Casino-Verluste hinterher wieder zurückfordern – eine gute Idee?
In Österreich nimmt die Zahl der Casino-Spieler, die versuchen, ihre erlittenen Verluste einzuklagen, immer weiter zu. Aktuell gibt es allein in Österreich Klagen über 32 Millionen Euro gegen Online Casinos, die über keine entsprechende Erlaubnis bzw. Lizenz verfügen. Der „Trend“, seine Casino-Verluste hinterher wieder zurückzufordern, birgt jedoch vor allem in Deutschland eine Vielzahl an Risiken und Gefahren.
Mittlerweile gibt es nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland mehrere Rechtsanwaltskanzleien, die sich auf die Rückforderung von Casino-Verlusten im Internet spezialisiert haben. Dabei fordern die Anwälte von verschiedenen Online Casinos ohne Lizenz die Einzahlungen der Spieler zurück, da davon ausgegangen wird, dass das entsprechende Angebot illegal war. Ein gutes Geschäft ist das jedoch in erster Linie für die Juristen und nicht für die Spieler. Denn nicht selten berechnen die Rechtsanwälte im Erfolgsfall ein Honorar in Höhe von bis zu 50 %.
Österreich: 1.500 Spielerklagen gegen konzessionslose Online Casinos
In Österreich hat sich das Wiener Unternehmen Advofin darauf spezialisiert, die Verluste der Casino-Spieler zurückzufordern. Allein dieses Unternehmen betreute im vergangenen Jahr etwa 1.500 Spielerklagen, die sich gegen die Betreiber von Online-Glücksspielseiten richten. Insgesamt beträgt der Streitwert dieser Klagen etwa 32 Millionen Euro. Bislang sind von den 1.500 Spielerklagen erst 40 abgeschlossen. Doch es lässt sich bereits eine Tendenz erkennen: In allen Fällen wurden die verantwortlichen Casino-Betreiber nämlich zur Rückzahlung der Verluste verurteilt, die die Spieler erlitten haben. Insgesamt ging es in den 40 abgeschlossenen Verfahren um etwa 1,5 Millionen Euro. Aber ist das nun ein Argument dafür, dass Spielerinnen und Spieler massenhaft ihre erlittenen Casino-Verluste zurückfordern sollten? Auf keinen Fall.
Damit die Anwaltskanzleien oder die auf Rückforderung von Casino-Verlusten spezialisierten Plattformen aktiv werden, ist nämlich meist eine Schadenssumme von mehreren Tausend Euro erforderlich. Das wiederum lässt darauf schließen, dass zumindest ein nicht unerheblicher Anteil der infrage kommenden Spieler ohnehin ein Spielproblem haben. Hier wäre es auf jeden Fall der falsche Weg, die Casino-Verluste zurückzufordern. Warum? Dafür gibt es gleich mehrere überzeugende Argumente.
- Spielverhalten bleibt meist bestehen: In der Regel wird eine Spielerin oder ein Spieler mit problematischem Spielverhalten das gegebenenfalls zurückgeforderte Geld direkt wieder verspielen. Das problematische Spielverhalten wird fortbestehen und geholfen ist dem Spieler unterm Strich nicht.
- Strafbarkeit droht: Wenn ein Spieler tatsächlich einmal mit externer Hilfe erfolgreich das Geld zurückfordern konnte, könnte er sich in Deutschland vermutlich viel eher strafbar machen, wenn er im Anschluss trotzdem weiterspielt und dann gegebenenfalls wieder versucht, Geld zurückzufordern. Dann drohen mitunter Geld- oder Freiheitsstrafe.
- Unmoralisch: Darüber hinaus ist es auch unmoralisch, verlorenes Geld zurückzufordern. Als Spieler bezahlt man schließlich den Glücksspielanbieter mit seinen Einsätzen und erhält damit im Gegenzug die Chance, etwas zu gewinnen. Nachdem man seinen Einsatz verloren hat, hat der Anbieter seine „Pflicht“ erfüllt. Man hätte schließlich auch gewinnen können. Verluste gehören beim Glücksspiel einfach dazu.
- Glücksspielbranche wird geschädigt: Hinzu kommt, dass man mit solchen Rückforderungsverfahren der gesamten Glücksspielbranche schadet. Gegebenenfalls geraten Glücksspielanbieter durch derartige Rückforderungsansprüche in eine finanzielle Schieflage und müssen ihr Angebot einstellen.
Glücksspielanbieter und Banken könnten gegen Spieler vorgehen
Wer als Spieler sein verlorenes Geld zurückfordert, geht aber noch weitere Risiken ein. Theoretisch könnte dann nämlich nicht nur der Glücksspielanbieter selbst, sondern auch die Bank des Kunden rechtlich gegen den Spieler vorgehen. Zudem besteht in diesem Fall die Möglichkeit, dass die Bank den Vorfall protokolliert und es zukünftig etwa bei der Vergabe eines Darlehens zu Verzögerungen oder zu unangenehmen Nachfragen kommt. Erst vor einigen Wochen berichteten wir darüber, ob sich Banken am Spielerschutz beteiligen, indem sie Glücksspielbuchungen blockieren.
