Evolution wegen Schwarzmarktbeziehungen unter Druck: Könnte sich die Kontroverse auf weitere Spieleentwickler ausweiten?
Evolution Gaming gilt als größter Entwickler von Live-Casino-Spielen weltweit. Die Marke ist rund um den Globus in unzähligen Online Casinos vertreten. Wie aktuelle Untersuchungen nahelegen, sind unter diesen Partnern allerdings so einige Plattformen, die bewusst auf Märkten agieren, für die sie keine Lizenz haben. Evolution gerät – derzeit vor allem in England – immer mehr unter Zugzwang, seine Titel bei illegal operierenden Betreibern zu entfernen. Könnte die Angelegenheit Schule machen? Irgendwie kommt uns das doch bekannt vor.
Untersuchungen der britischen Gambling Commission und ein Bericht des norwegischen Investigativ-Magazins Josimar haben eine (potenziell weitreichende) Kontroverse rund um Evolution Gaming losgetreten. Es kam heraus, dass der Entwickler seine Live-Spiele über eine ganze Reihe von Online Casinos anbietet, die es mit den Genehmigungen in ihren Zielmärkten nicht ganz so genau nehmen. Diese Schwarzmarktplattformen sitzen teils in Asien, teils in anderen typischen Offshore-Regionen der Welt. Erst kürzlich haben wir darüber berichtet, dass auch ein Berliner Software-Unternehmen problematische Verbindungen zu illegalen Online Casinos führen könnte – die Sache ist aber nicht so klar, wie sie zunächst scheint.
In England wurden bereits Stimmen laut, die fordern, dass Spielentwickler ihre Geschäftspartner besser prüfen und nur mit solchen Unternehmen kooperieren sollen, die auch eindeutige Lizenzen in ihren jeweiligen Zielländern haben. Sollten die Spielentwickler wirklich die Verantwortung übernehmen und unmittelbar aussortieren? Oder liegt der Ball bei den Regulierungsbehörden, die den Schwarzmarkt endlich effektiver bekämpfen müssten? Die Meinungen gehen auseinander, die Debatte dürfte heißer laufen – und genau da steigen wir ein. Wie immer gilt: Wir bringen die Zusammenhänge – und das nicht, ohne die Sachlage zu hinterfragen.
UK Gambling Commission bemängelt, Evolution pariert umgehend
Evolution befindet sich mitten in einer britischen Zwickmühle – oder besser gesagt: unter der knallharten Lupe der UK Gambling Commission.
- Wie der Entwickler selbst in einer Pressemitteilung bekannt gab, führte die Behörde vor einigen Wochen ein offizielles Lizenz-Review gemäß Abschnitt 116 des britischen Glücksspielgesetzes von 2005 durch. Und wer sich in der Branche auskennt, weiß: Das ist keine Einladung zum Tee, sondern eine mitunter ziemlich heikle Sache. Vor allem dann, wenn die Gründe für den Check so kritisch sind wie bei Evolution.
- In der offiziellen Meldung heißt es nämlich: „Die Überprüfung wurde eingeleitet, nachdem die Kommission festgestellt hatte, dass Evolution-Spiele von Großbritannien aus über Betreiber zugänglich sind, die nicht über eine Lizenz der Kommission verfügen.“
Das musste sicher erst einmal sacken in der Führungsetage des Entwicklers. Man entschloss sich jedoch, proaktiv mit der Angelegenheit umzugehen. In ihrer Pressemeldung beschreibt Evolution die möglichen Konsequenzen wie folgt:
„Die Überprüfung kann zu verschiedenen Ergebnissen führen, beispielsweise zu spezifischen Auflagen für die Lizenz, zu finanziellen Sanktionen oder sogar zur Aussetzung bzw. zum Entzug der Betriebsgenehmigung. Evolution arbeitet uneingeschränkt mit der Kommission zusammen und hat die geforderten Sofortmaßnahmen ergriffen, um die Situation zu bereinigen. Die Spiele auf den identifizierten Websites, die nicht über eine Lizenz der Behörde verfügen, wurden im Vereinigten Königreich nicht mehr verfügbar gemacht. Evolution arbeitet weiterhin aktiv mit der Kommission zusammen, um die Sache zu klären.“
Das klingt nach Schadensbegrenzung Deluxe. Evolution-CEO Martin Carlesund steuerte ebenfalls ein paar Worte bei, die sich wie ein Versuch lesen, die Wogen zu glätten – wenn auch mit Nachdruck:
„Evolution nimmt sich die Ergebnisse der Überprüfung durch die Kommission zu Herzen. Wir haben uns verpflichtet, den lizenzierten britischen Markt zu unterstützen und nicht lizenzierten Traffic zu verhindern. Wir ergreifen nun energische Maßnahmen und nutzen alle uns zur Verfügung stehenden technischen Mittel, um sicherzustellen, dass unsere Spiele im Vereinigten Königreich nur über von der Kommission lizenzierte Anbieter erhältlich sind. Wir sind davon überzeugt, dass eine enge Zusammenarbeit zur Lösung führen wird. Wie immer setzen wir uns für eine offene und transparente Beziehung zu unseren Regulierungsbehörden ein.“
Evolution könnte also – je nach weiterem Verlauf – mit einer ganzen Palette von Konsequenzen rechnen.
