Karrieresprung: Von den Grünen zu Novomatic
Die langjährige Chefin der Grünen in Österreich, Eva Glawischnig-Piesczek, ist seit 01. März 2018 für Novomatic im Bereich Corporate Responsibility und Sustainability tätig. Sie selbst möchte sich um ökologische und juristische Fragen sowie das verantwortungsvolle Spielen beim Glücksspielkonzern kümmern. Die Öffentlichkeit und ehemalige Weggefährten sind über diese Entscheidung entsetzt.
Dass Politiker immer auch Kontakte zur Wirtschaft knüpfen und teilweise nach ihrer politischen Karriere eine Laufbahn bei Großkonzernen anfangen, ist ein alter Hut. In Deutschland gab es einige prominente Fälle - Gerhard Schröder bei einer Tochterfirma des russischen Gazprom oder Joschka Fischer als Berater für BMW. In eine ähnliche Reihe kann sich auch die ehemalige Chefin der österreichischen Grünen einreihen. Eva Glawischnig-Piesczek arbeitet seit Anfang März für den bekannten Glücksspielkonzern und ist damit nicht die Erste.
Novomatic wirbt relativ oft ehemalige Politiker an
Der Glücksspielkonzern wirbt des Öfteren Ex-Politiker für Beraterposten an. In der Vergangenheit war der derzeitige EU-Kommissar Johannes Hahn in der Zeit von 1997 bis 2003 Teil des Novomatic-Vorstands, obwohl er zeitgleich Wiener Landtagsabgeordneter der ÖVP war. Der ehemalige Innenminister Karl Schlögl von der SPÖ saß außerdem von 2004 bis 2011 im Aufsichtsrat des Konzerns. Der Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer beriet das Unternehmen bei der Expansion nach Südamerika und Osteuropa. Zudem war er im Aufsichtsrat der deutschen Tochterfirma LÖWEN ENTERTAINMENT GmbH.
Eva Glawischnig-Piesczek war von 1999 bis 2017 Abgeordnete zum Nationalrat der Grünen. Von 2006 bis 2008 war sie Nationalratspräsidentin, von 2008 bis 2017 Bundessprecherin der Grünen. Im Mai 2017 trat sie wegen gesundheitlicher Probleme von allen Ämtern zurück, verblieb aber weiterhin in der Partei.
Viele Parteimitglieder werden überrascht sein
Die Grünen hatten in Österreich immer wieder die Machenschaften von Novomatic kritisiert. Vor allem in Wien hatte man sich gegen das kleine Glücksspiel gestellt und sich mit Kritik zu den neuen Entwicklungen in Bezug auf die Aufstellung von Video-Lotterie-Terminals durch Novomatic im Auftrag von Casinos Austria geäußert.
Aus diesem Grund ist es verwunderlich, dass der Glücksspielkonzern nun einer Grünen-Politikerin einen unbefristeten Arbeitsvertrag gibt. In einer Pressekonferenz am Freitag, den 02. März, hatte Eva Glawischnig-Piesczek selbst zugegeben, dass diese Entscheidung überraschen und vielleicht auch irritieren werde. Sie habe dennoch die engsten Parteikollegen bereits informiert, Empörungen seien ausgeblieben.
Die Kritik wurde jedoch heute relativ schnell laut. So meldete sich der Klubobmann David Ellensohn in Wien zu Wort:
Der Konzern Novomatic ist mittlerweile rechtskräftig vom OGH verurteilt worden, weil er jahrelang Glücksspielautomaten in Wien aufgestellt hat, die nicht dem Gesetz entsprochen haben.
Zur neuen Personalie gab es keine konkrete Stellungnahme, er meinte lediglich, dass die Grünen die Machenschaften des Konzerns bekämpfen wollen und nicht einzelne Mitarbeiter.
Der steirische Grünen-Chef war in Bezug auf die Personalie etwas rigoroser. In einer Stellungnahme gab er sich sprachlos über die Entscheidung, ließ dann aber verlauten:
Ich gehe davon aus, dass Bundessprecher Werner Kogler jetzt handelt und die Parteimitgliedschaft von Eva Glawischnig sofort ruhend stellt.
Der Bundessprecher hat mittlerweile klargestellt, dass dieser Schritt nicht notwendig ist, da in einer Unterredung mit Glawischnig ihm persönlich zugesichert wurde, dass sie die Mitgliedschaft bei den Grünen zurücklegt. Es meldeten sich aber noch eine Reihe weiterer Grünen-Mitglieder, die ihr Unverständnis zum Ausdruck brachten.
Wieso geht eine Grüne-Ex-Politikerin zu einem Glücksspielkonzern?
