Glücksspielanbieter kommen immer wieder in Konflikt mit Regulierungen – meistens geschieht das nicht bewusst, sondern eher aus Versehen. So dürfte die Sachlage auch beim aktuellen Fall rund um den bwin-Betreiber Entain sein. Wie die australische Behörde zur Bekämpfung schwerer Missbräuche des hiesigen Finanzsystems mitteilte, wurde ein Gerichtsverfahren gegen den Konzern eingeleitet. Die Anschuldigung „Verstöße gegen das Anti-Geldwäsche- und Anti-Terrorismusfinanzierungsgesetz“ klingt erst einmal ziemlich krass. Wir wollen schauen, was dahintersteckt.

Die Australier zocken mit einer Leidenschaft, die weltweit ihresgleichen sucht. Ob Spielautomaten, Lotto, Wetten oder Pferderennen – das ganze Land scheint im Rausch des Glücks. Doch mit der Lust am Risiko kommt auch die Last der Probleme: Australier verlieren beispielsweise immer mehr Geld beim Glücksspiel und die Spielsucht gerät offenbar zunehmend außer Kontrolle. Deshalb wollen Befürworter schon lange ein Werbeverbot, für welches sich 2024 auch viele Promis eingesetzt haben – irgendwie stockt der Beschluss jedoch nach wie vor.

Strenge und gleichzeitig kuriose Gesetze

Natürlich kann eine solche Glücksspielleidenschaft nicht ohne Regulierung bleiben. Australien hat einige der strengsten und gleichzeitig kuriosesten Gesetze weltweit.

  • Der Interactive Gambling Act von 2001 macht kurzen Prozess mit vielen Online-Angeboten wie Casinos und Pokerseiten – zumindest offiziell. Der Schwarzmarkt wird nämlich mehr oder weniger geduldet.
  • Sportwetten dürfen hingegen ganz offiziell online laufen. Aber wehe, es geht um Live-Wetten: Die sind nur telefonisch erlaubt, als wäre das Jahr 1999 nie zu Ende gegangen.
  • Werbung? Während Sportübertragungen strengsten untersagt. Und Kreditkarten für Glücksspiele zu nutzen, steht ebenfalls vielerorts nicht mehr zur Diskussion.

Glücksspiel als Tummelplatz für Kriminelle

Bei all dem spielt der Anti-Money Laundering and Counter-Terrorism Financing Act (kurz: AML/CTF Act) eine zentrale Rolle. Da Glücksspiel als Hotspot für Kriminelle gesehen wird, ist die Branche unter scharfer Beobachtung durch die Finanzbehörden. Es gilt vor allem Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung einen Riegel vorzuschieben. Und wenn jemand gegen diese Regeln verstößt, egal, ob vorsätzlich oder versehentlich, wird es schnell teuer – sehr teuer. Millionenstrafen sind hier keine Ausnahme, sondern eher die Regel.

Entain am Haken

Nun ist ein wirklich großer Fisch ins Netz der australischen Regulierer gegangen: Entain, der Gigant hinter Marken wie bwin, Ladbrokes oder BetMGM. Mit einem Fuß in so ziemlich jedem Land, das wetten lässt, und einem Umsatz, der sich gewaschen hat, steht Entain vor der australischen Justiz. Aber bevor die Gerüchteküche brodelt: Nein, Entain wird nicht verdächtigt, Terroristen direkt zu unterstützen. Der Zusammenhang ergibt sich nur daraus, dass die australischen Gesetze zur Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung in einem Paket geregelt sind.

Dennoch sind die Vorwürfe alles andere als harmlos. Laut einer Pressemitteilung der Finanzaufsicht AUSTRAC (zuständig für die Aufdeckung von Geldwäsche, organisierter Kriminalität, Steuerhinterziehung, Wohlfahrtsbetrug und Terrorismusfinanzierung) hat Entain „schwerwiegende und systematische Verstöße“ begangen. Das Strafverfahren läuft – und die Strafe? Nun, Entain selbst rechnet mit einer „potenziell erheblichen“ Summe. Übersetzt: Das wird richtig ins Geld gehen. Aber wie teuer genau? Das schauen wir uns gleich mal an.