- Von glimpflich bis bitter: Das reicht von „alles gut, macht weiter“ über saftige Strafzahlungen bis hin zum Entzug der Lizenz.
- Beispiel gefällig?: 2023 musste William Hill wegen Verstößen gegen Lizenzauflagen umgerechnet satte 21,83 Millionen Euro abdrücken. Wer sich da freiwillig in die Schusslinie stellt, dem ist nicht mehr zu helfen.
Eins ist sicher: Evolution versucht jetzt alles, um den Schaden zu begrenzen. Das bedeutet: Games von Schwarzmarkt-Plattformen runternehmen, mit den Behörden kooperieren und sich ein möglichst tadelloses Image verpassen. Ob das reicht? Wie ebenfalls im offiziellen Statement steht, macht Großbritannien nur etwa 3 Prozent von Evolutions Umsatz aus. Dennoch dürfte der Erlös erheblich sein – so erheblich, dass man sich mit der Regulierungsbehörde besser gut stellen sollte. Und dann ist da noch der Ruf, der weltweit auf dem Spiel steht. Denn die britische Gambling Commission hat Signalwirkung – und andere Regulierer schauen ganz genau hin, was dort passiert.
Auch Evolutions Geschäfte in Asien kommen nicht gut an
Evolution hat es gerade nicht leicht. Während die britische Gambling Commission den Druck erhöht, macht auch ein Bericht des norwegischen Josimar-Magazins das Unternehmen zum Gesprächsthema. Und das ist alles andere als schmeichelhaft.
Die Schlagzeile - knallhart:
„Der norwegische Staatsfonds hat mehrere hundert Millionen Dollar in Aktien des schwedischen Glücksspieltechnologieentwicklers Evolution investiert. Das Unternehmen bietet Casino Spiele für asiatische Märkte an, in denen Wetten illegal sind und die mit Betreibern in Verbindung gebracht werden, die in Menschenhandel, Geldwäsche und Cyber-Sklaverei verwickelt sind.“
Das sitzt. Laut Josimar soll Evolution über eine Reihe von Partnern in Asien tätig sein, die nicht nur keine Lizenzen besitzen, sondern obendrein mit äußerst dubiosen Aktivitäten in Verbindung stehen. Zusätzlich pikant: Einige dieser Unternehmen sind auch in Europa aktiv und sollen teils sogar Sponsoring-Deals mit Vereinen der englischen Premier League haben.
Die finanziellen Dimensionen dieser Geschichte sind enorm: Laut Evolutions eigenen Zahlen machte Asien im dritten Quartal 2024 rund 40 Prozent des Geschäfts aus. Das ist fast die Hälfte des Umsatzes! Gleichzeitig meldete das Unternehmen, dass nur 39 Prozent seiner Einnahmen aus regulierten Märkten stammen – und das ist sogar ein leichter Rückgang im Vergleich zu 2023.
Kein Wunder also, dass die Presse und die Behörden zunehmend aufmerksam werden.
Sollte es wirklich Aufgabe der Spieleprovider sein, dafür zu sorgen, dass ihre Partner-Casinos die Vorschriften lizenzierter Märkte einhalten?
Man könnte meinen, es wäre ganz einfach: Wer Casino Spiele entwickelt, gibt diese nur an lizenzierte, saubere Betreiber weiter – und gut ist. Aber wie so oft, wenn es um das Glücksspiel-Business geht, liegt der Teufel im Detail. Übrigens ist Schleswig-Holstein das einzige Bundesland in Deutschland mit legalen Online-Tischspielen von privaten Anbietern.
Wieder einmal war es die britische Gambling Commission, die kürzlich klargemacht hat, dass sie von allen Akteuren erwartet, Verantwortung zu übernehmen, um Schwarzmarktaktivitäten einzudämmen.
Argumente für mehr Verantwortung der Provider
Auf den ersten Blick scheint es vernünftig, die Spieleentwickler in die Pflicht zu nehmen. Schließlich profitieren sie finanziell davon, wenn ihre Produkte in Online Casinos vermittelt werden – sei es auf lizenzierten Plattformen oder in dubiosen Grauzonen.
