Am 19. Februar hatte die Staatskanzlei Düsseldorf zu einer Anhörung für den Entwurf zum Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag (GlüNeuRStV) eingeladen. Die Anhörung fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Experten aus mehr als 50 Verbänden konnten zum neuen Gesetz Stellung beziehen. Die Kritik an dem Entwurf war sehr groß und erstreckte sich auf viele verschiedene Branchen.

Deutsche Branchenverbände der Automatenwirtschaft, europäische Glücksspielverbände, deutsche Medienverbände und Datenschützer üben derzeit Kritik am neuen Entwurf des Glücksspielstaatsvertrages. Im Forum wurde bereits viel über die geplanten Regelungen diskutiert. Bisher handelt es sich nur um einen Entwurf.

Die Anhörung am 19. Februar 2020 zu den geplanten Regelungen sorgte für viel Kritik von allen Seiten. Die wichtigsten Punkte der verschiedenen Kritiker versuche ich im folgenden Artikel einmal zusammenzufassen.

Die Position der deutschen Automatenwirtschaft

Der Dachverband „Die Deutsche Automatenwirtschaft e. V.“ (DAW), der „Automatenunternehmer e.V.“ (BA) und der „Fachverband Spielhallen e. V.“ (FSH) waren bei dem Treffen zugegen. Sie waren der Meinung, dass der Entwurf in die richtige Richtung gehe. Sie seien für eine qualitative Regulierung des gewerblichen Automatenspiels. Allerdings seien ebenfalls quantitative Kriterien wichtig. Sie haben sich für eine einheitliche Regulierung ausgesprochen, die alle Glücksspielformen gleichermaßen betrifft.

Eine Spielersperre, die bundesweit und spielformübergreifend gilt, wurde ebenfalls positiv aufgefasst. Jedoch sieht man den Prüfaufwand für gastronomische Betriebe kritisch, falls Gaststättenbetreiber in Zukunft den Ausweis des Spielers bei der Nutzung von Geldspielgeräten prüfen müssen. Wiederholt forderte man eine nachhaltige Stärkung der legalen Glücksspielanbieter in Deutschland.

Medienverband kritisiert Werbebestimmungen

Der VAUNET - Verband Privater Medien e. V. hat eine Überarbeitung der Werbebestimmungen gefordert. Grundsätzlich begrüßt man natürlich die geplante Liberalisierung. Man ist aber der Meinung, dass die geplanten Werbebegrenzungen und Eingriffe das Ziel des Glücksspielstaatsvertrages erschweren könnten. Die Kanalisierung des Glücksspiels sei nicht möglich, wenn die Bewerbung durch private Medienunternehmen zu stark eingeschränkt werde.

Dr. Matthias Kirschenhofer ist Vorsitzender des Arbeitskreises Wetten im VAUNET und Vorstand der Sport1 Medien AG. Er begründete die Kritik am Glücksspielstaatsvertrag wie folgt:

Werbung ist die Finanzierungsgrundlage für private Rundfunkanbieter und ein Instrument, das im Glücksspielmarkt hin zu legalen Spielen steuert, dem Regulierungsziel der Länder. Der Glücksspielstaatsvertrag bietet die Chance für die privaten Rundfunkanbieter, neue Werbeerlöse zu generieren. Die geplanten Werbeeinschränkungen tragen der wirtschaftlichen Entwicklung der Medienunternehmen im Verhältnis zu anderen Mediengattungen nicht ausreichend Rechnung. Sie gehen schließlich zu Lasten von Investitionen in attraktive Inhalte. Wir appellieren daher an die Länder, hier noch einmal nachzubessern.

Der Verband sieht dabei die Werbeeinschränkung für virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casinospiele zwischen 6:00 und 21:00 Uhr im Rundfunk und Internet als besonders kritisch. Außerdem soll es keine Werbung für Wettanbieter mehr bei Live-Übertragungen von Sportereignissen auf das jeweilige Sportereignis geben.

Für die Radio- und Fernsehsender ergebe sich ein Nachteil gegenüber anderen Werbeträgern. Man wies darauf hin, dass Live-Ticker beispielsweise ein fester redaktioneller Online-Bestandteil der Medienhäuser sind. Für sie käme diese Regelung einem Verbot von Werbung für Sportwetten auf Medien- und Nachrichtenportalen gleich.

VAUNET stellte klar, dass man mit den Beschränkungen Spielwillige wohl nicht effektiv auf legale Angebote leiten kann. Damit würde man eher den illegalen Glücksspielangeboten in die Hände spielen. Daher sei gerade in einem liberalisierten Markt Werbung für legale Anbieter sehr wichtig.

Datenschützer schlagen bei Spiellimits Alarm

Für alle Glücksspielangebote im Internet soll ein Verlustlimit von maximal 1.000 Euro im Monat als Standard gesetzt werden. Spieler müssen sich zu diesem Zweck ein Spielerkonto anlegen, wo die Einsätze und Auszahlungen jedes Spielers gespeichert werden, damit das Verlustlimit für alle Glücksspielangebote plattformübergreifend gelten kann.

Datenschützer sehen in der zentralen Spielerdatei nicht mehr als anlasslose zentrale Vorratsdatenspeicherung. Durch die Spielerdatei sei es nicht mehr möglich, anonym zu wetten. Das kritisierte selbst die Datenschutzbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen, Helga Block. Nordrhein-Westfalen ist derzeit federführend, was die Ausarbeitung des neuen Glücksspielstaatsvertrages anbelangt.

