700 Spielhallen in Niedersachsen wurden geschlossen
Die Übergangsfrist für den neuen Glücksspielvertrag endete in Niedersachsen zum 30. Juni 2017 - 700 Spielotheken sind nach jetzigem Stand bisher geschlossen worden. Klagen über die Durchführung eines Losverfahrens, damit in strittigen Fragen entschieden werden kann, welche Spielhalle weiter betrieben werden darf, scheiterten teilweise vor mehreren Instanzen - viele Verfahren laufen aber noch.
Die Regelungen des neuen Glücksspielgesetzes sollten ab Juli 2017 in Niedersachsen greifen. Höchstens 12 Automaten und ein Mindestabstand von 100 Metern zu anderen Spielotheken sind seitdem gesetzlich vorgeschrieben. 950 von rund 1.900 Spielhallen hätten theoretisch schon zu diesem Zeitpunkt schließen müssen. Eine Lawine von Eilanträgen und Gerichtsverfahren über den Weiterbetrieb und gegen Losverfahren als Mittel zur Entscheidungsfindung bei Vergaben von Konzessionen verhinderten dies.
Rund 700 Spielhallen wurden bereits geschlossen, deutschlandweit hat laut Angaben des Verbands der Automatenindustrie jede dritte Spielhalle den Betrieb eingestellt. Damit stehen auch Arbeitsplatzverluste in Verbindung - pro Spielhalle sollen es 2 bis 3 Jobs sein, die abgebaut wurden. Allein in Niedersachsen sollten so 2.000 bis 3.000 Beschäftigte arbeitslos werden. Über die Nutzung von Losverfahren im Bereich der Vergabe von Glücksspiellizenzen gab es nun endlich einige Gerichtsurteile.
Losverfahren ist in bestimmten Fällen ein zulässiges Mittel
Seit Juli greift der neue Glücksspielstaatsvertrag in Niedersachsen. Viele Kommunen haben gehandelt und den Betreibern keine neue Glücksspiellizenz mehr ausgestellt. Teilweise wurde per Losverfahren entschieden, welche der Spielotheken weiterhin eine Konzession erhält. Seitens der Betreiber wurden Rechtsmittel gegen diese Verfahren eingelegt - die meisten Gerichte haben über die Zulässigkeit noch nicht geurteilt.
Am Verwaltungsgericht Braunschweig laufen noch 140 Klagen zu ähnlichen Fragestellungen, ähnlich sieht es in Osnabrück aus - hier war im Mai das Losverfahren teilweise bemängelt worden, da man nicht einmal versucht hatte, sachliche Auswahlkriterien für eine Entscheidungsfindung zu nutzen. Wenn sich herausgestellt hätte, dass die Konkurrenten nach der Prüfung als gleichwertig angesehen werden, wäre ein Losverfahren in Ordnung gewesen. Am Verwaltungsgericht Lüneburg gab es ähnliche Urteile zu 43 Eilanträgen von Spielhallenbetreibern.
In Göttingen dagegen wurde im August eine Entscheidung vom Verwaltungsgericht gefällt, welches die Klagen und Eilverfahren abgewiesen hat. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat nun bestätigt, dass das Losverfahren prinzipiell nicht zu beanstanden sei. Damit bestätigte das Gericht das Urteil des Verwaltungsgerichtes Göttingen. Damals hatten die Richter begründet, dass man nicht erkennen könne, was für ein anderes Verfahren als der Losentscheid besser hätte angewendet werden können. In dem konkreten Fall gehörten alle Spielhallen zu einem Unternehmensverbund. In 5 Jahren hatten die Betreiber es nicht geschafft, eine Entscheidung untereinander herbeizuführen - dies solle ihnen keinen Vorteil bringen.
Das Losverfahren bleibt folglich umstritten und die Einzelfallentscheidungen müssen teilweise abgewartet werden. Daher ist es nicht verwunderlich, dass andere Bundesländer bessere Lösungen finden möchten.
