Wie finanzieren sich TV-Quizshows wie „Wer wird Millionär?“?
Im Vorprogramm auf den öffentlich-rechtlichen Sendern sowie im Abendprogramm auf den privaten finden sich immer wieder verschiedene Spiel- und Quiz-Shows. Im Forum ist die Frage aufgekommen, wie die Finanzierung insgesamt bei den Gameshows wie „Wer wird Millionär?“ aussieht - im Folgenden möchte ich versuchen, das zu beschreiben.
Seit dem 3. September 1999 gibt es die Quizshow „Wer wird Millionär?“ im Programm von RTL. Im Laufe der Zeit wurden 2-mal 1 Million D-Mark, 11-mal 1 Million Euro und im zweiten Jackpot-Special auch mehr als 1,5 Millionen Euro ausgezahlt. Bei diesen enormen Summen kommt sicherlich die Frage auf, wie die TV-Sender die Quizshows finanzieren. Ich habe einmal versucht, darauf ein paar Antworten zu finden und hoffe, dass es dadurch zumindest etwas klarer wird.
Gewinnversicherung - eine Möglichkeit für hohe Jackpots
Ich hatte bereits in meinem Artikel zur neuen Weihnachtslotterie darauf hingewiesen, dass teilweise Zweitlotterien wie Lottoland oder Tipp24, die lediglich Wetten über die Ergebnisse der nationalen Lotterien abschließen, die Gewinne nicht immer selber auszahlen, sondern bei den großen Jackpots Versicherungen einspringen.
Anbieter wie Lottoland geben dabei an, dass Gewinne in kleiner einstelliger Millionenhöhe durch die laufenden Spielumsätze gedeckt sind. Die selteneren Jackpot-Gewinne werden weiterhin über Versicherungen abgewickelt. Es handelt sich dabei um sogenannte Versicherungsverbriefungen (englischer Fachausdruck: Insurance Linked Securities, ILS).
Ein Gewinn beim Lotto oder eben einer Quizshow ist zwar keine Naturkatastrophe, aber das System der Versicherung ist ähnlich. Für die Auszahlung muss ein bestimmter Fall eintreten, die Wahrscheinlichkeit, dass er eintritt, ist ebenfalls prognostizierbar. Im Falle der TV-Shows kann dann eine Prize-Indemnity-Insurance (Preisgeldversicherung) abgeschlossen werden.
Versicherungen werden nur noch selten im TV-Geschäft genutzt
Es ist kein Geheimnis, dass Fernsehsender gerne auf Nummer sicher gehen und Versicherungen nutzen. Bei „Wer wird Millionär?“ oder „Deutschland sucht den Superstar“ von RTL gibt es Versicherungen, die Kosten abdecken, falls es einen Produktionsausfall gibt und Sendungen nicht aufgezeichnet werden können.
Eine RTL-Sprecherin teilte gegenüber dem Tagesspiegel 2010 einmal mit, dass zu Zeiten der D-Mark solche Versicherungen normal waren. Man konnte damals das Risiko der Sendungen nur schwer einschätzen. Später hat aber eine Kosten-Nutzen-Rechnung ergeben, dass die Beiträge für die Versicherung im Vergleich zu den ausgeschütteten Gewinnen zu hoch waren - es hat sich nicht gerechnet.
Bei der Sendung „Rette die Million“, die im ZDF von 2010 bis 2013 ausgestrahlt wurde, waren Gewinne ebenfalls über eine Versicherung abgedeckt. Der ZDF-Sprecher bestätigte damals sogar, dass 80 % der Gewinne versichert sind und der Gebührenzahler für die Gewinne nicht aufkommt. Selbst mit den Kosten für die Versicherungspolice, die Produktion und der Restsumme der Gewinne sei der Gesamtpreis für die TV-Show günstiger als bei anderen Unterhaltungssendungen gewesen.
Wann sind solche Versicherungen sinnvoll?
Mit einer Versicherung überträgt der Sender die Zahlungspflicht. In einigen Spielshows kann das ziemlich teuer werden, daher nutzen die Versicherungsunternehmen dementsprechend hohe Prämien, um das Ganze abzusichern.
Bekanntestes Beispiel für hohe Gewinne bei Fernsehshows ist „The Price Is Right“, die in Amerika bei CBS ausgestrahlt wurde. Innerhalb von 6 Folgen wurden 2008 3-mal 1 Million Dollar gewonnen. Die Versicherung hat als Konsequenz darum gebeten, dass man die Regeln verschärfen möge.
Pierrot Gieres, Geschäftsführer des Versicherungsmaklers Media Assurances, einem luxemburgischen Unternehmen, was sich auf die Versicherung von Spielshows spezialisiert hat, drückte es einmal wie folgt aus:
Fernsehsender gehen lieber immer dann auf Nummer sicher, wenn sie das Risiko einer neuen Show schwer einschätzen können. […] Sinnvoll ist sie [eine Preisgeldversicherungen] für Shows mit hohen Gewinnsummen, etwa einer Million Euro.
