DSWV mit scharfer Kritik an Doku zu Amateurfußball-Wetten
Die Dokumentation „Angriff auf den Amateurfußball – Die Gier der Wettindustrie“, die am 19. August 2024 nach der Übertragung des DFB-Pokals im Programm der ARD gezeigt wurde, hat erhebliche Wellen geschlagen: Sowohl Teile der Wettindustrie als auch der Sport haben Konsequenzen gezogen. Nun bewegt sich die Kontroverse auf eine neue Ebene: Der Deutsche Sportwettenverband wirft der Reportage vor, die Zuschauer in die Irre geführt zu haben.
Der Deutsche Sportwettenverband (DSWV) hat sich in die anhaltende Kontroverse rund um die ARD-Dokumentation „Angriff auf den Amateurfußball – Die Gier der Wettindustrie“ (wir berichteten) eingeschaltet. Man äußerte scharfe Kritik an der Darstellung der Sportwettenbranche. Der TV-Beitrag beleuchtet Vorgänge und Risiken bei Wetten auf den Amateurfußball, die hierzulande verboten sind.
Laut DSWV wurden dabei wichtige Fakten ausgelassen, die einen großen Teil des Publikums in eine falsche Richtung lenken könnte. Der Verband hat Anfang November in einem umfangreichen Statement darauf hingewiesen, dass die Reportage nicht korrekt abbildet, wie die deutschen Sportwettenanbieter und ihre Kunden in der Praxis agieren. Insbesondere wird kritisiert, dass die Doku suggeriere, deutsche Wettkunden könnten bei EU-Anbietern mit deutscher Lizenz ungehindert auf Amateurfußballspiele in Deutschland tippen. Das würde laut DSWV durch die strengen Richtlinien des deutschen Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) sowie durch technische Sicherheitsvorkehrungen, speziell Geolokalisierung und Kundenidentifikation, eindeutig unterbunden.
Die Beteiligung vieler dieser Unternehmen an Wettangeboten rund um den Amateursport wirft ethische Fragen auf, die über die bloße Einhaltung der deutschen Rechtslage hinausgehen. So schürt der Konflikt zwischen öffentlich-rechtlicher Medienberichterstattung und der Interessenvertretung der Sportwettenbranche nicht nur die Debatte um Regulierungsfragen, sondern beleuchtet eine weitreichendere, grundsätzliche Diskussion: In welchem Ausmaß sollte der Amateursport für kommerzielle Wetten genutzt werden und welche Verantwortung tragen die Buchmacherunternehmen für das Wohl des Sports?
DSWV-Kritik: Der Dokumentarfilm problematisiere die fragmentierte Wettrechtslage in Europa, nicht aber das Verhalten der legalen Anbieter
Der Deutsche Sportwettenverband (DSWV) liefert eine sehr kleinteilige Erklärung, die selbst absolute Laien nachvollziehen können. Verständlich, denn natürlich beschäftigt sich längst nicht jeder, der die Dokumentation gesehen hat oder noch sehen wird, regelmäßig und entsprechend intensiv mit digitalen Sportwetten.
Ausgangspunkt der Kritik vom DSWV ist die zersplitterte Gesetzgebung für Sportwetten in Europa. Eine Fragmentierung in zahlreiche unterschiedliche Bestimmungen führt zu erheblichen Differenzen bei den Regulierungen. Das betrifft längst nicht nur Tipps auf den Amateursport. In Deutschland sind Einsätze auf Amateurspiele strikt verboten. Generell werden durch die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) engmaschige Vorgaben zur Gestaltung von Wettangeboten vorgeschrieben. Demgegenüber sehen viele andere EU-Staaten keine derartigen bzw. deutlich geringere Einschränkungen vor.
Der europäische Markt für Sportwetten ist damit im Gegensatz zu anderen digitalen Märkten in der EU nicht harmonisiert. Dennoch gelingt es den europäischen Bookies durch technische Helfer, eindeutig auf die gesetzlichen Bestimmungen abgestimmt festzulegen, welche Nutzer welche Arten von Wetten in Anspruch nehmen dürfen.