- Moralische Verpflichtung: Wer seriös ist, sollte von sich aus dafür sorgen, nicht in zwielichtige Geschäfte verwickelt zu sein. Ein Spielentwickler hat die Möglichkeit, zu sagen: „Mit euch nicht!“
- Markenschutz: Skandale wie der aktuelle rund um Evolution schaden der gesamten Branche. Spieleentwickler haben ein Eigeninteresse daran, dass ihr Name nicht in Verbindung mit Schwarzmarktaktivitäten auftaucht.
- Technische Möglichkeiten: In Zeiten von Geoblocking und KI-gestütztem Monitoring könnten Anbieter prüfen, wo ihre Spiele auftauchen und im Zweifelsfall technische Maßnahmen ergreifen, um die Nutzung länderspezifisch zu verhindern.
Argumente gegen die Übertragung der Verantwortung an die Spieleentwickler
Auf der anderen Seite bleibt die Frage, ob Spiele-Provider wirklich die Hauptverantwortung tragen sollten. Schließlich gibt es bereits staatliche Regulierungsbehörden – und die haben eigentlich genau diese Aufgabe.
- Unklare Zuständigkeiten: Was gilt als „sauberer“ Betreiber? Viele Plattformen besitzen Lizenzen aus Curaçao, Costa Rica oder den Philippinen, die nicht überall anerkannt werden. Wo zieht man die Grenze?
- Unverhältnismäßige Belastung: Ein Anbieter wie Evolution beliefert Hunderte Partner weltweit. Soll er bei jedem prüfen, ob dessen Aktivitäten in allen Zielmärkten 100 Prozent gesetzeskonform sind? Das klingt nach einer Mammutaufgabe.
- Regulierer in der Pflicht: Letztlich sollten es die staatlichen Behörden sein, die Schwarzmarktanbieter bekämpfen und klare Regeln setzen. Es ist ihr Job, für Ordnung in den Wettbewerben zu sorgen – nicht der von Entwicklern.
Gewisse Parallelen zur Enthüllung der Paradise Papers 2017
Wer sich schon länger im Glücksspieluniversum tummelt, könnte beim Evolution-Fall einen Hauch von Déjà-vu verspüren. Richtig, wir reden über die Paradise Papers von 2017, über die auch GambleJoe ausführlich berichtete. Damals wurden einige große Namen der Branche ziemlich bloßgestellt – allen voran Merkur und Novomatic. Beide Unternehmen hatten in Deutschland über Lizenzgebühren an illegalen Online Casinos mitverdient. Es gab damals noch keinen regulierten deutschen Markt.
- Merkur geriet immer mehr in die Bredouille und forderte schließlich alle Betreiber auf, seine Spiele nicht mehr ohne Lizenz in Deutschland anzubieten. Ähnlich war es beim österreichischen Mitbewerber Novomatic.
- Viele werden sich erinnern, dass beliebte Klassiker der Marken wie Eye of Horus oder Book of Ra plötzlich nicht mehr (ohne Weiteres) im Web zu finden waren. Manche Fans wichen sogar auf sehr zwielichtige Adressen aus und fielen auf Fake-Automaten herein.
- Erst mit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) von 2021 kehrten Merkur und Novomatic online nach Deutschland zurück.
Ob sich beim (wahrscheinlichen) Fortschreiten der aktuellen Debatte neben Evolution auch andere internationale Provider von Schwarzmarktpartnern trennen? Das dürfte – ähnlich wie damals im deutschsprachigen Raum – vor allem davon abhängen, ob und in welchem Maß sie behördliche und/oder gesellschaftliche Repressalien zu befürchten haben. Wird der öffentliche bzw. juristische Druck zu groß und drohen unangenehme Schlagzeilen, kann es durchaus zu ähnlichen Konsequenzen kommen wie 2017 – allerdings auf globaler Ebene.
Quelle des Bildes: Screenshot von https://mb.cision.com/Main/12069/4085961/3187305.pdf
Zentrale Textquellen: https://mb.cision.com/Main/12069/4085961/3187305.pdf, https://josimarfootball.com/2024/12/02/making-a-fortune-from-illegal-gambling/, https://mb.cision.com/Main/12069/4055614/3071553.pdf
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1 Kommentar zu: Evolution wegen Schwarzmarktbeziehungen unter Druck: Könnte sich die Kontroverse auf weitere Spieleentwickler ausweiten?
Kommentar verfassenbtssultan
Theoretisch müsste man auch sämtliche Anbieter in Deutschland boykottieren, diese auch geschäftlich "illegal" interagieren, komischerweise interessiert dass aber in der Politik bzw. die GGL so etwas nicht.
An was dass wohl liegt.. achso stimmt ja, gibt praktisch keine deutschen Spieleanbieter..! Da wäre dann nämlich nichts mehr mit großer "hust" Spieleauswahl. Mehr anzeigen
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