Für die meisten TV-Shows kommen die Sender mittlerweile selber auf
Die meisten Sender haben mit Gewinnversicherungen angefangen, aber schnell gemerkt, dass die Kosten-Nutzen-Rechnung einer solchen Versicherung nicht aufgeht.
Gewinnabsicherungen bei öffentlich-rechtlichen Sendern
Beispielsweise startete in der ARD 2001 „Das Quiz“. Damals hat man für den Hauptgewinn von 300.000 Euro eine Versicherung abgeschlossen, bereits nach 6 Monaten verzichtete aber die ARD darauf. Als Nachfolgesendung gab es dann „Das Duell“, wo Teilnehmer 20.000 Euro gewinnen konnten. Nicht nur, dass diese Summe zu gering für eine Versicherung ist, sie wurde auch zu einfach gewonnen, sodass sich hier so etwas nicht angeboten hätte.
Wenn man sich das Programm der ARD vor allem am Vorabend ansieht, wird man Sendungen wie „Wer weiß denn sowas?“, „Paarduell“, „Quizduell“ oder „Gefragt-Gejagt“ kennen. Es handelt sich dabei um Auftragsproduktionen der ARD-Werbung, bei denen Werbespots gezeigt werden, die die Produktionskosten zum großen Teil abdecken. Zu 10 % beteiligt sich die ARD seit einiger Zeit auch an der Vorabendproduktion - daher sind die Sendungen auch für alle Dritten nutzbar. Demzufolge wird auch ein Teil der Gewinne aus den Rundfunkbeiträgen finanziert.
Anders sieht das natürlich bei den Sendungen im Abendprogramm der öffentlich-rechtlichen Sender aus. Hier ist Werbung nicht möglich, daher sind Gewinne in diesem Fall Kosten, die über den Rundfunkbeitrag gedeckt werden. Seitens des ZDFs hat man es in der Vergangenheit so erklärt:
Die Gewinne werden bei Spiel- und Quizshows aus dem Etat für das Programm gezahlt. Sie sind Teil des Konzepts einer Quizshow.
Aber auch hier betonte das ZDF wiederum, dass Quizshows trotz der Gewinne nicht teurer seien als andere Unterhaltungsshows.
Gewinnabsicherungen bei privaten Sendern
Private Sender haben es ein wenig einfacher, da sie sich nicht sagen lassen müssen, dass sie Rundfunkbeiträge „herauswerfen“. Bei den privaten Sendern wie RTL oder ProSieben wird sowieso fast alles über die Werbeeinnahmen finanziert.
Wie schon angesprochen hat „Wer wird Millionär?“ im Laufe der Zeit die Versicherungen aufgegeben. Bei „Schlag den Star/Raab“ von ProSieben stand zeitweise die Frage auch im Raum. Der Sender hat damals auf die Sinnlosigkeit hingewiesen, da der Gewinn ohnehin schon feststand und von Sendung zu Sendung aufsummiert wurde, bis ein Kandidat das Preisgeld gewinnt. Eine Versicherung macht folglich keinen Sinn, da irgendwann der Betrag sowieso ausgezahlt wird.
Wie sieht die Finanzierung jetzt aber genau aus?
Am Beispiel „Wer wird Millionär?“ wird man feststellen, dass es drei grundlegende Einnahmequellen gibt:
- Werbung durch TV-Spots
- Ein SMS-Gewinnspiel
- Bewerbung via kostenpflichtiger Hotline
- Tickets für die Besucher der Show
Im Durchschnitt wurden bei der Show etwas über 41.000 € pro Person an Preisgeldern gewonnen (insgesamt, Stand 08.01.2018: 109.818.238 €). Sicherlich jetzt kommen noch Kosten für den Moderator, das Studio, die Fragenredaktion und das übrige Personal (Maske, usw.) hinzu.
Leider habe ich bisher nichts zu den genauen Kosten der Quizshows gefunden. Aber Formate für die folgenden Produktionskosten wurden einmal von der Zeitschrift Hörzu zusammengetragen:
- Dschungelcamp (RTL): 21.250 € pro Sendeminute
- Donna Leon (Das Erste): 17.500 € pro Sendeminute
- Tatort (Das Erste): 15.500 € pro Sendeminute
- Terra X (ZDF): 6.000 € pro Sendeminute
- Talk mit Günther Jauch (Das Erste): 4.634 € pro Sendeminute
- Das aktuelle Sportstudio (ZDF): 2.000 € pro Sendeminute
Wenn man speziell nach den Produktionskosten von Quizsendungen sucht, findet man leider nur vage Angaben. Zwischen 100.000 Euro und 200.000 Euro werden meist die Kosten pro Folge einer Quizshow mit Laufzeit von einer Stunde veranschlagt. Zwischen 1.600 Euro und 3.300 Euro würde dann ungefähr eine Sendeminute kosten. Bei „Wer wird Millionär?“ sind rund 45 Minuten Sendezeit, der Rest davon ist Werbung. Man würde hier also auf 150.000 Euro pro Folge als Höchstwert kommen.