Entain muss sich auf Millionenstrafe einstellen

„Premiere!“ – aber keine, die Entain feiern wird. AUSTRAC-Chef John Thomas verkündete im offiziellen Statement zur Angelegenheit, dass es das allererste Mal ist, dass seine Behörde zivilrechtliche Strafmaßnahmen gegen einen Anbieter aus der Online-Wettbranche einleitet.

Thomas lässt keine Zweifel aufkommen: „Die Glücksspielindustrie – und eigentlich alle Unternehmen, die von AUSTRAC reguliert werden – müssen ihre Verpflichtungen in Sachen Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsbekämpfung ernst nehmen. Dazu gehört auch, zu wissen, wer ihre Kunden sind, selbst wenn sie Drittanbieter für Transaktionen nutzen.“

Mit anderen Worten: Keine Ausreden, keine Schlupflöcher – wer mitspielt, muss dies nach den Regeln tun.

Entain befindet sich dabei in bester Gesellschaft: AUSTRAC hat in jüngerer Vergangenheit tatsächlich noch weitere große Jungs aus der Glücksspielbranche zur Kasse gebeten.

  • Crown Resorts musste satte 450 Millionen Dollar (ja, richtig gelesen!) Strafe zahlen – das ist mehr, als ein durchschnittliches Online Casino in zehn Jahren an Umsatz macht.
  • Außerdem wurde SkyCity mit einer 63-Millionen-Dollar-Keule getroffen.
  • Sportsbet kam zwar um eine saftige Strafe herum, musste sich aber auf ein „durchsetzbares Versprechen“ einlassen – was auch immer das in Behördensprache heißen mag.
  • Und dann ist da noch der Fall Star, der immer noch vor Gericht herumgeistert, bei dem aber ebenfalls ein enormer Strafbetrag erwartet wird.

Kein Wunder also, dass sich Entain auf eine „potenziell erhebliche“ Strafe einstellt. AUSTRAC gibt dabei einen klaren Ton an: Mit der Veröffentlichung der National Risk Assessment zum Thema Geldwäsche im vergangenen Jahr wurde noch einmal dick unterstrichen, wie anfällig Online-Wettanbieter für dubiose Geldflüsse sind. Wer diese „nützliche Ressource“ nicht ernst nimmt, bekommt eben die harte Hand der Regulierungsbehörde zu spüren. Übrigens hat sich Entain 2024 aus mehr als 140 unregulierten Märkten zurückgezogen.

Und was hat Entain nun genau falsch gemacht?

Es wurde im letzten Absatz bereits angerissen: Entain hatte offenbar keinen Überblick zu Nutzern und Geldflüssen. Klingt hart? Nun, laut der australischen Finanzaufsicht AUSTRAC ist das leider keine Übertreibung. In ihrer Pressemitteilung packen die Ermittler ordentlich aus. Aber schauen wir mal genauer hin, woran es hakte.

  • Management ohne Durchblick: Entains Vorstand und die Chefetage hatten laut AUSTRAC keinen Schimmer, wie effektiv oder ineffektiv ihr Programm zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (AML/CTF) wirklich war. Ohne klare Kontrolle konnten sie weder die Risiken für Geldwäsche noch die Angreifbarkeit ihres Systems durch Kriminelle hinreichend einschätzen.
  • Rund-um-die-Uhr-Risiken: Entain bietet seine Websites oder Apps 24/7 an, hat dabei aber offenbar nicht ausreichend differenzierte Kontrollmechanismen, um potenziell kriminelle Aktivitäten zu überwachen. Besonders pikant: Über Drittanbieter, zum Beispiel stationäre Wettbüros mit Konten auf den Plattformen, konnten bislang rund um die Uhr auch unbekannte Personen auf die Dienste zugreifen – ohne dass Entain genauer hinschaute.
  • Cash – der Liebling der Schattenwelt: Drittanbieter, darunter offizielle Firmen, aber womöglich auch kriminelle Einzelpersonen, nahmen Bargeldeinzahlungen entgegen, um diese auf Wettkonten gutschreiben zu lassen. Bargeld sei immer problematisch. Es ist schwer nachzuverfolgen und deshalb perfekt geeignet, um schmutzige Einnahmen weißzuwaschen. Ähnlich lief es auch im Fall Antepay: In speziellen Lokalen wurde Bargeld gegen Prepaid-Karten getauscht und dann mit diesen direkt vor Ort in illegalen Online Casinos gezockt.
  • Kontrollverlust bei Kunden: Entain hatte laut AUSTRAC keine ausreichenden Mechanismen, um zu überprüfen, wer da eigentlich Geld einzahlt – geschweige denn, woher das Geld stammt. Kurz: Man wusste nicht immer, mit wem man es zu tun hatte.
  • „Privacy First“ – auch für Kriminelle: Ein besonders schräger Punkt: Bei 17 „Hochrisiko-Kunden“ soll Entain bewusst Pseudonyme verwendet haben, um deren Identität zu verschleiern. Offiziell, um die Privatsphäre der Kunden zu schützen – praktisch gesehen ein Geschenk für Kriminelle, die unerkannt bleiben wollten.