Keine österreichische Konzession vorhanden
Das Finanzministerium in Österreich vertritt die Auffassung, dass alle Glücksspielanbieter ohne eine österreichische Konzession illegal sind. Eine Lizenz aus dem europäischen Ausland wie Malta reiche hier nicht aus. Demnach ist es nicht möglich, dass die Glücksspielanbieter sich wie in der Vergangenheit üblich auf die EU-Dienstleistungsfreiheit berufen.
Tipico stellt Casino-Betrieb in Österreich ein
Einige Glücksspielanbieter ziehen bereits erste Konsequenzen aus den jüngsten Gerichtsentscheidungen. So teilte etwa der Tipico-Konzern mit Sitz im maltesischen Portomaso Business Tower mit, dass man das Casino-Angebot für österreichische Spielerinnen und Spieler bereits zum 1. Februar 2021 dauerhaft eingestellt habe. Über die genauen Umstände der Entscheidung schwiegen die verantwortlichen Tipico-Mitarbeiter jedoch. Sportwetten stehen jedoch auch bei Tipico weiterhin zur Verfügung.
Klagen gegen Online Casinos auch in Deutschland
Auch hierzulande werben einige Anwaltskanzleien aktiv um Spielerinnen und Spieler, die in Online Casinos Geld verloren haben. Selbstbewusst versprechen die einschlägigen Websites, dass verlorenes Geld von illegalen Online Casinos komplett zurückgefordert werden kann. In einigen Fällen entschieden auch deutsche Gerichte, dass die Glücksspielanbieter Spielerverluste zurückzahlen müssen. Erst kürzlich berichteten wir von einem Verfahren des Kammergerichts Berlin, bei dem Mr Green zu einer Rückzahlung von über 25.000 Euro an den Spieler verurteilt wurde. Zudem wurde Mr Green aufgefordert, sein Casino-Angebot in Deutschland umgehend einzustellen. Allerdings sollten sich alle Spielerinnen und Spieler über die Risiken und Gefahren bewusst sein, wenn sie tatsächlich Casino-Verluste zurückfordern wollen.
In Zukunft könnte der neue Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) dazu führen, dass mehr Rechtssicherheit besteht. Wer als Glücksspielanbieter eine deutsche Lizenz erhalten hat und sich an die strengen Spielerschutzmaßnahmen hält, darf legal Casino-Spiele wie Spielautomaten anbieten. In diesem Fall ist ein Rückforderungsanspruch offensichtlich nicht gegeben. Fraglich ist, wie die Gerichte in Zukunft mit den Anbietern umgehen werden, die „nur“ über eine Glücksspiellizenz aus Malta oder Gibraltar verfügen.
Deutscher Spielerschutz immer noch unzureichend
Im Vergleich zu anderen EU-Ländern ist der Spielerschutz in der Bundesrepublik Deutschland mehr als dürftig. Es gibt nämlich keine Möglichkeit, sich flächendeckend für alle Glücksspielstätten sperren zu lassen. Stattdessen kann man selbst nach der Sperre in der staatlichen Spielbank noch in der Spielothek um die Ecke spielen. Und wenn man sich auch hier sperren lässt, bleiben noch immer etliche Dönerimbisse oder Gaststätten, in denen Spielautomaten ohne die Möglichkeit einer Sperre zur Verfügung stehen. Hier ist der Gesetzgeber in der Pflicht, zeitnah nachzubessern, um die Spielerinnen und Spieler nicht nur in Online-Spielotheken, sondern auch in landbasierten Glücksspielstätten besser zu schützen.
Fazit
Mittlerweile gibt es mehrere Unternehmen, die sich auf die Rückforderung von Verlusten in konzessionslosen Online Casinos spezialisiert haben. Es gibt allerdings mehrere überzeugende Gründe gegen die Option, seine eigenen Casino-Verluste auf diesem Weg zurückzufordern. Neben der Tatsache, dass damit meist nicht das eigene Spielverhalten verändert wird, ist es auch einfach schlicht unmoralisch, sein Geld zurückzufordern, wenn man vom Anbieter die „Gegenleistung“ bereits erhalten hat. Zudem sollten sich die Casino-Kunden darüber im Klaren sein, dass vor allem die Prozessfinanzierer und Rechtsanwaltskanzleien an diesem Geschäft verdienen. Teilweise erhalten sie nämlich eine Erfolgsprovision von bis zu 50 %. Der neue GlüStV wird zumindest in Deutschland dabei helfen, dass sich sowohl Spieler als auch die Anbieter in Sicherheit wissen können. Damit sind zumindest bei Anbietern mit deutscher Lizenz Rückzahlungsansprüche wohl nicht zu erwarten.