Laut dem Spiegel von leider 2001 werden zwischen 60.000 Euro und 78.000 Euro (je nach Tag und Werbeblock) für einen 30 Sekunden Werbespot im Jahres-Abo erhoben. Damals gab es bereits einen Zuschauereinbruch und man sprach von einer drastischen Senkung der Werbepreise. Laut einer Übersicht von T-Online betrugen die Bruttowerbeeinnahmen 2010 bei „Wer wird Millionär?“ rund 101 Millionen Euro - trotz des recht alten Sendeformats kann man sich über gute Quoten und Einnahmen freuen.
Durch das SMS-Gewinnspiel und die Bewerbungen werden zusätzliche Einnahmen generiert und der Ticketverkauf ist mit 30 Euro pro Platz auch nicht gerade gering. Letzteres muss man relativieren, da man manchmal bei einigen Rabattportalen auch kostenlose Kartenaktionen findet, wenn man relativ kurzfristig Zeit hat.
Angeblich sollen sich im Durchschnitt pro Tag 10.000 Menschen für „Wer wird Millionär?“ bewerben. Selbst wenn man eine Bewerbung via Internet abgibt, muss man 1 Euro Gebühr zahlen. Hört sich relativ wenig an, aber einige Teilnehmer haben fast 4.000 Bewerbungen abgeschickt, um einmal in die Show zu kommen.
Zu den Gewinnmargen durch Gewinnspiele im Fernsehen lässt sich nur sehr wenig finden. Oftmals finden sich lediglich Angaben zu Call-in-Gewinnspielen, wie es sie bei Tele 5 oder 9Live eine ganze Zeit lang gab, teilweise mit „Hot-Buttons“ und anderen „Features“. Tele 5 war hier einer der wenigen Sender, der darüber informiert hat, dass die Chance durchzukommen zwischen 1:10.000 bis 1:300.000 liegt. Diese Art der Gewinnspiele ist mittlerweile nicht mehr gefragt und kann auch nicht mit den derzeitigen Anrufgewinnspielen bei „Wer wird Millionär?“ verglichen werden.
Für Gewinnspiele und Zuschauer-Votings ist bei RTL zum großen Teil die Firma Digame Mobile GmbH mit Sitz in Köln verantwortlich. Sie ist eine Tochterfirma der niederländischen Twister Media Group B.V. Leider finden sich hier ebenfalls kaum Angaben über Gewinne durch die Zuschaueranrufe, aber der Digame-Chef Werner Klötsch hat 2014 gegenüber der Welt verraten:
Sehen Sie: Sobald das Gewinnspiel beworben wird, gehen bei uns die Anrufe deutlich in die Höhe. […] Es ist schon vorgekommen, dass Sender bei Final Votings mehr Geld durch die Anrufe als über Werbung eingenommen haben - auch wenn das die absolute Ausnahme ist.
Im Jahr 2007 hat die Digame ein System genutzt, das bis zu 15 Millionen Anfragen gleichzeitig speichern konnte. Die Anrufe und SMS mögen zwar nur wenige Cents bis Euros kosten, aber durch die Masse können dann ebenfalls hohe Beträge zustande kommen.
Fazit: Derzeit finanzieren sich Quizsendungen via Werbung
Ich hätte hier zwar gerne konkretere Zahlen angegeben, aber diese findet man nur sehr selten. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die meisten Quizsendungen und Game-Shows im TV derzeit durch Werbung finanziert werden, Gewinnspiele und teilweise kostenpflichtige Bewerbungen kommen noch einmal dazu.
Da das Format „Wer wird Millionär?“ seit 19 Jahren existiert, wird es für RTL immer noch ein recht einträgliches Geschäft sein. Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern sieht es ähnlich aus, da auch dort Quizshows zum Vorabend- und im größeren Rahmen zu den Wochenendprogrammen gehören.
Bildquelle: By Idea SV (Own work) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons
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3 Kommentare zu: Wie finanzieren sich TV-Quizshows wie „Wer wird Millionär?“?
Kommentar verfassengagapapamama
21.01.2018 um 18:50 UhrJulian
Hätte jedoch nie gedacht dass es tatsächlich Menschen gibt die wirklich bei diesen Gewinnspielen auf RTL mit machen, dachte das wäre nur ein art Mythos wie das Monster von Loch Ness oder die... Freispiele bei Bonanza. Mehr anzeigen
RiverSong
21.01.2018 um 15:43 UhrUnsere Community lebt von deinem Feedback – also, mach mit!
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