Am letzten Tag der ICE-Messe 2025 in Barcelona fasste der Deutsche Online Casinoverband noch ein ziemlich heißes Eisen an: Während eines abschließenden Networking-Events erklärte man, dass die Nutzung lizenzierter Online-Spielautomaten in Deutschland tatsächlich nur zwischen 20 und 40 Prozent rangieren würde, womit die offiziellen Schätzungen der Glücksspielaufsicht massiv danebenlägen. Mehr Sprengstoff also für die anhaltende Kontroverse zur Stärke des Schwarzmarkts im Land.

Was würden wir eigentlich ohne die nie endende Diskussion um die Regulierung des deutschen Glücksspielmarkts machen? Spaß beiseite. Aber seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) von 2021 gibt es gefühlt keinen Monat ohne neue Meinungsverschiedenheiten rund um den Schwarzmarkt und die Effektivität der neuen Gesetze.

  • Sind die 5-Sekunden-Regel, die gewinnchancen-drückende Glücksspielsteuer, die Spieleeinschränkungen und das Autoplay-Verbot wirklich notwendig?
  • Oder blockieren sie eher die Entwicklung des legalen Markts und treiben sogar immer mehr Menschen in die Hände illegaler Anbieter, die mehr Freiheiten lassen, aber eben umso gefährlicher sind? Wir haben uns übrigens Anfang 2024 gefragt, wo die einzelnen Gründe liegen, dass Spieler in Online Casinos ohne Lizenz aktiv werden.
Während die Politik großteilig weiterhin die Linie der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) unterstützt, sehen viele Spieler, aber auch Wissenschaftler, unabhängige Experten sowie zuvorderst die Industrie das Ganze kritisch und rufen nach mehr Flexibilität. Zwar räumt die GGL selbst Defizite ein – zuletzt im insgesamt positiven Jahresrückblick 2024 – doch wirklich merkbare Änderungen? Bislang Fehlanzeige.

Letzte Woche gab es dann abermals Wasser auf die Mühlen der Debatte: Am 21. Januar 2025, dem letzten Tag der ICE-Messe in Barcelona, der wichtigsten Branchenschau für Glücksspielunternehmen, lud der Deutsche Online Casinoverband (DOCV) zu einem Networking-Event mit dem Titel „Beer, Pretzels and Policy“ ein. In dieser lockeren Atmosphäre ließ Präsident Dirk Quermann eine weitere Bombe platzen:

  • Ihm lägen wissenschaftlich fundierte Daten vor, nach denen die Kanalisierung von Online-Slots in Deutschland lediglich zwischen 20 und 40 Prozent läge – deutlich unter den Schätzungen von GGL und Politik.
  • Auch der Deutsche Sportwettenverband (DSWV) schloss sich mit kritischen Zahlen an und zeigte, dass die Probleme der vergangenen Jahre 2025 weiter schwelen.

Ein potenziell heikler Punkt: Erst vor wenigen Tagen veröffentlichte das Statistische Bundesamt Informationen, nach denen die Steuereinnahmen aus Online-Automaten um satte 38 Prozent gesunken sind. Wobei es sehr fraglich ist, ob die Leute einfach nur weniger zocken oder eben lieber auf den Schwarzmarkt ausweichen.

Was auf der ICE genau passiert ist, schauen wir uns jetzt genauer an!

DOCV-Zahlenalarm: Deutsche Glücksspielregulierung wieder im Kreuzfeuer

Die Zahlen, die der DOCV letzte Woche auf der ICE aus dem Sack holte, sind, um es mal vorsichtig auszudrücken, brisant:

Nach wissenschaftlich belegten Schätzungen soll die Kanalisierung von Online-Slots in Deutschland aktuell irgendwo zwischen 20 und 40 Prozent liegen.

Damit wollte der DOCV natürlich folgenden Schluss bei den Anwesenden forcieren: Der Großteil der Spieler wandert zu den unlizenzierten Anbietern ab. Eine Ansage, die wieder einmal an den ambitionierten Plänen des GlüStV kratzt.

Erhebliche Zweifel darüber, dass die Realität nicht ganz mit den ursprünglichen Zielen übereinstimmt, wurden übrigens schon Ende 2023 laut. Damals berichteten auch wir über eine Studie der Universität Leipzig, nach welcher der Kanalisierungsplan des GlüStV 2021 klar verfehlt wird. Seitdem reiht sich eine Debatte an die nächste: Zuletzt Ende 2024, als die Branche den “Stillstand“ auf dem deutschen Glücksspielmarkt bemängelte.

