Deutsche Spielhallen machen mit Schweizer Spielern Gewinne
Es werden immer mehr Spielhallen, Spielotheken oder Automatencasinos in der Grenznähe zur Schweiz errichtet. Die Betreiber und Kommunen zählen dabei auf Schweizer Spieler, um die Einnahmen zu erhöhen. Teilweise setzt die Gastronomie auch auf Geldspielgeräte – nicht zuletzt können sich die Gemeinden über einen Geldsegen freuen.
Immer mehr deutsche Spielhallen in Grenzregionen zur Schweiz versuchen, Schweizer Spieler anzulocken. In Lottstetten, eine der südlichsten Gemeinden in Baden-Württemberg (9 Kilometer vom Rheinfall entfernt), kann man solche Prozesse sehen. Es handelt sich eigentlich um einen kleinen Ort mit knapp 2.000 Einwohnern. Es gibt dort verschiedene Discounter, Textildiscounter oder Schuhläden. Der Grenzort sei vor allem bei Schweizern sehr beliebt. Zum einen kann man dort gut einkaufen, zum anderen kann man in vielen Spielhallen oder Gaststätten zocken.
Spielsüchtige Schweizer kommen zum Zocken
Man hat festgestellt, dass viele spielsüchtige Schweizer über die Grenze gehen, um wieder spielen zu können. Die Sperrsysteme der Schweiz enden mit der Grenze. In Deutschland gibt es kein Sperrsystem für Spielhallen (Ausnahme ist das Bundesland Hessen), teilweise geben die Automatencasinos auch nur widerwillig Dokumente zur Sperrung in der eigenen Spielhalle aus.
Exkurs: Das Sperrsystem der Schweiz
Eine Sperre ist immer die letzte Option, wenn der Besucher eines Casinos zu viel riskiert, über seine Verhältnisse spielt oder droht, spielsüchtig zu werden. Die meisten Spieler lassen sich freiwillig in der Schweiz sperren. Einige werden aber auch aufgrund von Verhaltens- oder Besuchsmerkmalen durch das Casinopersonal gesperrt, zumindest laut Hans Rudolf Meier, Leiter Compliance bei der Swiss-Casino-Gruppe.
Die Sperre gilt für die gesamte Schweiz und ist auch casinoübergreifend anwendbar. Die Spieler sollen dann an keinem Automaten mehr Geld verlieren können. Im Bereich des Datenschutzes sind die Zugriffsrechte und der Datenaustausch genau reglementiert, sodass nicht irgendwer die Daten abfragen kann.
Die Sperre kann aber auch wieder aufgehoben werden. Nach einem Jahr kann der Spieler einen Antrag zur Aufhebung der Sperre stellen. Ab 2019 soll eine Aufhebung theoretisch nach 3 Monaten bereits möglich sein, wenn die Sperre vom Spieler selbst veranlasst wurde. Ein einfacher Antrag reicht aber nicht zur Aufhebung. Der Spieler muss einen Lohn- oder Vermögensnachweis vorlegen. Die dafür verantwortliche Person beim Swiss Casino zieht dann sogar einen externen Prüfer von der Suchtberatungsstelle zurate. Wenn es die Gründe für die Sperrung nicht mehr gibt, dann wird er freigeschaltet. Wenn es immer noch Gründe gibt, warum die Sperre aktiv sein sollte, wird sie verlängert. In einigen Monaten kann dann ein neuer Antrag gestellt werden.
Die Sperre in Deutschland umgehen
Die Sperrsysteme der Schweiz enden an der Grenze. In Deutschland gibt es kein einheitliches Sperrsystem außer für Spielbanken. Vor allem für die Schweizer Suchtberatungsstellen ist das ein Problem. Dort kommen immer wieder Schweizer, die sich haben sperren lassen, aber nach Deutschland ausweichen, um weiterspielen zu können. Patrik Dörflinger von der Suchtberatungsstelle Schaffhausen hatte es treffend formuliert:
So wie es zum Beispiel immer mehr Friseure in der Grenzregion gibt, werden auch immer mehr Spielcasinos in der Grenzregion eröffnet […] Schweizer Kunden sollen bedient werden.
Selbst wenn sich ein Spieler sperrt, bleibt die Sucht nach dem Spielen. Für die Sucht legt ein Spieler auch ein paar Kilometer zurück. Ferner gibt es Berufspendler. Menschen aus Schaffhausen arbeiten vielleicht in Zürich und fahren des Öfteren an Lottstetten vorbei, ein kleiner Besuch im Casino scheint kein Problem zu sein.
