Der Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) ist das zentrale Rechtsmittel zur Regulierung des Glücksspiels in Deutschland. Die Gesetzgebung ruft jedoch sowohl bei Spielern als auch bei Behörden, Politik, Juristen und Branchenverbänden regelmäßig Kritik hervor. Im Zuge ihrer Jahreskonferenz Ende Juni 2024 haben sich jüngst auch die Grünen mit der Thematik befasst. In einem Positionspapier fordert die Partei einige markante Änderungen rund um Werbung, Limits, OASIS, eine ausgewiesene Blacklist und mehr.

Der Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) von 2021 zielt zentral darauf ab, den deutschen Glücksspielmarkt umfassend und einheitlich zu regulieren und gleichzeitig einen hohen Spielerschutz zu gewährleisten. Er soll einen starken Beitrag dazu leisten, dass Spielinteressierte vor allem eindeutig genehmigte Angebote nutzen. Durch die Einführung oder die Neuausrichtung spezifischer Lizenzanforderungen für den Offline- und Online-Markt soll ein sicheres, transparentes Umfeld geschaffen werden. Das Gelingen dieser Absichten wird jedoch regelmäßig infrage gestellt.

In unserer Berichterstattung sind betreffende Regelungen immer wieder präsent – und tatsächlich geht es in diesem Zusammenhang meistens um Kritik oder die Feststellung von Änderungsbedarfen. Zum Beispiel haben wir 2023 selbst eine Analyse zur Gesetzgebung bzw. zu den damit verbundenen Maßnahmen durchgeführt, bei der im Großen und Ganzen herauskam, dass die Wirkung des GlüStV von 2021 fraglich ist. Der erste Glücksspielatlas hat im Sommer 2023 Änderungen am GlüStV in Aussicht gestellt. Ende 2023 legte eine Studie der Universität Leipzig nahe, dass der Kanalisierungsauftrag des Staatsvertrags verfehlt wird. Und erst vor wenigen Wochen kam der Zwischenbericht zur Evaluierung des GlüStV heraus, der an mehreren Stellen aufzeigt, dass Anpassungen notwendig sind.

Genau diesen Zwischenbericht nahmen die Grünen zum Anlass, den GlüStV ihrerseits zu diskutieren. Der oberfränkische Landtagsabgeordnete Tim Pargent und weitere Grünen-Politiker aus Bund und Ländern der Ressorts Innen-, Verbraucher-, Finanz- und Gesundheitspolitik haben die Bestimmungen bei ihrer Jahreskonferenz Ende Juni genauer unter die Lupe genommen. Dazu wurde ein Positionspapier veröffentlicht, in dem neben Kritik Handlungsempfehlungen für Änderungen am GlüStV zu finden sind.

Was fordern die Grünen in ihrem Positionspapier genau?

Das „Positionspapier zur Glücksspielregulierung in Deutschland“ hält zunächst fest, dass „ein regulierter und gut funktionierender Glücksspielmarkt sowie die Bekämpfung illegaler Angebote die Grundvoraussetzungen für einen starken Spieler- und Jugendschutz“ sind. „Neue Spielformen, schnelllebige Technologien und Veränderungen im Spielerverhalten“ würden den deutschen Glücksspielmarkt vor große Herausforderungen stellen, womit sich die Gesetzgebung entsprechenden Gegebenheiten anpassen müsse.

Das könne – so legt es das Papier nahe – nur durch die Berücksichtigung der folgenden zentralen Änderungspunkte am GlüStV gewährleistet werden.