Mathias Dahms, Präsident des Deutschen Sportwettenverbands, sprach in diesem Zusammenhang während des Events auf der ICE auch über die Lage der Online-Wetten im Land. Aktuell gibt es demnach 29 lizenzierte Anbieter, die im Jahr 2024 insgesamt Spieleinsätze von 7,3 Milliarden Euro verbuchen konnten – ein Bruttospielertrag von 1,1 Milliarden Euro inklusive.

Klingt nach Wachstum? Ja, denn die Einsätze stiegen um 4 Prozent im Vergleich zu 2023. Aber der Teufel steckt bekanntlich im Detail: Seit Einführung der Wettsteuer von 5,3 Prozent im Jahr 2021 seien die Investitionen laut Dahms insgesamt um satte 15 Prozent eingebrochen.

Schwarzmarkt im Schatten: Macht die GGL zu wenig?

Wie groß das Schwarzmarktproblem tatsächlich ist, darüber herrschen zwischen der GGL und der Industrie offenbar fundamentale Meinungsverschiedenheiten.

  • Im Nachgang der aktuellen Einschätzung zur Slot-Kanalisierung durch den DOCV auf der ICE wurden in der internationalen Fachpresse Zahlen aus dem vergangenen Sommer vorgebracht, nach denen die Behörde das Ausmaß des illegalen Markts in Deutschland auf etwa 4 Prozent schätzte – mit einer Bruttowertschöpfung von 400 bis 600 Millionen Euro.
  • Der legale Markt soll bei etwa 13,7 Milliarden Euro liegen, wobei 3 Milliarden auf das Online-Segment entfallen.
  • Verglichen mit den Werten des Schwarzmarkts scheint die Lage auf den ersten Blick nicht dramatisch. Die Branchenvertreter sehen das Ganze aber deutlich kritischer.
Simon Priglinger-Simader, Vizepräsident des DOCV und Regulierungsberater bei Entain, stellte schon im letzten Jahr gegenüber der Fachpresse klar: „Es gäbe 400 bis 600 Millionen Euro an illegalen Online-Glücksspielen und 3 Milliarden Euro an legalen Online-Glücksspielen, was einem Marktanteil von 20 Prozent für den Schwarzmarkt entspräche.“ Und das ist natürlich keine Kleinigkeit.

Übrigens: Durch die weitreichenden Enthüllungen der „Casino Papers“ könnten viele illegale Anbieter am deutschen Markt angreifbar werden.

„Wir haben in Deutschland ein zunehmendes Schwarzmarktproblem“, erklärte Mathias Dahms auf der ICE in deutlichen Worten. „Wir sind uns ziemlich sicher, dass die Schätzungen der GGL viel zu niedrig sind. Bis jetzt sehen wir nicht, dass die GGL dieses Schwarzmarktproblem, mit dem wir alle in unserer täglichen Arbeit konfrontiert sind, wirklich akzeptiert.“

Dahms brachte es vor den Anwesenden auf der ICE-Networking-Session auf den Punkt:

„Die GGL hat das Ausmaß des Schwarzmarktes und das Problem, das er für den Sektor vor Ort verursacht, nicht erkannt.“

Gemeinsam ans Ziel? Warum Zusammenarbeit „überlebenswichtig“ ist

Kritik hin oder her – auf der ICE wurde auch eines klargestellt: Ohne eine engere Zusammenarbeit zwischen Branche, Regulierungsbehörde und Politik wird der deutsche Glücksspielmarkt in (zunehmend) ernsthafte Schwierigkeiten geraten. Das machten sowohl Mathias Dahms vom DSWV als auch Dirk Quermann vom DOCV in ihren Redebeiträgen deutlich.

„Es ist wirklich schwer, [auf dem deutschen Glücksspielmarkt] zu überleben, um ehrlich zu sein“, erklärte Quermann unverblümt. Sein Appell: „Wenn wir nicht gemeinsam zu einer [neuen] Lösung kommen – die Branche, die GGL und die Politiker – denke ich, dass es im Moment kein überlebensfähiger Markt ist.“

Besonders das aktuelle Steuermodell, das in der Vergangenheit für einige Verwirrung gesorgt hat, stand dabei im Fokus der Diskussion. Der Grund: Die Glücksspielsteuer wird in Deutschland auf Basis der Einsätze berechnet – ein System, das laut Quermann für Spielautomaten schlichtweg ungeeignet ist.

