Werden Greifautomaten wegen Glücksspielrisiken von Volksfesten verbannt?

Ein Spiel am Greifautomaten ist für viele fester Teil des Kirmesbesuchs. Im niedersächsischen Georgsmarienhütte könnte das aber bald schwieriger werden: Der Stadtrat diskutiert ein weitgehendes Verbot der Geräte bei den hiesigen Veranstaltungen aufgrund ihres Glücksspielcharakters. Ein kompletter Ausschluss ist zwar unwahrscheinlich, eine Reduzierung zeichnet sich allerdings ab. Tatsächlich sind solche Greifer und klassische Spielautomaten gar nicht so verschieden.
Der Frühling zeigt seine ersten Züge, die Tage werden länger – und vielerorts steigt die Vorfreude auf die großen Volksfeste. Karussells, Fressbuden, Verkaufsstände und Partyzelte locken wieder tausende Besucher an. Und mittendrin, fast schon obligatorisch: Greifautomaten. Gemeinsam mit Box- oder Hau-den-Lukas-Geräten sind sie absolute Klassiker auf jedem Rummel.
Genau diese erschwerten Bedingungen brachten die Geräte bzw. deren Aufsteller schon häufiger in den Fokus der Justiz. Wir haben in der Vergangenheit übrigens darüber berichtet, dass Greifautomaten in Thailand als „Einstiegsdroge“ für das Glücksspiel betrachtet wurden und verboten werden sollten. In Taiwan sorgten Greifautomaten mit Bikini-Models für Aufsehen.
Glücksspiel liegt laut GlüStV von 2021 dann vor, „wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt“. Das trifft auf Greifautomaten nicht voll zu. Trotzdem sieht man im niedersächsischen Georgsmarienhütte offenbar einen gefährlichen Einstieg in die Suchtproblematik. Der Stadtrat hat deshalb entschieden: Auf Volksfesten der Stadt sollen solche Angebote künftig nicht mehr bereitgestellt werden dürfen. Eine klare Ansage (oder eben Absage) – doch die betroffenen Schausteller wehren sich.
Zwischen Jahrmarkt und Justiz: Warum Greifautomaten ins Visier geraten
Sind Greifautomaten wirklich so harmlos, wie sie auf den ersten Blick wirken? Oder steckt mehr dahinter – möglicherweise sogar ein Glücksspiel im rechtlichen Sinne? Genau diese Frage beschäftigte bereits vor einigen Jahren das Amtsgericht Cottbus.
- In einem aufschlussreichen Urteil wurde klargestellt: Bei den beliebten Plüschtiergreifern handelt es sich keineswegs um einfache Verkaufsautomaten. Denn der eigentliche Ablauf besteht nicht im schlichten Erwerb einer Ware, sondern in einem spielerischen Prozess mit ungewissem Ausgang.
- Die Richter stellten fest, dass der entscheidende Moment nicht das Einwerfen des Geldes oder die Wahl des Wunschgegenstands ist – sondern der Versuch, mit Gefühl und Timing das Objekt der Begierde zu erwischen. In der Praxis misslang das allen Testpersonen. Der Euro war weg, ein Kauf jedoch kam nicht zustande.
- Das Urteil untermauerte damit, was Kritiker schon lange sagen: Greifautomaten leben vom Nervenkitzel und der Illusion von Kontrolle – typische Merkmale eines Glücksspielmechanismus.
Kein Wunder also, dass diese Automaten in einer eigenen Kategorie landen: Laut Spielverordnung gelten sie als Spielgeräte mit Warengewinnen. Das unterscheidet sie zwar klar von klassischen Geldspielautomaten, macht sie aber keineswegs unbedenklich. Besonders für Kinder und Jugendliche, so die Sorge, könnten Greifautomaten den Einstieg in problematisches Spielverhalten ebnen.
Und genau hier setzt der Stadtrat von Georgsmarienhütte an. Auf Grundlage dieser Einschätzung sollte es ein pauschales Verbot geben – ein Schritt, den viele Schausteller als unverhältnismäßig empfanden.
Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Der Schaustellerverband Weser-Ems wehrte sich entschieden gegen das Vorgehen der Stadt und verwies auf die bestehende Rechtslage. Tatsächlich war der Widerstand erfolgreich – zumindest teilweise.
Nach mehreren Gesprächen näherten sich Stadtverwaltung und Schaustellerverband inzwischen an. Ein Komplettverbot scheint vom Tisch. Stattdessen soll die Zahl der Greifautomaten auf den Volksfesten in der Region, wenn diese im Mai 2025 in die neue Saison starten, reduziert werden. Ein Kompromiss, der zwar nicht alle Seiten glücklich macht, aber zumindest die grundsätzliche Präsenz der Geräte sichert.
Plüsch statt Jackpot: Wie viel Glücksspiel steckt wirklich im Greifautomaten?
Greifautomaten wirken oberflächlich betrachtet total simpel: Blinkende Beleuchtung, verspielte Soundeffekte und Kuscheltiere – typisch Jahrmarkt eben. Doch auf technischer Ebene sind die Geräte in der Tat alles andere als einfach. Sie haben hochpräzise Steuerungen und werden ähnlich raffiniert programmiert wie so mancher klassischer Spielautomat.
Der typische Ablauf:
- Nach der Geldeingabe prüft das System zunächst die Echtheit von Münze oder Schein. Dann wird der Joystick oder ein Tastenpaar freigeschaltet – und der Spieler darf loslegen.
- Über einen motorisierten Schlitten wird die Kralle in zwei Achsen (vor-zurück, rechts-links) zur gewünschten Position bewegt. Dafür hat der Nutzer einen gewissen Zeitrahmen. Bei manchen Geräten ist die Bewegungsfreiheit stärker eingeschränkt.
- Auf Knopfdruck senkt sich der Greifer ab – und packt automatisch zu. Was in diesem letzten Schritt passiert, liegt nicht mehr in der Hand des Nutzers.
Entscheidend ist dabei: Die Greifkraft variiert. Je nach Einstellung kann die Kralle entweder stark zupacken oder fast widerstandslos durch das Plüschtier gleiten. Das ist kein technischer Defekt und kein Pech, sondern Absicht – denn Betreiber können die Greifstärke gezielt programmieren. Meist geschieht das in Zyklen, etwa im Verhältnis 1:5. Nur jedes fünfte Spiel wird mit voller Greifkraft durchgeführt. In den übrigen Versuchen ist ein Gewinn fast ausgeschlossen – selbst bei perfekter Position.
Im Unterschied dazu funktionieren klassische Spielautomaten mit Walzen, Symbolkombinationen und vor allem Geldgewinnen. Die Spielmechanik ist bei modernen Geräten rein virtuell und die Zufallssteuerung fest im Gerät hinterlegt (also nicht vom Aufsteller anpassbar). Dabei sind solche Angebote durch strengere gesetzliche Vorgaben reguliert. Der Spieler hat hier noch etwas weniger Steuerungsmöglichkeiten und letztlich faktisch keinen Einfluss auf das Ergebnis.
Und doch gibt es, wie gezeigt, Parallelen, die zunehmend kritisch betrachtet werden: besonders im Hinblick auf das Glücksspielstrafrecht bzw. den Jugendschutz. Denn gerade junge Menschen sind für die Reize beider Automatentypen besonders empfänglich.
Ob also Greifautomat oder Slot – am Ende entscheidet nicht nur das Spielprinzip, sondern auch die Frage: Wie groß ist der Anteil an Zufall bzw. wie hoch ist das Suchtpotenzial? Diese Debatte dürfte wohl noch lange nicht beendet sein.
Fazit
Greifautomaten und Spielautomaten teilen sich mehr als nur die blinkende Optik. Beide arbeiten mit Spannung, mit Mechanismen zur Steuerung von Gewinnausschüttungen – und mit der Verlockung, dass es beim nächsten Versuch endlich klappt. Dennoch bleibt ein entscheidender Unterschied: Während klassische Slots Geldgewinne bieten und der dortige Erfolg vollständig vom Zufall bestimmt wird, ist beim Greifautomaten zumindest eine gewisse Geschicklichkeit gefragt – auch wenn die Chancen durch technische Einstellungen eingeschränkt werden können.
