Anzahl an Geldspielgeräten hat in Bayern nicht einmal um 3 % abgenommen
Im Freistaat Bayern haben die Regeln zur Reduzierung der Geldspielgeräte bisher nicht so umfangreich gegriffen wie in anderen Bundesländern. Laut Statistiken gab es vor 2 Jahren rund 21.500 Automaten, die in Spielhallen aufgestellt waren. Trotz der Einführung von Mindestabständen und geplanten Spielhallenschließung sind noch 20.900 Geldspielgeräte aktiv.
In Bayern sollte durch die neuen Spielhallengesetze die Anzahl an Geldspielgeräten wie im Rest der Bundesrepublik drastisch reduziert werden. Laut neuesten Statistiken nahm die Anzahl der Spielautomaten in Bayern um weniger als 3 % ab, was deutlich unter dem Bundesdurchschnitt lag. Wenn man beispielsweise auf Hamburg schaut, kann man einen Rückgang von Geldspielgeräten um 26,8 % feststellen. In Sachsen oder Niedersachsen waren es jeweils 20 %.
Die Landesstelle Glücksspielsucht hatte für Bayern die aktuellen Zahlen veröffentlicht. Im Jahr 2016 waren es noch knapp 21.500 Automaten, jetzt sind es immer noch 20.900 Spielautomaten, die in den Spielhallen stehen. Die Zahlen belegen, dass in Bayern die Gesetzesänderungen bisher nicht gegriffen haben. LSG-Geschäftsführer Konrad Landgraf sieht dabei die Schlupflöcher durch Härtefallregelungen als großes Problem an.
Härtefall wird zur Regel
Die Zahlen, die schon bei der Erhebung zur „Angebotsstruktur von Spielhallen und Geldspielgeräten 2018“ deutlich wurden, würden laut Landgraf ein klares Bild sprechen. Er kritisiert jetzt offen die Härtefallregelungen einiger Städte und Kommunen. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung ließ er verlauten:
Normalerweise ist ein Härtefall eine Ausnahme, bei uns ist es vielmehr so, dass er die Regel wurde.
Er sieht durch die Statistiken eher ein ernüchterndes Bild. Die neue schwarz-orange Regierung aus CDU und Freien Wählern sollte dies als Aufforderung zum Handeln sehen. Die Verringerung der Zahl der Automaten ist für ihn dringend notwendig, Gelegenheit mache bekannterweise Spieler.
Die Landesstelle Glücksspiel ist im Übrigen für die Koordination von Glücksspiel-Prävention verantwortlich. Weiterhin soll sie Forschung und Beratung zum Thema pathologisches Glücksspiel betreiben. Das Gesundheitsministerium Bayerns finanziert die Landesstelle, in der Ausübung der Arbeit agiert sie jedoch unabhängig.
Reglementierung ist politisch ein heikles Thema
Man sieht schon in der Landesstelle, dass sich Politiker nur ungern an der Reglementierung des Glücksspiels versuchen. Zum einen beschneidet man dadurch die Freiheit eines jeden Bürgers. Letztlich regulieren die neuen Gesetze und die Technische Richtlinie 5.0 auch, wie oft oder lange ein Spieler spielen darf. Weiterhin hängen mehr als 70.000 Jobs mit der Glücksspielbranche zusammen. Daher handelt es sich um einen großen Wirtschaftsmotor, vor allem in Hinblick auf die Steuern.
Spielsuchtproblem lässt sich nicht verneinen
Dem gegenüber steht jedoch das Suchtpotenzial der Geldspielgeräte. In Bayern soll es laut Landesstelle 33.000 pathologische Spieler geben. Außerdem geht man zusätzlich von 35.000 Spieler aus, die ein problematisches Spielverhalten vorweisen. Drei Viertel der Spieler, die wegen des Problems in Suchtberatungsstellen vorstellig werden, haben ein Glücksspielproblem mit Geldspielgeräten. Im Schnitt hätten die bayrischen Spieler die Hilfe suchen, wenigstens 24.000 Euro Schulden. Das bedeutet manchmal auch den Ruin ganzer Familien.
Auswirkungen auf Städte
Vor allem in Großstädten gibt es immer wieder Viertel, wo Spielhallen ballungsartig auftreten. In Bayern ist es zwischen 2006 und 2016 ebenfalls zu einer Verdichtung der Spielotheken gekommen. Immer mehr Geldspielgeräte wurden genehmigt und aufgestellt. Das Phänomen betrifft nicht nur die Spielhallen, sondern ebenfalls die Gastronomie in Bars oder Bistros. Durch die Ballungszentren mit Spielhallen in einigen Straßenzügen wird die Gegend zunehmend unattraktiver für Investoren, was sich an manchen Orten an den Grundstückspreisen bemerkbar machen könnte. Besitzer fürchten teilweise den Wertverlust.