Quelle des Bildes: https://pixabay.com/de/illustrations/fragezeichen-wichtig-anmelden-1872665/
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17 Kommentare zu: Casino-Verluste hinterher wieder zurückfordern – eine gute Idee?
Kommentar verfassenFalke
21.03.2021 um 15:59 UhrDer Artikel versucht natürlich das Thema in eine bestimmte Richtung zu lenken. Wirklich gute Argumente warum man als Spieler sein Geld nicht zurückfordern soll sind keine dabei.
1. Man könnte Probleme mit Banken bekommen? Nein,... zumindest in Österreich haben die Banken damit rein gar nichts zu tun. Die wissen nichts von der Klage, woher denn auch?
2. Hauptsächlich verdienen die Anwälte daran? Wenn man angenommen 20.000 verloren hat dann bekommt man bei einem 50% Deal immerhin 10.000 zurück. Wenn jemand also die Klage nicht macht dann bekommt er 0. Wenn er sie macht dann bekommt er 10.000. Außerdem verdienen die Anwälte '' nur'' ihr übliches Honorar. Der Anwalt darf gar keine Provision verlangen. Das ist gesetzlich nicht erlaubt. Die Anwälte bekommen ihr Geld dann auch von den Casinos so nebenbei. Die gesamten Prozente gehen an den Prozessfinanzierer. Dieser übernimmt das gesamte Risiko, finanziert den Anwalt im voraus und bezahlt die Gerichtskosten. Dafür bekommt er Prozente im Erfolgsfall.
3. Grundsätzlich kann man dem schon zustimmen dass man ja ein Geschäft eingegangen ist. Hier aber ernsthaft von Moral zu sprechen ist schon sehr an den Haaren herbei gezogen. Um dieses Argument gelten zu lassen müssten auch die Casinos moralisch richtig handeln. Die Realität sieht so aus: Verifizierungs Schikane, Auszahlungsverzögerungen damit der Spieler das Geld wieder verzockt, Spieler können Zehntausende verzocken und kein Casino würde auf die Idee kommen den Spieler zu schützen. Mal im Ernst, den Casinos ist es völlig egal wenn jemand seine komplette Existenz verzockt. Ja, es ist gerade zu Teil ihres Geschäftsmodells das gesamte Geld von Spielsucht Kranken zu kassieren. Also hier mit Moral zu kommen, dass doch bitte der Spiel Kranke sein Geld bei den Casinos lassen soll, obwohl diese offensichtlich illegal auf dem Markt sind (zumindest in Österreich eindeutig der Fall) ist schon ziemlich heftig. Mehr anzeigen
Bockwurscht
21.03.2021 um 17:06 UhrMoral ? Welche Moral haben denn OC`s... . Sie wissen genau das es in DE und AUT nicht erlaubt ist, streichen das Geld aber gerne ein. Klagt man, wird man in die "Moralische" Ecke gestellt.
Die OC´s gehören endlich in die Schranken gewiesen.!
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Thomas520
25.03.2021 um 02:12 UhrChristian_1994
25.03.2021 um 17:16 UhrFalke
25.03.2021 um 18:27 UhrChristian_1994
26.03.2021 um 14:36 UhrThomas520
27.03.2021 um 17:43 UhrChristian_1994
29.03.2021 um 12:56 UhrGabberpiet
18.03.2024 um 03:05 UhrFalko
21.03.2021 um 14:21 UhrIchbins2018
22.03.2021 um 08:21 UhrSiehe Link.
https://www.sn.at/salzburg/chronik/online-casino-konzern-hat-viele-klagen-am-hals-94377046
Dann wird die Domain halt Zwangsverwaltet.
Christian_1994
25.03.2021 um 17:24 UhrRuhrPottProll
21.03.2021 um 12:04 UhrChristian_1994
25.03.2021 um 17:25 UhrFelixrl
21.03.2021 um 09:31 UhrChristian_1994
25.03.2021 um 17:29 UhrAnonym
21.03.2021 um 08:41 UhrBei Casinos mit moralischem oder unmoralischem Verhalten zu argumentieren? Ernsthaft?... Dazu ist die Branche noch viel zu durchseucht von schwarzen Schafen, auch welche die hier gelistet sind.
Ich selbst würde nie eine Klage in Betracht ziehen, weil meine Verluste verkraftbar und einkalkuliert sind.
Der Bericht hier macht suchtkranken Spielern, die schon viel verloren haben, eher Angst.
Ich würde es als Chance sehen, dass die Spieler, hoffentlich Exspieler, nochmal einen Start ins Leben starten können. Gerade gestern schrieb ein Spieler, dass er 1400 Euro nicht ausgezahlt bekommt, weil er in einem Schwestercasino eine Spielsucht Sperre beantraht hatte und technische Fehler eine Anmeldung nicht verhindert hätten. Da gabs dann Kommentare wie "hast ja keinen finanziellen Schaden erlitten"... Mehr anzeigen
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