlage zu nutzen.
Begründung zu diesem Schritt
Zunächst bedauert der hessische Landtag, dass der 2. Glücksspieländerungsstaatsvertrag lediglich einen Minimalkonsens der Länder dargestellt hat. Neben den Bedenken der Landesregierung hatte das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen große Kritik an der Rechtmäßigkeit der Regelungen vor allem im Bereich der Vergabe der Sportwetten-Konzessionen geübt. In dem Urteil wurde auf die Diskriminierung von Anbietern hingewiesen, die in der Experimentierphase keine von den 20 Sportwetten Lizenzen erhalten.
Die derzeitige Situation, dass rund 98 % der Spieleinsätze von deutschen Bürgern im Online Glücksspielmarkt als illegal angesehen werden könnten, sei nicht hinnehmbar. Auf absehbare Zeit wird es keine Änderungen an der derzeitigen Situation geben, da die Ratifizierungsprozesse für den Änderungsvertrag zum Stillstand gekommen sind. Somit werden auch 2018 wahrscheinlich 91 % des Sportwettenmarktes in Deutschland illegal sein.
Was ist für eine umfassende Regulierung des Online Glücksspielmarktes wichtig?
Damit sich an diesem Zustand nun endlich etwas ändert, hat der Landtag die hessische Regierung mit der Aufnahme von Neuverhandlungen beauftragt. Dabei solle der Glücksspielmarkt umfassend reguliert werden. Man fordert für das Online Glücksspiel Verlustlimits und vor allem eine zentrale bundesweite Sperrdatei zur Verbesserung des Spielerschutzes. Im Folgenden werden die 5 Leitlinien für die Verhandlungen kurz umrissen.
Leitlinie 1: Regulierung von Online Casino- und Pokerspielen
Der Glücksspielstaatsvertrag von 2012 sieht ein Verbot der Online Casinos und Pokerspiele vor. Die derzeitige Situation zeigt jedoch, dass dieses Verbot seine Wirkung verfehlt hat. Der Online Glücksspielmarkt ist weiter gewachsen. Von 2013 bis 2015 hat man einen Zuwachs um 50 % feststellen können. Laut aktuellem Glücksspielbarometer haben 35 % der Deutschen bereits im Internet Glücksspielangebote genutzt. Dr. Daniel Henzgen, Bevollmächtigter der Geschäftsführung für Politik und Außenbeziehungen bei LÖWEN ENTERTAINMENT folgerte aus der Situation dann Folgendes:
Deutschland ist der zweitgrößte Online-Markt Europas. Die Relevanz des Verbotes strebt also gegen null. Jetzt ist es am Gesetzgeber, hier einen ordnungspolitischen Zugriff zu bekommen. Denn Glücksspiel ist ein sozial-sensibles und regulierungsbedürftiges Produkt.
Das aktuelle Geschehen gleicht eher einem „Eldorado“ für illegales Glücksspiel als einem regulierten Markt. In einer Regulierung sieht man die Chance, dass der Spieler- sowie Jugendschutz deutlich verbessert werden. Die manipulationsanfälligen Spiele im Internet sollten dann regelmäßigen Kontrollen unterzogen werden. Außerdem sollte effektiv gegen den Schwarzmarkt vorgegangen werden können.
Die Besteuerung ist natürlich ebenfalls ein gutes Argument, da der Landtag Hessens hierin die Chance sieht, dass weitere Gelder eingenommen werden können, die dann wiederum guten Zwecken zugeführt werden.
Leitlinie 2: Keine Begrenzung der Anzahl an Sportwettkonzessionen
Aktuell gibt es in Deutschland 133 Webseiten, die Sportwetten anbieten. Das entspricht wohl etwa der Zahl an Unternehmen, die eine Konzession für Sportwetten beantragt hatten. 80 Anbieter zahlen bereits jetzt in Deutschland regulär ihre Steuern. Die Begrenzung auf 20 Konzessionen, wie es der Staatsvertrag derzeit vorsieht, ist folglich nicht mehr haltbar, da sie die Situation des Sportwettenmarktes ignoriert.
Die 7-jährige Experimentierphase ist nicht zustande gekommen, da die Begrenzung der Konzessionen nicht vereinbar mit dem europäischen Recht war. Der Landtag fordert daher die Aufhebung der Begrenzung. An ihre Stelle soll ein Erlaubnisverfahren treten, das zu einer erfolgreichen Regulierung führt.
Leitlinie 3: Vorschriften für Registrierung und Höchsteinsätze
Der Glücksspielstaatsvertrag sieht monatliche Einsatzgrenzen von 1.000 € beim Spielen im Internet vor. Diese Begrenzungen sind weder marktgerecht noch helfen solche Begrenzungen der Spielsuchtprävention.
Wenn man bedenkt, dass die Gewinnausschüttungen bei über 90 % liegen, ist es wahrscheinlich, dass ein Spieler keine Einsätze mehr tätigen kann, obwohl er einen Teil seines Einsatzes zurückgewonnen oder nicht einmal etwas verloren hat. Daher sähe man hier lieber Verlustlimits anstelle von Einsatzbegrenzungen. Zudem sieht man die Gefahr, dass High Roller durch solche Einsatzlimits nicht die regulierten Casinos nutzen, sondern sich der Angebote aus dem Schwarzmarkt bedienen (z. B. Online Casinos ohne Lizenz).