Gerade dieser Unterschied ist ausschlaggebend dafür, dass die Greifer laut Spielverordnung ausdrücklich für Volksfeste zugelassen sind. Der Widerstand der Unternehmer und Verbände gegen ein pauschales Verbot war nachvollziehbar und erfolgreich – zumindest teilweise.
Denn auch wenn ein kompletter Ausschluss in Georgsmarienhütte abgewendet werden konnte, bleibt die geplante Reduzierung eine Einschränkung. Eine Bedingung, die trotz klarer gesetzlicher Grundlage nicht zwingend logisch erscheint. Dass die Aufsteller sie dennoch hinnehmen müssen, zeigt: Die Diskussion um vermeintliches Glücksspiel auf dem Rummel hat eine gewisse Brisanz.
Quelle des Bildes: https://pixabay.com/photos/toy-plush-toys-plush-figures-2165123/
Zentrale Textquellen: https://gamesundbusiness.de/regulierungswut-kirmes-reduziert-greifautomaten, https://www.rtl.de/leben/georgsmarienhuette-niedersachsen-will-greifautomaten-verbieten-wegen-suchtgefahr-id2163325.html, https://de.wikipedia.org/wiki/Greifautomat, https://www.gesetze-im-internet.de/spielv/__2.html
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7 Kommentare zu: Werden Greifautomaten wegen Glücksspielrisiken von Volksfesten verbannt?
Kommentar verfassenStromberg
13.04.2025 um 20:12 UhrAuch Stapel von Chips für die Fahrgeschafte die wohl dazu gehörten, fand ich attraktiv...
Hat mich aber nicht zu sehr getriggert... 😂
XuodanayboJanxiXeaee
13.04.2025 um 20:08 Uhrfrapi07
13.04.2025 um 20:48 Uhrhttps://www.youtube.com/watch?v=pFgOCG5qpeY (bei 3.40 ca.). Macht ja auch Sinn, wieso man bei Losbuden keine Konsole reinstellt. Bei den Losbuden MÜSSEN "Sondergewinn"-Lose vorhanden sein. Bei so ein "Geschicklichkeitsspiel" kann man das schön manipulieren und bei Beschwerden irgendwas daher labern, damit man den Gewinn nicht auszahlen muss. Mehr anzeigen
Max_Bet
Dosenwerfen und Entenangeln gehören ebenso sofort verboten und von allen Jahrmärkten verbannt.
Und überhaupt das Leben an sich... ist ja viel zu gefährlich... Mehr anzeigen
frapi07
13.04.2025 um 10:09 UhrZugegeben, so krasse Greifautomaten haben wir hier in Deutschland zum Glück nicht (in Vergleich zu den USA - da kann man sogar Geld im Greifautomat gewinnen), aber unterschätzen darf man das auch nicht. Die machen damit ordentlich gewinn, da die Teile sind rigged wie sonst was sind. Auch der Suchtfaktor (v.a. bei Kindern, die leicht anfälliger sind) darf hier nicht vernachlässigt werden. Dennoch verstehe ich deine Kritik, dass sowas nicht verbannt werden sollte. Man sollte es aber meiner Meinung nach auch mehr regulieren, sodass der Suchtfaktor so gering wie möglich gehalten wird. Mehr anzeigen
Chris_W
13.04.2025 um 16:34 UhrNach wie vor gibt's wohl Greifer, in denen... man durchaus eine Playstation oder andere große Gewinne angeln kann. Habe da bei der Recherche zum Artikel ein interessantes Video bei YouTube gefunden. Mehr anzeigen
frapi07
13.04.2025 um 16:54 UhrJa, die gibt es definitiv, weiß aber nicht, ob die bei uns in den Kärwas zu finden sind. War... lange nicht bei dort und wenn, dann sicherlich nicht beim Greifautomaten Finde aber dennoch das da zu wenig reguliert wird, v.a. wenn dann sowas wie ne Playstation drin ist. Kann von mir aus als Preis enthalten sein, aber dann erst ab 16. Mehr anzeigen
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