Peter Schaar ist Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Für den Verband für Telekommunikation und Medien, dem auch einige Glücksspielanbieter angehören, hat er ein Gutachten zum Thema Spielerdatei und Datenschutz erstellt. Er findet deutliche Worte für die aktuelle Spielerdatei:

Was als Schutz vor der Spielsucht gedacht ist, führt zur Totalüberwachung und Bevormundung. Die fürsorgliche Beobachtung durch den Staat geht zu weit. Es fehlt die Verhältnismäßigkeit. […] Trotzdem halte ich die vorgesehenen Regelungen aus Datenschutzsicht für mehr als bedenklich. Sie widersprechen den Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung.

Derzeit gibt es um diesen Punkt sehr viele Diskussionen. Selbst der Innenminister Hessens, Peter Beuth von der CDU, warnt vor dem „gläsernen Spieler“.

Suchtexperten halten Limit für zu hoch

Viele Suchtexperten halten das Limit von 1.000 Euro im Monat für Verluste durch Glücksspiel zu hoch. Ilona Füchtenschnieder ist Leiterin der Koordinierungsstelle für Glücksspielsucht in NRW. Sie kommentierte das Limit wie folgt:

Das Einzahlungslimit ist zu hoch. Damit wird eine falsche Botschaft gesendet.

Ihrer Meinung nach hätte der Gesetzgeber mit dem Limit ein Zeichen setzen müssen, dass Glücksspiel kein Normalfall ist, sondern mit Risiken verbunden sei.

Tobias Hayer betreibt Forschung zur Glücksspielsucht an der Universität Bremen. Er ist ebenfalls der Meinung, dass das Limit die Probleme verharmlost. Es würde zeigen, dass es normal sei, dass man bis zu 1.000 Euro im Monat verspielt. Seiner Meinung nach sei das Limit zu hoch angesetzt, da für ihn der Betrag den Großteil des Einkommens eines Durchschnittsbürgers ausmache. Hayer warnt konkret:

Es nicht auszuschließen, dass mit der Einzahlgrenze ein gewisser Aufforderungscharakter einhergeht und der Spieler, wenn auch unbewusst, bis zu dieser Grenze spielt.

Für Hayer sind Vielspieler am besten für das Online Casino. Ein Glücksspielanbieter macht es sich zum Ziel, dass möglichst alle potenziellen Einsätze bei ihm landen. Dafür würden Glücksspielbetreiber alle Werbemittel in ihren möglichen Rahmen ausschöpfen. So habe Tipico beispielsweise mehr als 2,3 Millionen Euro im Januar 2020 für Internetwerbung ausgegeben.

In einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung heißt es, dass es bereits bei regelmäßigen Einsätzen von 100 Euro pro Monat statistisch signifikante Zusammenhänge mit einem problematischen Spielverhalten geben kann.

Aus den Gründen schlägt Hayer eine Alternative zum Spiellimit vor. Er ist der Meinung, dass sich Spieler untereinander eher vergleichen sollen. Es hätte einen präventiven Effekt, wenn man dem Spieler einen durchschnittlichen Spieleinsatz aller Spieler geben würde. Wenn er dann über dem Betrag läge, könnte es den Spieler zum Umdenken bewegen. Aus seiner Sicht müsste der Betrag immer wieder nach dem aktuellen Forschungsstand berechnet werden.

Kritik aus Europa

Die European Gaming and Betting Association (EGBA) sah den Entwurf des neuen Glücksspielstaatsvertrages als zu restriktiv an. Das Verbot von Spielkategorien und das Verbot von Live-Wetten werden als kritisch angesehen. Man meint, dass Spieler weiterhin illegale Angebote nutzen könnten, sodass der Glücksspielstaatsvertrag die Regulierung verfehle. Maarten Haijer ist Generalsekretär der EGBA und kommentierte den Entwurf wie folgt:

Eine neue Online Glücksspiel Regulierung wird in Deutschland dringend benötigt, aber diese neuen Vorschläge könnten die derzeitige regulatorische Dysfunktion noch verschlechtern. Ein attraktives Produktangebot ist absolut grundlegend, um ein sicheres und erfolgreich kanalisiertes Glücksspiel-Umfeld zu schaffen – doch die vorgeschlagenen Restriktionen würden dies verhindern.

Man rät außerdem zur Streichung des monatlichen Einsatzlimits von 1.000 Euro. Der Punkt sei nicht nur technisch sehr aufwendig, sondern auch aus Datenschutzgründen stark umstritten. Die Wartezeiten von 5 Minuten für das Wechseln von Spielen oder Glücksspielanbietern sieht man als ebenso unbegründet.

Viele Diskussionen mit ungewissem Ausgang

Am 30. März 2020 ist die Unterzeichnung des neuen Glücksspielstaatsvertrages durch die Ministerpräsidenten der Länder geplant. Es bleibt abzuwarten, was sich bis dahin noch alles ändert. Derzeit gibt es von vielen Seiten Kritik. Viele Formulierungen müssen wahrscheinlich noch einmal überdacht werden. Mit Spannung darf man also erwarten, wie der endgültige Glücksspielstaatsvertrag aussehen wird.

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2 Kommentare zu: Neuer Glücksspielstaatsvertrag: Kritik von allen Seiten

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Hoffentlich werden diese Abzocker endlich mal so richtig gefi***

Würden sie nicht so gnadenlos abzocken,bräuchte es auch keine Regulierung
Ich bin der Meinung, dass die ganze Onlinezockerei verboten gehört. Man macht wegen Zigaretten einen Wahnsinnsaufstand mit immer mehr Regulierungen, Alkoholmissbrauch ist ebenfalls ein großes Problem. Aber etwas, was praktisch...   Mehr anzeigen

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