  1. Werbung: Man stellt fest, dass im GlüStV zwar Vorgaben für Glücksspielwerbung formuliert sind, es aber immer noch zu viele Schlupflöcher gibt. In die Kritik wird vor allem die erhöhte mediale Präsenz von Sportwettenanbietern durch Sponsorings genommen. „Die unzureichende Regelung in Sachen Sponsoring hat eine enge Verzahnung des Sport- und Glücksspiel- bzw. Wettbetriebs zur Folge“, was für Jugendliche, Suchtgefährdete und -erkrankte überaus gefährlich sei - so das Papier. Es solle daher keine Ausnahmeregelungen mehr geben. Darüber hinaus solle Glücksspielwerbung nicht mehr ab 21 Uhr, sondern erst ab 22 Uhr erlaubt sein.
  2. Erweiterte Limits: Das festgeschriebene Einzahlungslimit von 1.000 Euro pro Monat solle ohne Ausnahme eingehalten werden. Die Möglichkeit einer Anhebung der Grenze auf bis zu 10.000 Euro durch eine Bonitätsprüfung mache „insbesondere für Suchtgefährdete und -abhängige den eigentlichen Gedanken des Spielerschutzes de facto nichtig“.
  3. Eindeutige Blacklist: Die Grünen empfehlen, dass nicht nur der legale Markt transparent in einer Whitelist abgebildet wird, sondern es auch für den Schwarzmarkt eine entsprechende Blacklist geben soll. Das sei wichtig, damit Verbraucher schnell und einfach erkennen können, wer wirklich eine Lizenz hat und wer nicht. Es sei anschließend empfehlenswert, „White- und Blacklist im Netz bekannter“ zu machen.
  4. OASIS: Im Papier wird eingeräumt, dass das Spielersperrsystem OASIS einen großen Zuspruch hat bzw. oft in Anspruch genommen werde. Die Anzahl der Fremdsperren sei jedoch „noch recht gering“. Außerdem seien immer noch nicht alle Betriebsstätten angeschlossen. Vor allem letzteres solle schnellsten erledigt werden. Zudem seien regelmäßige Prüfungen durch die GGL sinnvoll.
  5. 24-Stunden-Sperre: Die Grünen raten an, die Regelungen rund um die 24-Stunden-Sperre zu erweitern. Sie fordern, dass ein automatischer Ausschluss erfolgen solle, wenn der sogenannte Panik-Button in kürzeren Zeitabständen mehrmals betätigt würde. Es solle dann keine automatische Freigabe mehr möglich sein, sondern von der GGL im Einzelfall geprüft werden.
  6. Geldwäsche: Die Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbehörden und der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit - FIU) solle intensiviert und im GlüStV klar geregelt werden. Nur so sei es möglich, „die Finanzkriminalität im Rahmen von Glücksspiel und Sportwetten effektiv zu bekämpfen“. Dafür sei unter anderem ein stärkerer Datenaustausch notwendig.
  7. Evaluation:: Es sei nicht ausreichend, den GlüStV alle fünf Jahre zu evaluieren, weil sich der Markt deutlich schneller entwickele, als man ursprünglich dachte. Für eine effektive Kontrolle fordern die Grünen, alle drei Jahre eine Prüfung durchzuführen.
  8. Strafrechtliche Einstufung illegaler Angebote: Wie auch wir bereits berichteten, steht im Raum, die Paragrafen 284, 285 und 287 des Strafgesetzbuches (StGB) abzuschaffen, womit illegales Glücksspiel keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit wäre. Die Grünen sprechen sich nicht nur für eine Aufrechterhaltung der Einstufung als Straftat, sondern zudem für eine Verschärfung aus – zumindest bezüglich der Anbieter. Eine Streichung des Paragraf 285, die eine Entkriminalisierung der Spieler bedeuten würde, hält die Partei durchaus für sinnvoll.
  9. Illegale Automaten: Laut dem Positionspapier gibt es „um die 50.000“ illegale Spielautomaten in Deutschland. Eine Verfolgung sei hier sehr schwierig und aufwendig, weshalb Ordnungsämter und Justiz dringend erweiterte Instrumente benötigten. Bei Razzien müsse unmittelbarer gehandelt werden können.
  10. Gastronomie: Die Vermischung von Gastronomie und Glücksspiel in sogenannten Café-Casinos sei ein großes Problem. Es gäbe viele Betreiber von Bars oder Cafés, die mitunter sogar ohne Konzession Spielautomaten aufstellen. Das sei ein No-go, aber auch generell solle für den Spielerschutz eine klarere Trennung zwischen Gastro- und Spielbetrieben vorgenommen werden.
  11. Lootboxen: Da der Zufall entscheide, was in Videospiel-Lootboxen enthalten ist, diese Features „klar suchtfördernde Elemente“ aufweisen würden und als Einstieg ins Glücksspiel gesehen werden könnten, sollten sie laut den Grünen für Kinder und Jugendliche verboten werden.
  12. Abstandsregelung: Jedes Bundesland regelt für sich, welchen Abstand Spielhallen und Wettbüros untereinander, aber auch zu kritischen Einrichtungen für Kinder und Jugendliche haben müssen/dürfen. Entsprechende Entfernungen sollen zukünftig einheitlich bzw. länderübergreifend durch den GlüStV bestimmt werden. Das gilt ebenfalls für das Zugangsalter zu betreffenden Spielstätten. Bremen geht hier mit einem Mindestalter von 21 Jahren einen eigenen Weg.

Kritik durch den Deutsche Automatenwirtschaft e.V.: „Verbotsauftrag“ wäre schädlich

Nach der Veröffentlichung des Positionspapiers und dessen Diskussion auf der Jahreskonferenz der Grünen verstrich nur wenig Zeit, bis sich die Glücksspielbranche einschaltet. Der Deutsche Automatenwirtschaft e.V. nahm kritisch Stellung zu den Forderungen. Zwar erkennt man die Beschäftigung mit der Thematik an, mahnt aber gleichzeitig, dass der GlüStV lenken und nicht verbieten soll und spricht dabei vor allem die Relevanz von Automaten in der Gastronomie an:

„Wir begrüßen, dass Politikerinnen und Politiker der Grünen aus Bund und Ländern dem illegalen Glücksspiel den Kampf ansagen. Richtigerweise wird erkannt, dass der Vollzug gegen illegale Angebote verbessert werden muss. Auch ist es zutreffend, die Rolle der Behörden dabei zu stärken.“

Aber:

„Es ist in jedem Fall falsch, den Lenkungsauftrag des Glücksspielstaatvertrages in einen Verbotsauftrag umzudeuten. So ist das vollständige Verbot von Geldspielgeräten in der Gastronomie der falsche Ansatz, ja sogar schädlich. Gerade der Abbau legaler Geräte führt zu einer massiven Ausbreitung des Schwarzmarktes. Das hat der Arbeitskreis gegen Spielsucht e.V. aus Unna schon zum Abbau des 3. Gerätes in der Gastronomie festgestellt. Die legale Gastronomie-Aufstellung wird, ebenso die legalen Spielhallen, dringend gebraucht, um den Kanalisierungsauftrag aus dem Glücksspielstaatsvertrag erfüllen zu können.“

Fazit

Wieder einmal Kritik und Änderungsforderungen rund um den GlüStV. Viele der Punkte sind durchaus nachvollziehbar, aber eben nicht wirklich neu. Sie weisen zwar auf gewisse Lösungswege hin, greifen allerdings oft schon länger bestehende Richtungen auf. Zu bedenken ist dabei, dass ein Positionspapier auch nicht unbedingt ganz Neues offenlegen möchte/muss. Es soll vielmehr das Wissen und das Bewusstsein zu einem bestimmten Thema – hier zur Glücksspielregulierung in Deutschland – aufbereiten. Ob die Politik der Grünen durch diese „Stellungnahme“ maßgeblich beeinflusst wird, ist zu bezweifeln. Eine weitere Fokussierung wurde zunächst nicht bekanntgegeben. Dass der Deutsche Automatenwirtschaft e.V. bei seiner Kritik vor allem die Spielautomaten in der Gastronomie anspricht, wundert nicht, da man die Interessen entsprechender Anbieter vertritt.

Quelle des Bildes: https://pixabay.com/illustrations/change-arrows-clouds-heaven-948024/

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16 Kommentare zu: Grüne diskutieren Überarbeitung des GlüStV

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Jede Verschlimmbesserung wurde empfohlen, aber kein Wort über ein attraktiveres Spieleangebot für den deutschen Markt.
Daher wird der einheimische Zocker weiter auf illegale Blattformen zocken.
Die sollen sich bitte um wichtige Dinge kümmern und nicht uns das was Spaß macht nehmen
Dreck wird noch dreckiger.
ich hoffe es hat niemand ernsthaft erwartet das für Spieler etwas besser wird?
selbst neutral betrachtet wäre das mit der Blacklist nicht ganz sinnlos für die Internet Neulinge wie Frau Merkel
wenn allerdings jedes Mal auch dafür...   Mehr anzeigen
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Irgendwie schon Lustig das Kernproblem wird einfach nicht erkannt. Der niedriege RTP ist doch das Hauptproblem. Wieso sind alle zu doof und sehen das nicht. Mal ehrlich selbst die 5 SEK Regel oder der Max Einsatz von 1€ könnte man...   Mehr anzeigen
Die niedrige RTP kommt von den irrsinnigen Regelungen. Die Casinos in Deutschland können einfach viel weniger Geld machen als illegale. Das liegt unter anderem an dem Einzahlungslimit, an der 5 Sekunden Regel usw. Um die RTP...   Mehr anzeigen
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Das Kernproblem erkennen die schon nur sie haben kein Interesse daran gegen die richtigen Probleme etwas zu machen weil sie lieber ihren Ideologischen Dünpfiff mit allen Mitteln durchsetzen wollen siehst doch wie sehr die die...   Mehr anzeigen
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Die meisten legalen Anbieter wollen nichts kapieren, woran die sich maximal halten sind die Punkte im Lizenzvertrag.
Ratschläge von außerhalb werden nur belächelt und intern wird sich über Spieler lustig gemacht die Probleme mit...   Mehr anzeigen
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@Daniel1988: Warum werden IMMER ALLE deutschen Anbieter über einen Kamm geschert?!
Woher weißt du, dass jedes Spieler-Feedback belächelt und nicht ernst genommen wird...von ALLEN DEUTSCHEN BETREIBERN?
Wenn dir ein deutscher Betreiber sagt,...   Mehr anzeigen
Also, anstatt Verbesserungen, einfach noch mehr Verschlechterungen. Die Grünen sollten wirklich in keiner Weise mehr irgendeine Machtposition innehaben. Kommt immer nur was schlechtes dabei raus.
Ach die Grünen immer wieder schön war ja klar von so einem Verein nur Vorschläge zu bekommen die bei der dümmsten Reguliuerung einfach mal noch dümmer sind

Die Wichtigen Punkte wo man mal was verbessern könnte werden nicht mal...   Mehr anzeigen
Tja die Grünen halt🤣
Die Blacklist möchte ich mal sehen. Soviel casinos die auf dem Markt sind. Ein richtig dicker Duden.
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Also alles am besten noch weiter kaputt "regulieren". Aber was kann man auch anderes von den Grünen erwarten?!
Omg jetzt gehts richtig los 😂

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