Nach eigenen Angaben habe sie nach neuen Aufgaben gesucht und überlegt, was sie interessiert. Großkonzerne und die Industrie habe sie als Antwort gefunden. Im besonderen Fall Novomatic faszinierte sie die Internationalität des Konzerns, aber auch die gleichzeitige Heimatverbindung mit klarem Bekenntnis zur Zentrale in Gumpoldskirchen. Außerdem sieht sie Novomatic als Hightech-Konzern, der scheinbar eine große Faszination auslöst.
Laut eigenen Angaben habe sie sich bewusst für Novomatic entschieden und dafür andere Angebote ausgeschlagen. Ihr Verdienst sei nicht höher als in ihrer aktiven Politiker-Karriere.
Aufgabe bisher eher vage umschrieben
In den kommenden Monaten werde sie erst einmal viele Reisen vor sich haben, um den Konzern kennenzulernen. Zunächst möchte sie sich mit den wichtigen Auslandsmärkten Großbritannien, Deutschland und Spanien vertraut machen.
Als Leiterin der Stabsstelle Corporate Responsibilty und Sustainability werde sie dabei direkt dem Geschäftsführer Harald Neumann berichten. Sie solle innerhalb und außerhalb des Konzerns ein gutes Netzwerk erstellen. Es geht dabei vor allem um die Kommunikation mit „Stakeholdern“, also allen Teilhabern an wichtigen Projekten von Novomatic. In dieser Funktion wird sie auch mit diversen Politikern des eigenen Landes und anderer Staaten in Kontakt treten. Von daher ist die Personalie nicht verwunderlich.
Sie wurde bereits bei der ersten Pressekonferenz gefragt, ob sie als Vermittlerin in Wien zwischen Casinos Austria und den regierenden Parteien eingesetzt werde. Sie gab daraufhin bekannt, dass sie die gleichen Werte haben werde wie zuvor und ihren kritischen Geist nicht aufgebe. Außerdem solle niemandem etwas aufgedrückt werden.
Glücksspiel Regulation sei wichtig
Glawischnig hatte 2010 auch ihre Bedenken und deshalb gegen das Glücksspielgesetz gestimmt. Den Grünen sei die Regulierung nicht weit genug gegangen, aber zuständig war damals der Kollege Peter Pilz. Mittlerweile sei sie der Meinung, dass es einer vernünftigen Regulierung bedarf, da man unerwünschte Erscheinungen wie die Spielsucht nicht verbieten kann.
Sie ist der Meinung, dass Novomatics Spielerschutz gut ist. Sie selbst habe es in einer Spielhalle ausprobiert. Die Systeme haben sie sofort als PEP (Politically Exposed Person) erkannt, die strengeren Vorgaben unterliegen. Als Politiker sei es bei allen der Fall, da das Thema Geldwäsche hier strenger gehandhabt wird. Erst nach einer längeren Wartezeit und mehreren Telefonaten konnte sie spielen. Für sie ist das der Beweis, dass das System funktioniert.
Der Glücksspielkonzern hält die Ex-Grünen Chefin als sehr geeignet für den Posten, auch wenn man in der Vergangenheit nicht immer einer Meinung war, hat sich durch die Kontroversen dennoch gezeigt, dass sich die Ansichten größtenteils decken. Zudem versteht Harald Neumann nicht, warum es österreichischen Politikern so schwer gemacht wird, nach der politischen Laufbahn in die Wirtschaft zu gehen.
Österreich und das Glücksspiel - immer was Neues
Im Jahr 2018 gibt es immer mehr Kontroversen um das Glücksspiel in Österreich. Neben den Problemen von Casinos Austria macht Novomatic immer wieder von sich reden, sei es um die Expansion in den amerikanischen Markt vorzustellen oder eben neue Mitarbeiter. Scheinbar möchte der Konzern trotz des Rückzugs aus dem deutschen Online Casino Markt immer noch präsent in den Medien bleiben.
Bildquelle: By Manfred Werner - Tsui (Own work) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons
Um einen Fehler zu melden, musst du dich zuerst kostenlos bei GambleJoe registrieren.
5 Kommentare zu: Karrieresprung: Von den Grünen zu Novomatic
Kommentar verfassenAnonym
07.03.2018 um 12:59 UhrFazit: was ein Unsinn???? Weil sie als Politiker erkannt wurde funktioniert der Spielerschutz in Spielotheken? Stellt sie sich so ( nicht sher intelligent ) oder ist das ihr ernst? Mehr anzeigen
Christoph
Anonym
07.03.2018 um 14:09 UhrWir wissen ja alle, dass die Realität anders aussieht.
wettibernd
06.03.2018 um 12:14 UhrRiverSong
07.03.2018 um 15:24 UhrUnsere Community lebt von deinem Feedback – also, mach mit!
Du möchtest selbst Kommentare auf GambleJoe schreiben? Dann erstelle dir einfach ein GambleJoe Benutzerkonto.