In den Grenzregionen sind Schweizer Spieler nicht ungern gesehen, da sie meist mit deutlich höheren Einsätzen spielen, als es deutsche Spieler machen.
Schweizer Suchtberatungsstellen bemängeln deutsches Sperrsystem
In Deutschland lassen die Sperrsysteme zu wünschen übrig. Man kann sich zwar in Spielbanken sperren lassen, aber in der Spielhalle „um die Ecke“ kann man gerne weiterspielen. In Gaststätten und Bistros interessiert sich kaum jemand für eine Sperre. Zwar haben auch Spielhallen Formulare zur Sperrung in ihrem Betrieb, aber die Umsetzungen sind mehr als lax.
Ein weiteres Problem sei in Deutschland, dass es an Kontrolleuren mangele. Zoll und Ordnungsamt müssten auf die Einhaltung der Regeln in den Spielhallen achten, jedoch ist die Personaldecke so dünn, dass es kaum zu intensiven Kontrollen kommt.
Ist das Problem der Schweizer Spielsüchtigen bekannt?
Lars Kiefer ist Fachleiter von der Fachstelle Sucht und Prävention in Singen. Er hat bereits Schulungen für Personal von deutschen Spielhallen in den Grenzregionen gegeben. Dabei ging es um die Erkennung von Spielsucht und die auffälligen Verhaltensweisen der Spieler. In Gesprächen mit den Fachkräften ist wohl herausgekommen, dass 60 % bis 80 % der Besucher als spielsüchtig eingestuft werden müssen.
In Lottstetten sind diese Erkenntnisse bekannt. Die Casinos lohnen sich, da man durch sie Steuereinnahmen von 1 bis 2 Millionen Euro im Jahr macht. Neben den Betriebssteuern für Spielhallen wird eine Vergnügungssteuer von 15 % erhoben. Bei Spielautomaten in der Gastronomie sind es nur 10 %. Die Verantwortlichen der Stadt sehen es aber als zweischneidiges Schwert. Zwar lohne sich das ganze finanziell für die Gemeinde, allerdings stellt sich die moralische Frage, ob man mit der Sucht von Menschen wirklich Geld machen sollte.
Was könnte man gegen die aktuelle Situation unternehmen?
Einige Experten der Schweizer Suchtberatungsstelle fordern bereits länderübergreifende Regeln. Allerdings werden die Forderungen an den verschiedenen Interessen der Städte oder Gemeinden scheitern. Wenn jemand spielsüchtig ist, braucht es feste Einsatzgrenzen, damit er nicht mehr Geld verspielen kann, als er sich leisten kann.
Am Ende wirft das zweifelhafte Verhalten der Spielhallen wieder einmal ein schlechtes Licht auf die Branche. Darüber wird auch nicht die neue Kampagne der Automatenwirtschaft für Fairplay hinwegtäuschen, für die sich Bastian Schweinsteiger so ins Zeug gelegt hatte. Im Bereich des Glücksspiels suchen die Betreiber immer nach neuen Kunden, dabei ist egal, aus welchem Land sie kommen und ob sie nur einer Sperre durch die Landesgrenze entgehen wollen.
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1 Kommentar zu: Deutsche Spielhallen machen mit Schweizer Spielern Gewinne
Kommentar verfassenDaniel
Liebe Schweizer Spielsüchtige: Dieses System in Deutschland muss man nicht verstehen. Man muss nur daran glauben dass es gut ist. Man muss nur verstehen, dass unser Staat das Problem im Griff hat. Er sorgt dafür, dass Spielsüchtige keinen zu großen Schaden nehmen. Wenn dieser seine Arbeit getan hat, helfen einem die Lobbyisten Gauselmann und Novomatic weiter, welche euch gemeinsam mit dem Staat vor zu großen Verlusten, gleichzeitig aber auch vor zu großen Gewinnen, schützen.
Laut Milliardär Paul Gauselmann kann man in Spielhallen und an Gastroautomaten auch nur kleine Beträge verlieren. Und das stimmt auch! Während man in Online Casinos 10.000€ in wenigen Stunden verspielen kann, können einzelne Gäste in Spielhallen und an Gastrogeräten kaum mehr als 30.000€ im Monat verspielen. Und hey, bei solchen Minibeträgen wird doch nun wirklich niemand arm. Mehr anzeigen
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