In Nordrhein-Westfalen stehen Lösungen noch aus
Im benachbarten Bundesland NRW hatte man aus Angst vor Klagen das Losverfahren nicht genutzt. Dort treten die schärferen Bestimmungen der neuen Glücksspielgesetze erst am 01. Dezember 2017 in Kraft. Städte wie Aachen oder Köln rechnen dabei mit starkem Widerstand durch die Betreiber.
Die Gesetze in Nordrhein-Westfalen sind deutlich strikter, sodass ein Abstand von 350 Metern zwischen den Spielhallen und zu öffentlichen Einrichtungen für Jugendliche eingehalten werden muss. Über die Schließungen müssen auch hier die Ordnungsämter der jeweiligen Kommunen entscheiden - in Düsseldorf, Bonn, Bielefeld, Oberhausen und Essen rechnet man mit mehreren Klagen.
Problem ist auch hier, dass bei Konkurrenzsituationen und Schließungen wegen dem Mindestabstand unklar ist, welche Spielhallen nicht mehr weiterbetrieben werden dürfen. Nicht alle Kommunen möchten hier so rigoros vorgehen, wie es in Niedersachsen der Fall ist. Aachen beispielsweise möchte die Entscheidungen so lang wie möglich herausschieben, kommentierte zumindest eine Sprecherin der Stadt, wenigstens so lange, bis es konkrete Kriterien der Landesregierung gebe.
Ein neuer Erlass der Landesregierung Nordrhein-Westfalen erklärt nun, dass in Härtefallprüfungen auch qualitative Merkmale der Betreiber berücksichtigt werden dürfen. So könne man beispielsweise auch in die Entscheidung miteinbeziehen, ob sich ein Betreiber immer an die Jugendschutzbestimmungen gehalten hätte.
Der Vorstand der Deutschen Automatenwirtschaft nimmt diesen Umstand sehr positiv auf und kommentierte:
Wir begrüßen, dass die Landesregierung die Kommunen ermutigt, verstärkt nach Qualitätskriterien zu entscheiden.
Ein Großteil der fast 4.000 Spielhallen in NRW stehe vor dem Aus. Die Branche hatte bereits im vergangenen Monat über eine Gesichtserkennungssoftware nachgedacht. Durch die Verbesserung des Spieler- und Jugendschutzes hofft man, Spielhallenschließungen abwenden zu können.
Spielhallenschließungen verzögern sich weiter
Den Schutz der Jugendlichen und den Kampf gegen die Spielsucht wollte man seitens der Politik mit den Abstandsregelungen verstärken. Die Meinungen über die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen werden wohl weiterhin auseinandergehen. Letztlich wird ein Spielsüchtiger auch mehr als 350 Meter zur nächsten Spielhalle gehen, wenn er es unbedingt will. Solange es kein einheitliches Sperrsystem gibt, das alle Standorte mit Spielautomaten gleichermaßen nutzen müssen, wird sich an diesem Zustand nicht viel verändern.
Viele Kommunen wie in Bayern oder auch NRW scheuen den Widerstand der Betreiber und die damit verbundenen Gerichtsverfahren. Niedersachsen scheint ähnlich wie Sachsen einen härteren Kurs einzuschlagen. Ob das Verschwinden der Spielhallen zu einer Verbesserung des Spieler- und Jugendschutzes führt, wird die Zukunft zumindest in den Bundesländern zeigen, wo die strikteren Gesetze auch Anwendung finden.
Bildquelle: 170585676 - Slot machine © MoiraM
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6 Kommentare zu: 700 Spielhallen in Niedersachsen wurden geschlossen
Kommentar verfassenAndrew789
03.12.2017 um 22:42 UhrP****1
02.12.2017 um 18:39 UhrSchöner Artikel.
Anonym
02.12.2017 um 00:06 UhrAnonym
01.12.2017 um 14:41 UhrJ****r
30.11.2017 um 21:21 UhrKillerbean89
30.11.2017 um 23:58 UhrUnsere Community lebt von deinem Feedback – also, mach mit!
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