Selbst Gavin Isaacs, Entains Vorstandsvorsitzender, klang in seinen Kommentaren, die in diversen Börsen-News-Tickern zu lesen waren, nicht gerade entspannt. Er erklärte zwar, man nehme die Vorwürfe „äußerst ernst“ und habe während der gesamten Untersuchung voll mit AUSTRAC kooperiert, räumte aber auch ein, dass es noch einiges zu tun gibt:

„Wir sind dabei, die Anti-Geldwäsche- und Anti-Terrorfinanzierungsmaßnahmen von Entain Australia weiter zu verbessern. Auch wenn wir noch einige weitere Verbesserungen vornehmen müssen, gehen wir davon aus, dass diese im Einklang mit dem Plan, den wir AUSTRAC im Jahr 2023 mitgeteilt haben, umgesetzt werden.“
Das klingt nach: „Wir haben Mist gebaut, aber wir arbeiten dran.“ Die Frage bleibt: Kommt Entain damit durch – oder wird’s richtig teuer? Ein bisschen spannend ist es ja schon. Der Konzern scheint es in Australien mächtig verbockt zu haben. Wahrscheinlich wird selbst Entain trotz seines Status als echtes Weltunternehmen hier etwas ins Trudeln kommen. Die Aktien waren nach der Mitteilung zumindest unmittelbar um 5 Prozent gefallen. Im Januar 2024 haben wir noch darüber berichtet, dass die Entain-Aktie stark im Aufwind ist. Übrigens war Entain eines der Unternehmen, die den weltweiten IT-Ausfall am 19. Juli zu spüren bekamen - daran hatte man aber natürlich nicht selbst die Schuld.

Quelle des Bildes: https://pixabay.com/illustrations/ai-generated-money-laundering-8829029/

Zentrale Textquellen: https://www.austrac.gov.au/news-and-media/media-release/austrac-takes-ladbrokes-and-neds-operator-entain-federal-court-over-serious-non-compliance-australias-money-laundering-laws, https://de.marketscreener.com/kurs/aktie/ENTAIN-PLC-4005005/news/Labrokes-Eigentumer-Entain-sieht-sich-in-Australien-einer-Untersuchung-wegen-Geldwasche-gegenuber-48597118/

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4 Kommentare zu: bwin-Mutter Entain verstößt gegen Geldwäsche- und Terrorfinanzierungsgesetze in Australien

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also das finde ich dann doch tatsächlich übertrieben und kann mir gleichzeitig nicht vorstellen das nur dieser Anbieter gegen die genannten Punkte verstoßen hat..und selbst wenn Schwarzgeld in ein Casino eingezahlt wird heißt das...   Mehr anzeigen
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Übertrieben? Schau dir Mal an wie groß Entain ist und welche Macht die haben. Entain ist quasi die UEFA/FIFA oder Nestlé der Glücksspiel/ Sportwetten Branche.
@Frankey: Macht haben sie wahrscheinlich dann doch nicht soviel ansonsten würde es keine Strafe geben..
allgemein seriös und nicht umsonst seit Jahren auf den Markt und das erfolgreich. die verkraften auch australische strafen mit...   Mehr anzeigen
Hoffe die müssen richtig viel zahlen,mein Mitleid mit Casinos hält sich in Grenzen.

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