Man hat ebenfalls festgestellt, dass laut Studien der Landeslotteriegesellschaft zwischen 50 % und 70 % der Nutzer die Anmeldung im Internet abbrechen, da sie durch die Anforderungen der Kommission für Jugendschutz zu kompliziert seien. Damit Spieler nicht wegen der aufwendigeren Registrierung eher illegale Angebote wahrnehmen, sollten auch hier sinnvolle Wege vorgeschrieben werden.
Leitlinie 4: Zusammenarbeit der Länder
Der Vertrag sieht die Schaffung eines Glücksspielkollegiums vor, das die Zusammenarbeit der Länder effektiver gestaltet. Das Kollegium entscheidet mit 2/3 Mehrheit und die Entscheidungen müssen von den jeweiligen Landesbehörden umgesetzt werden. In der Vergangenheit hat dieses Gremium jedoch zu keiner Regulierung des Glücksspielmarktes geführt, außerdem handelt es sich laut Ansicht des hessischen Verwaltungsgerichtshofs um ein verfassungswidriges Gremium, da die demokratische Kontrolle große Mängel aufweise.
Man ist daher der Meinung, dass die Zusammenarbeit nur durch eine gemeinsame Anstalt des öffentlichen Rechts effektiv verbessert werden könnte. Dann hätte man eine bundesweit agierende Behörde, die sich um die Erteilung von Konzessionen für die Online Angebote, die Untersagung von illegalem Glücksspiel und die Kontrolle der Werbung kümmert.
Leitlinie 5: Bundesweite zentrale Sperrdatei
Wie im Glücksspielstaatsvertrag festgeschrieben, betreibt das Land Hessen derzeit eine bundesweite zentrale Sperrdatei, an die Spielbanken, legale Sportwettenanbieter und Lotteriegesellschaften angeschlossen werden sollen. Außerdem hat das Land eine eigene Sperrdatei für alle hessischen Spielhallen und Spielotheken.
Bisher wurde nur das Land Hessen an die zentrale Sperrdatei angeschlossen. Warum man diese Maßnahmen zur Verbesserung des Spielerschutzes bisher nicht bundesweit durchgesetzt hat, ist unbegreiflich. Ferner sollte diese Sperrdatei ausgebaut werden und alle Spielhallen abdecken, wie es beispielsweise von der AG Suchthilfe gefordert wird.
Eine Regulierung des Glücksspiels ist aus Sicht des hessischen Landtags unbedingt notwendig, da das derzeitige System auch das Lotteriemonopol gefährde. Das Verwaltungsgericht München hatte im letzten Jahr dieses bereits infrage gestellt. In Hessen spricht man sich für ein Verbot für Zweitlotterie aus.
Was ändert sich dadurch jetzt aktuell?
Diese Forderungen zur Regulierung des Glücksspiels ändern nichts an der derzeitigen Rechtslage. Ich habe bereits einen Artikel zum Thema der Legalität von Online Casinos und Glücksspiel im Internet geschrieben. Damals hatte ich ausgeführt, dass es sich um eine große Grauzone handelt.
Spieler müssen keine rechtlichen Konsequenzen fürchten, solange sie Online Casinos mit gültiger EU-Lizenz besuchen. Es gab 2011 einen Fall, dass ein Malermeister seine Gewinne zunächst abgeben musste. Als die Sachlage jedoch vor dem Landgericht München verhandelt wurde, kam heraus, dass das deutsche Strafrecht nicht anwendbar ist, sondern das europäische Recht darüber steht. Die Klage wurde daraufhin abgewiesen und er bekam die Gewinne zurück.
Seitdem werden Spieler, die Online Casinos besuchen, nicht verfolgt und nicht des illegalen Glücksspiels angeklagt, da die Rechtslage nicht eindeutig ist. Erst ein neuer Glücksspielstaatsvertrag, der im Einklang mit dem EU-Recht ist, könnte diesen Umstand ändern.
Fazit: Regulierungsbedarf erkannt, aber es braucht seine Zeit
Der Landtag in Hessen hatte bereits formuliert, dass man wohl auch 2018 keine vernünftige Lösung für die Regulierung haben werde. Mittlerweile ist man jedoch aus politischer Sicht schon so weit, dass man den unhaltbaren Zustand im Online Bereich nicht mehr ignorieren kann. Weiterhin hat man eingesehen, dass ein Totalverbot sein Ziel verfehlt und nun endlich eine einheitliche bundesweite Regelung verabschiedet werden muss. Selbst die Hoffnung auf eine gesamte Sperrdatei wird nicht aufgegeben. 2018 könnte zumindest endlich eine Regulierung des Online Glücksspiels auf den Weg gebracht werden, die dann in den nächsten Jahren umgesetzt wird.
Bildquelle: 164091525 - Businessman Is Signing A Legal Document In Office © ilkercelik
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1 Kommentar zu: Dringlicher Antrag zur Regulierung der Online Casinos und weiterer Glücksspiele
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31.01.2018 um 05:18 UhrUnsere Community lebt von deinem Feedback – also, mach mit!
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