Spielhallenschließungen als Lösung der Probleme
Um den negativen Entwicklungen entgegenzutreten, hatte die Politik den neuen Glücksspielstaatsvertrag verabschiedet. Zum 1. Juli 2017 sollten dort eigentlich alle Übergangsfristen ablaufen und die verschärften Mindestabstände von 100 Metern zu Einrichtungen für Kinder und Jugendlichen sowie wenigstens 250 Meter zu Spielhallen untereinander. Seit Dezember 2016 werden Härtefallregelungen für Spielhallen gefunden, wenn sie bestimmte „qualitative Maßnahmen zur Reduzierung der Gefährlichkeit“ einhalten. Details dazu hatte ich bereits im Oktober 2017 aufgezeigt. Das Innenministerium Bayerns gab bekannt, dass die Schließungen von den Stadtverwaltungen angeordnet werden, die Beamten hätten aber einige Beurteilungsspielräume, wenn es um Schließungen geht.
Viele Kommunen und Städte scheuen den Rechtsstreit, der durch Spielhallenschließungen entstehen könnte. Vor allem beim Abstand der Spielhallen untereinander ist nicht klar, welche Spielo verschwinden sollte. Die Entscheidungen müssen genau getroffen und ausformuliert werden, damit sie juristisch nicht angefochten werden können. In der Vergangenheit hatte ich bereits über einige Probleme berichtet.
Diese Regelungen haben dazu geführt, dass in Bayern lediglich 7 Spielhallen im Jahr 2016 geschlossen wurden. Allein in München haben 2017 mehr als 200 Spielotheken den Mindestabstand untereinander nicht eingehalten. Entgegen der eigentlichen Erwartung sind die Umsätze gestiegen. Als Bruttospielerträge (Einsätze minus ausgezahlte Gewinne an Spielern) hat man von 2016 bis 2018 einen Anstieg um 47 Millionen Euro auf insgesamt 673 Millionen Euro alleine im Freistaat bemerken können.
Die Branche möchte Fair Play großschreiben
Die deutsche Automatenwirtschaft, so gut die Umsätze auch sind, hat zunehmend mit der fehlenden Attraktivität der Spielhallen zu kämpfen. Die neuen Spielautomaten mit Spielerkarten führen dazu, dass weniger Spieler in die Spielos gehen. Die Automatenwirtschaft versucht derzeit mit einer großen Image-Kampagne, in der auch Bastian Schweinsteiger mitwirkt, Spieler zu mobilisieren. Die Kritik an der Kampagne wächst hingegen stetig.
Insgesamt zeigen die Entwicklungen in Bayern einmal mehr, dass den Verantwortlichen an einer Verbesserung des Spielerschutzes oder der Glücksspielsituation im Allgemeinen wenig gelegen ist. Letztlich sind für die Kommunen die Einnahmen entscheidend, ansonsten hätten sie die neuen Änderungen im Staatsvertrag genutzt, um endlich aufzuräumen. Mit Fair Play oder qualitativem Glücksspiel hat das nur wenig zu tun.
Bildquelle: 170585777 - Slot machine © MoiraM
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3 Kommentare zu: Anzahl an Geldspielgeräten hat in Bayern nicht einmal um 3 % abgenommen
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14.11.2018 um 18:49 UhrAnonym
13.11.2018 um 19:37 UhrWas ist denn die Alternative? Geregelte deutsche Online Casinos?
Christoph
Ich denke, dass ich in vielen Artikeln bereits beschrieben habe, was eine Alternative zu Spielhallen dartstellen würde und warum aus meiner Sicht Spielotheken unattraktiv geworden sind. Hier nur ein Beispiel dafür: https://www.gamblejoe.com/news/neue-alternativen-zur-spielhalle-und-spielothek/. Weitere Artikel zur Technischen Richtlinie 5.0 sind dort ebenfalls verlinkt.
Sicherlich wäre es besser, wenn eine vernünftige Regulierung in Deutschland zustande käme, nach britischen Vorbild. Also eine strenge Regulierungsbehörde, so wie man es von der UK Gambling Commission hört. Ich würde es auch vorziehen, wenn es einen einheitlichen Spielerschutz mit Sperrsystem für Offline (Spielhallen + Spielbanken) und Online Casinos gäbe. Letztlich bleiben jedoch bei mir Zweifel, ob eine deutsche Behörde so etwas erreichen könnte. Mehr anzeigen
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