„Das führt wiederum zu einem Produkt, das von den Spielern nicht nachgefragt wird“, bemerkte er.
Die Folge: Ein Rückgang der Einnahmen aus der Glücksspielsteuer und noch weniger Attraktivität des regulierten Marktes.

Dahms griff den Gedanken auf und unterstrich, wie entscheidend es sei, den Dialog mit den politischen Entscheidungsträgern und der GGL zu vertiefen.

„Wir müssen unsere Gespräche mit Politikern und mit der Behörde über diese Probleme, die wir bereits beschrieben haben, intensivieren. Sonst werden die Kunden weiterhin den regulierten Markt verlassen und auch die Betreiber werden sich aus dem Markt zurückziehen“, warnte er.
Trotz aller Herausforderungen und lautstarker Kritik bleibt die Branche optimistisch, dass eine Lösung möglich ist – vorausgesetzt, alle Beteiligten ziehen an einem Strang. Wie wichtig ein kooperativer Ansatz ist, ließ sich auch aus den abschließenden Worten von Mathias Dahms heraushören: „Die Zusammenarbeit ist der Schlüssel. Nur gemeinsam können wir einen Markt schaffen, der sowohl für Spieler als auch für Betreiber attraktiv ist.“

Quelle des Bildes: Screenshot von https://igamingbusiness.com/legal-compliance/germany-online-slots-channelisation/

Zentrale Textquelle: https://igamingbusiness.com/legal-compliance/germany-online-slots-channelisation/

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11 Kommentare zu: Anteil legaler Slot-Nutzung auf nur 20 bis 40 % geschätzt

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Ein hoch auf die Illegalen da gibts wenigstens auch Gewinne und nicht bei 100 Spins 90 Deadspins
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"Alle Beteiligten ziehen an einen Strang"
Genau das ist das Problem..
Die Spieler werden erst gar nicht dazu befragt warum und weshalb sie den DE Spielemarkt verlassen.. und wenn die Spieler Befragt werden wird einfach trotzdem...   Mehr anzeigen
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Ich persönlich finde die ganzen Einschränkungen eigentlich unsinnig, da ja ohnehin alles durch das anbieterübergreifende Einzahlungslimit gedeckelt ist. Würde dieses Limit bleiben und alle anderen Einschränkungen wegfallen, sodass...   Mehr anzeigen
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Das Problem hier ist Politik.

Auch wenn Spieler befragt werden, wird es hinterfragt, wer diese Befragung gemacht hat. Sprich wenn ein Anbieter so eine Befragung macht und die Ergebnisse aus den Antworten der Spieler genau deine...   Mehr anzeigen
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@StarGames_Official: Gut, da gebe ich dir recht. Aber leider ist das nicht nur in diesem Kontext ein Problem – theoretisch könnte man auch private Leute als "gekauft" bezeichnen. So etwas gab es leider alles schon.

Ich vermute einfach, dass man...   Mehr anzeigen
Würde man die Steuer stattdessen auf den Einzahlungs- oder Auszahlungsbetrag erheben, dann könnten die deutsch lizenzierten Casinos die selbe RTP anbieten, wie die Casinos auf dem Schwarzmarkt. Bei Sportwetten wird ja die Steuer...   Mehr anzeigen
Bei Sportwetten wird die Steuer auch vom Einsatz abgezogen. Jedoch gibt es dort keine Einsatzlimits von 1 Euro pro Wettschein und Wetten werden nicht so häufig abgegeben, wie die Spins in Slots.

Daher ein Vergleich auf der...   Mehr anzeigen
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Ich empfinde deutsche Casinos als Abzockbuden und Steuereintreiber für den Staat.Man hat keine Lust mehr auf diesen Müll.
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Ich hoffe wirklich das die Leute deutsche Casinos boykottieren und nicht immer wieder ihrer Sucht nachgeben obwohl es keinerlei Spielspaß macht mit der jetzigen Regulierung in deutschen Casinos nur so können wir zusammen etwas...   Mehr anzeigen
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wenn Zigaretten teurer werden hören deshalb auch nicht alle auf zu rauchen... obwohl es sicherlich eventuell was bringen würde.. allerdings ist die Umsetzung unmöglich!!!
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@roccoammo11: Ja wenn Gurken 2 € kosten und Hollandtomaten 3,50 das KG kaufen die Leute das ja auch trotzdem habe ich erst vor kurzem beobachtet, das ist halt ein riesen Problem und kotzt mich an

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