Das, so der DSWV, wurde in einem konkreten Beispiel der Doku nicht klar genug herausgestellt. Die dort gezeigte Person habe sich eindeutig über ein VPN Zugang zum Amateurfußballprogramm einer EU-Wettseite verschafft und exemplarisch einen Tipp platziert. Hierbei handelte es sich aber um keinen normalen Wettkontext – und selbst dann, wenn der Proband aus der Sendung wirklich etwas gewonnen hätte, wäre es ihm nicht möglich gewesen, seinen Erlös auszuzahlen.
Folgendes hätte laut DSWV präzise gesagt werden müssen.
- Fehlende Harmonisierung und Geoblocking: Während andere EU-Märkte wie der Onlinehandel grenzüberschreitenden Regelungen folgen, sind für Sportwetten keine einheitlichen Standards festgelegt. Jeder Mitgliedsstaat erlässt eigene Bestimmungen, die Wettanbieter dazu zwingen, ihre Angebote mittels Geoblocking oder anderen technischen Maßnahmen anzupassen. Im Fall Deutschlands ist dies über die Umleitung auf .de-Seiten geregelt, wenn aus dem Bundesgebiet eine Verbindung über eine ausländische Domain (zum Beispiel .com) angefragt wird.
- KYC-Prozess: Um die nationale Gesetzgebung zu erfüllen, greifen Wettanbieter zu mehreren Schutzmechanismen. Der sogenannte KYC-Prozess (Know Your Customer) ist eine zentrale Vorschrift. Demgemäß müssen deutsche Wettkunden eine vollständige Identitätsprüfung bei einem Bookie absolvieren, bevor sie wetten dürfen. In anderen EU-Ländern wird dieser Prozess hingegen erst dann erforderlich, wenn Kunden eine Auszahlung beantragen. Damit setzen die Anbieter die Anforderungen jeweils länderkonform um. Aber egal, ob direkt nach der Registrierung oder später – Nutzer aus Deutschland würden somit selbst bei Verwendung von VPNs entlarvt.
Die Dokumentation verschweigt nach Ansicht des DSWV den rechtlichen Rahmen, in dem legale Wettanbieter agieren. Stattdessen wird der Eindruck vermittelt, dass es Wettkunden gelingen würde, nationale Regeln mühelos zu umgehen. Dabei entgehen laut DSWV grundlegende Fakten:
Insgesamt, so der DSWV, werde durch die Darstellung in der Dokumentation nicht das Verhalten der legalen Anbieter problematisiert, sondern eher die komplizierte Rechtslage in Europa.
Dennoch bleibt ein Dilemma
Die Dokumentation hat offenbar einige Details verschwiegen. Trotzdem scheinen sich die Wettanbieter, die – wenn auch nur im Ausland – Quoten auf deutsche Amateurspiele bereitstellen, alles andere als korrekt zu verhalten.
Im Zuge der Debatte wurde in den letzten Wochen mehrfach festgestellt, dass der § 21 Nr. 1a des GlüStV das Vermitteln von Wetten auf Amateurspiele oder Wettbewerbe, die in erheblichem Maße anfällig für Manipulationen sind, untersagt. Dazu gehört auch, wie man in zahlreichen Berichten zum Thema lesen kann, die Unterstützung derartiger Programme: also genauer das unautorisierte Sammeln von Spielinformationen für Wettzwecke.
Der DSWV nimmt diese Unternehmen in Schutz, was legitim erscheint, denn die Darstellung in der Reportage weicht von der Realität ab oder zeigt diese nicht bis ins Detail. Die Message und die Aussagekraft des Beitrags würden sich durch das Hinzufügen betreffender Einzelheiten aber wohl kaum ändern. Laut ARD geht es darum, folgende Vorgänge an die Öffentlichkeit zu bringen:
„Die Wettindustrie kassiert im Amateurfußball ab - obwohl Sportwetten auf diese Spiele in Deutschland verboten sind. Vereine und Spieler wissen davon oft nichts, sie gehen bei dem globalen Geschäft leer aus. Und nicht nur das: Dem Amateurfußball droht so Manipulation - die Integrität des Lieblingssports der Deutschen steht auf dem Spiel!“ (Auszug aus der Mediathek der ARD)
Der österreichische Buchmacher Interwetten bietet übrigens keine Tipps auf deutschen Amateurfußball mehr an.
Fazit
Quelle des Bildes: Screenshot von https://www.dswv.de/falsche-schlagzeilen-keine-wetten-auf-amateursport-in-deutschland/
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